Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.Bücherschau Vücherschau [Beginn Spaltensatz] Schriften zur inneren Politik. Nachdem Von zusammenfassenden Darstellungen hat In einem jeden parlamentarisch regierten (Pallas-Verlag, Jena 1920) und Dr. Ludwig Einen wertvollen Beitrag zum geschicht¬ Bücherschau Vücherschau [Beginn Spaltensatz] Schriften zur inneren Politik. Nachdem Von zusammenfassenden Darstellungen hat In einem jeden parlamentarisch regierten (Pallas-Verlag, Jena 1920) und Dr. Ludwig Einen wertvollen Beitrag zum geschicht¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0254" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337895"/> <fw type="header" place="top"> Bücherschau</fw><lb/> </div> <div n="1"> <head> Vücherschau</head><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_908"> Schriften zur inneren Politik. Nachdem<lb/> der Krieg vorübergehend die großen Welt-<lb/> Politischen Probleme in den Mittelpunkt des<lb/> Zeitinteresses gerückt hatte, ist längst der alte<lb/> Zustand wiedergekehrt: unser Volk hat, soweit<lb/> sich nicht überhaupt eine Abkehr von der<lb/> Politik bemerkbar macht, sich wieder den<lb/> inneren Fragen zugewandt, und der sichtende<lb/> Betrachter kommt nicht einmal aus diesem<lb/> eingeengten Gebiete zum befriedigenden Schluß,<lb/> daß wesentlich neue Ergebnisse gefördert<lb/> würden. Nur bei wenigen Außenseitern be¬<lb/> ginnt die Erkenntnis durchzuringen, daß ohne<lb/> eine grundstürzende Ncuausformung des poli¬<lb/> tischen Joeenbestandes an eine wahrhafte<lb/> Politische Erneuerung nicht zu denken ist.</p> <p xml:id="ID_909"> Von zusammenfassenden Darstellungen hat<lb/> die 1919 in zweiter Auflage erschienene<lb/> Staatsbürgerkunde von Ernst Bern¬<lb/> heim '(bei Quelle u. Meyer, Leipzig) nur<lb/> noch historischen Wert. Sie ist verfassungs¬<lb/> geschichtlich aufgebaut, gelangt aber nicht mehr<lb/> zur Berücksichtigung der Revolution und ihrer<lb/> Folgen. Als Ergänzung empfiehlt sich die<lb/> klare und gut orientierende Schrift über Die<lb/> organisatorischen Grundgedanken der<lb/> neuen Reichsverfassung von Professor<lb/> Dr. Josef Lukas (I. C. B. Mohr, Tübingen<lb/> 1920), die die bisherige und die neue Ver¬<lb/> fassung in ihren wichtigsten Punkten vergleicht.<lb/> Wesentlich weitere Aufgaben steckt sich die<lb/> „Politik" von Prof. Dr. Axel Frhrn.<lb/> v. Freytags-Loringhoven. Das Buch<lb/> will in den Gesamtbestand der Politischen<lb/> Gegenwartsfragen einführen, geht aber überall<lb/> auf die historischen und systematischen Grund¬<lb/> lagen zurück. Dabei prätendiere der Verfasser<lb/> keine überparteiliche „Objektivität", sondern<lb/> macht aus seiner entschieden nationalen und<lb/> monarchischen Grundgesinnung keinerlei Hehl.</p> <p xml:id="ID_910" next="#ID_911"> In einem jeden parlamentarisch regierten<lb/> Lande treten die Parteien als hauptsächliche<lb/> politische Machtfaktoren in Erscheinung. Das<lb/> spiegelt sich naturgemäß auch im politischen<lb/> Schrifttum wider. Eine allgemein und<lb/> grundsätzlich gehaltene Einführung in das<lb/> Wesen und die Formgesetze der Parteien geben<lb/> I)r, S. v. Jezcwski: Was ist Politik?