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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Die Zuckerindustrie Polens

Die Zuckerindustrie Polens
Ringleb, von Dr.

s ist -- im Zeichen der deutschen Katastrophenpolitik auf wirt¬
schaftlichem Gebiet -- unnötig, Ursachen und Zusammenhängen
der schweren Krisis nachzugehen, in der sich in den Tagen kopf¬
losester Eisenbahn- und Kohlenwirtschaft mehrere unserer im
wahrsten Wortsinne "lebenswichtigen" Industrien befinden. Nicht
nur Deutschland -- ganz Europa erlebt eine bis jetzt nicht da¬
gewesene Kalamität in Produktion und Angebot von Zucker. Während aber in
Deutschland die Produktion .zwar zurückgeht und Zucker (nach der Verordnung
vom 14. Oktober 1919) neue Preissteigerungen erfährt, während hier die Pro"
duktionsgrundlagen -- am wirtschaftlichen Gesamtbilde betrachtet -- immerhin
derart sind, daß die eigene Volkswirtschaft mit ihr als Rechnungsfaktor umgehen
kann, steigert sich die Lage der Zuckerindustvie in den Ostländern Polen und
Rußland, die einst vermögende Lieferanten dieses Nährstoffes waren, zur Krise.

Das ist nach mehr als nur nach wirtschaftlichen Seiten bemerkenswert,
komm man sich das organische, finstere Werden dieser Industrie in Polen (eine
Pavallelbetrachtung Rußlands erübrigt sich zurzeit) vor Augen hält.

Die industrielle Zuckerherstellung wurde in Polen um die Mitte der zwan¬
ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bekannt. In diese Zeit fällt der Anbau
der Zuckerrübe in Polen. Die erste Zuckerrübenfabrik soll im Jahre 1826 in
^zsstooice, nach anderen Angaben im Jahre 1830 in Guzow vom Grafen
^ubienski begründet worden sein. In der ersten Zeit der Zuckerproduktion ist
nur bescheidener Anbau der Zuckerrübe im Lande zu verzeichnen. Für die
Verarbeitung der Zuckerrübe in der gro.ßten polnischen Zuckerfabrik des genann-
Jahrzehnts in dem oben erwähnten Unternehmen in Guzow, werden von
Dr. Jrmasz folgende Zahlen genannt:

1834/35 ^ 14 598 Doppelzentner.
1837/38 ^ 13 247 Doppelzentner.

Von einer Zuckerindustrie in Polen im rechten Sinne dieses Wortes kann
non erst von: Jahre 1838, dem Gründungsjahve der Zuckerfabrik in Hermanow,
spreche.

Im Jahre 1846 betrug die Zuckerproduktion in Polen 6 --7000 Doppel¬
zentner. Im Jahre 1848 ist sie bereits auf mehr als das Doppelte gestiegen.

. Bonn Jahre 1849 ab, als man den Zucker weniger als Nahrungsmittel
^um als Luxusgegenstand ansah, wurden in Polen Zuckersteuern erhoben. Da¬
mals fanden sich in Polen bereits 31 Fabriken. Bis zum Jahre 1853 stieg ihre
Acht bereits auf 52. In dem Zeitabschnitt 1851/54 wurde eine Zuckerrüben-
Menge von durchschnittlich über eine Million Doppelzentner jährlich verarbeitet.
<M den darauf folgenden Jahren ging die verarbeitete Zuckerrübenmenge zurück,
'pas feinen Grund in der Betriebseinstellung der kleineren Zuckerunternehmen
Mlle, die einem Wettbewerb in Kapital und 'Technik mit den größeren Unter¬
nehmungen nicht gewachsen waren.

Genaue Zahlen über die Anbauflächen und die verarbeiteten Zuckerrüben-
i^ngen lassen sich erst vom Jahre 1881 an feststellen. Won den Jahren 1881
1891 stieg die Zuckerrübeuvevarbeitung der 40 damals noch vorhandenen
Zuckerfabriken von 4,42 Mill. Doppelzentner auf 7,46 Mill. Doppelzentner. Die
^chsolgenden Zahlen für die Anbaufläche und die Menge der verarbeiteten
Zuckerrüben zeigen eine gewisse Ruhelage in der AnfnahnTe und AbsatzfähiaMt
Polnischen Marktes:


Die Zuckerindustrie Polens

Die Zuckerindustrie Polens
Ringleb, von Dr.

s ist — im Zeichen der deutschen Katastrophenpolitik auf wirt¬
schaftlichem Gebiet — unnötig, Ursachen und Zusammenhängen
der schweren Krisis nachzugehen, in der sich in den Tagen kopf¬
losester Eisenbahn- und Kohlenwirtschaft mehrere unserer im
wahrsten Wortsinne „lebenswichtigen" Industrien befinden. Nicht
nur Deutschland — ganz Europa erlebt eine bis jetzt nicht da¬
gewesene Kalamität in Produktion und Angebot von Zucker. Während aber in
Deutschland die Produktion .zwar zurückgeht und Zucker (nach der Verordnung
vom 14. Oktober 1919) neue Preissteigerungen erfährt, während hier die Pro»
duktionsgrundlagen — am wirtschaftlichen Gesamtbilde betrachtet — immerhin
derart sind, daß die eigene Volkswirtschaft mit ihr als Rechnungsfaktor umgehen
kann, steigert sich die Lage der Zuckerindustvie in den Ostländern Polen und
Rußland, die einst vermögende Lieferanten dieses Nährstoffes waren, zur Krise.

Das ist nach mehr als nur nach wirtschaftlichen Seiten bemerkenswert,
komm man sich das organische, finstere Werden dieser Industrie in Polen (eine
Pavallelbetrachtung Rußlands erübrigt sich zurzeit) vor Augen hält.

Die industrielle Zuckerherstellung wurde in Polen um die Mitte der zwan¬
ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bekannt. In diese Zeit fällt der Anbau
der Zuckerrübe in Polen. Die erste Zuckerrübenfabrik soll im Jahre 1826 in
^zsstooice, nach anderen Angaben im Jahre 1830 in Guzow vom Grafen
^ubienski begründet worden sein. In der ersten Zeit der Zuckerproduktion ist
nur bescheidener Anbau der Zuckerrübe im Lande zu verzeichnen. Für die
Verarbeitung der Zuckerrübe in der gro.ßten polnischen Zuckerfabrik des genann-
Jahrzehnts in dem oben erwähnten Unternehmen in Guzow, werden von
Dr. Jrmasz folgende Zahlen genannt:

1834/35 ^ 14 598 Doppelzentner.
1837/38 ^ 13 247 Doppelzentner.

Von einer Zuckerindustrie in Polen im rechten Sinne dieses Wortes kann
non erst von: Jahre 1838