</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_911" prev="#ID_910"> (Pallas-Verlag, Jena 1920) und Dr. Ludwig<lb/> Sevin: Die Elemente der Partei¬<lb/> bildungen in Vergangenheit, Gegen¬<lb/> wart und Zukunft. Eine Neubegründung<lb/> des Konservativismus versucht der Süddeutsche<lb/> Adam Roter in seiner Schrift: Der deut¬<lb/> sche Konservativismus und die Re¬<lb/> volution (Fr. A. Perthes, Gotha 1920),<lb/> indem er sich scharf gegen Nationalismus und<lb/> Naturalismus wendet und eine Rückkehr zu<lb/> den christlichen Grundlagen anstrebt. Die<lb/> ziemlich unbedeutende Arbeit setzt die Linie<lb/> Constantin Frantz-Fr. W. Förster sort. Wir<lb/> können in diesem weichlichen pazifistischen<lb/> Westlertum keinen Neuansatz für einen fort¬<lb/> schrittlichen Konservativismus erblicken. Wesent¬<lb/> lich interessanter ist die gehaltvolle kleine<lb/> Schrift von Prof. Dr. Friedrich Brunstäd,<lb/> die die Staatsideen der politischen<lb/> Parteien (Vossische Buchhandlung, Berlin<lb/> 1920) behandelt und den konservativen Staats¬<lb/> gedanken in unserer idealistischen philosophi¬<lb/> schen Überlieferung zu verankern sucht. Aus<lb/> historischen Reminiszenzen erklärt sich die be¬<lb/> fremdliche Sympathie des Verfassers für den<lb/> liberalen Gedanken, im übrigen ist die Be¬<lb/> gründung des Staates im tragisch-pessimisti¬<lb/> schen Dualismus äußerst anregend, die un¬<lb/> gewöhnlich gedrängte Arbeit kann zur Ver¬<lb/> tiefung der staatspolitischen Besinnung wesentlich<lb/> beitragen.</p> <p xml:id="ID_912"> Einen wertvollen Beitrag zum geschicht¬<lb/> lichen Verständnis der Demokratie liefert<lb/> die bekannte Schrift des verstorbenen Heidel¬<lb/> berger Staatsrechtslehrers Georg Jellinek<lb/> über Die Erklärung der Menschen- und<lb/> Bürgerrechte, die in dritter Auflage, neu¬<lb/> bearbeitet durch den Sohn des Verfassers,<lb/> Prof. Dr. Walther Jellinek, erscheint (Duncker<lb/> u. Humblot, München und Leipzig 1919)-<lb/> Bei der Neubearbeitung ist der Nachlaß des<lb/> Verstorbenen zu Rate gezogen worden. Pros-<lb/> vr.HansKclsen handelt Vom Wesen und<lb/> Wert der Demokratie (I. C. B, Mohr,<lb/> Tübingen I92V). In scharfsinniger Analyse<lb/> zergliedert die Schrift die Wesenselemente<lb/> der Demokratie und weist insbesondere auch<lb/> auf die demokratischen Rudimente im Bolsche¬<lb/> wismus hin.</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0254]
Bücherschau
Vücherschau
Schriften zur inneren Politik. Nachdem
der Krieg vorübergehend die großen Welt-
Politischen Probleme in den Mittelpunkt des
Zeitinteresses gerückt hatte, ist längst der alte
Zustand wiedergekehrt: unser Volk hat, soweit
sich nicht überhaupt eine Abkehr von der
Politik bemerkbar macht, sich wieder den
inneren Fragen zugewandt, und der sichtende
Betrachter kommt nicht einmal aus diesem
eingeengten Gebiete zum befriedigenden Schluß,
daß wesentlich neue Ergebnisse gefördert
würden. Nur bei wenigen Außenseitern be¬
ginnt die Erkenntnis durchzuringen, daß ohne
eine grundstürzende Ncuausformung des poli¬
tischen Joeenbestandes an eine wahrhafte
Politische Erneuerung nicht zu denken ist.
Von zusammenfassenden Darstellungen hat
die 1919 in zweiter Auflage erschienene
Staatsbürgerkunde von Ernst Bern¬
heim '(bei Quelle u. Meyer, Leipzig) nur
noch historischen Wert. Sie ist verfassungs¬
geschichtlich aufgebaut, gelangt aber nicht mehr
zur Berücksichtigung der Revolution und ihrer
Folgen. Als Ergänzung empfiehlt sich die
klare und gut orientierende Schrift über Die
organisatorischen Grundgedanken der
neuen Reichsverfassung von Professor
Dr. Josef Lukas (I. C. B. Mohr, Tübingen
1920), die die bisherige und die neue Ver¬
fassung in ihren wichtigsten Punkten vergleicht.
Wesentlich weitere Aufgaben steckt sich die
„Politik" von Prof. Dr. Axel Frhrn.
v. Freytags-Loringhoven. Das Buch
will in den Gesamtbestand der Politischen
Gegenwartsfragen einführen, geht aber überall
auf die historischen und systematischen Grund¬
lagen zurück. Dabei prätendiere der Verfasser
keine überparteiliche „Objektivität", sondern
macht aus seiner entschieden nationalen und
monarchischen Grundgesinnung keinerlei Hehl.
In einem jeden parlamentarisch regierten
Lande treten die Parteien als hauptsächliche
politische Machtfaktoren in Erscheinung. Das
spiegelt sich naturgemäß auch im politischen
Schrifttum wider. Eine allgemein und
grundsätzlich gehaltene Einführung in das
Wesen und die Formgesetze der Parteien geben
I)r, S. v. Jezcwski: Was ist Politik?
(Pallas-Verlag, Jena 1920) und Dr. Ludwig
Sevin: Die Elemente der Partei¬
bildungen in Vergangenheit, Gegen¬
wart und Zukunft. Eine Neubegründung
des Konservativismus versucht der Süddeutsche
Adam Roter in seiner Schrift: Der deut¬
sche Konservativismus und die Re¬
volution (Fr. A. Perthes, Gotha 1920),
indem er sich scharf gegen Nationalismus und
Naturalismus wendet und eine Rückkehr zu
den christlichen Grundlagen anstrebt. Die
ziemlich unbedeutende Arbeit setzt die Linie
Constantin Frantz-Fr. W. Förster sort. Wir
können in diesem weichlichen pazifistischen
Westlertum keinen Neuansatz für einen fort¬
schrittlichen Konservativismus erblicken. Wesent¬
lich interessanter ist die gehaltvolle kleine
Schrift von Prof. Dr. Friedrich Brunstäd,
die die Staatsideen der politischen
Parteien (Vossische Buchhandlung, Berlin
1920) behandelt und den konservativen Staats¬
gedanken in unserer idealistischen philosophi¬
schen Überlieferung zu verankern sucht. Aus
historischen Reminiszenzen erklärt sich die be¬
fremdliche Sympathie des Verfassers für den
liberalen Gedanken, im übrigen ist die Be¬
gründung des Staates im tragisch-pessimisti¬
schen Dualismus äußerst anregend, die un¬
gewöhnlich gedrängte Arbeit kann zur Ver¬
tiefung der staatspolitischen Besinnung wesentlich
beitragen.
Einen wertvollen Beitrag zum geschicht¬
lichen Verständnis der Demokratie liefert
die bekannte Schrift des verstorbenen Heidel¬
berger Staatsrechtslehrers Georg Jellinek
über Die Erklärung der Menschen- und
Bürgerrechte, die in dritter Auflage, neu¬
bearbeitet durch den Sohn des Verfassers,
Prof. Dr. Walther Jellinek, erscheint (Duncker
u. Humblot, München und Leipzig 1919)-
Bei der Neubearbeitung ist der Nachlaß des
Verstorbenen zu Rate gezogen worden. Pros-
vr.HansKclsen handelt Vom Wesen und
Wert der Demokratie (I. C. B, Mohr,
Tübingen I92V). In scharfsinniger Analyse
zergliedert die Schrift die Wesenselemente
der Demokratie und weist insbesondere auch
auf die demokratischen Rudimente im Bolsche¬
wismus hin.
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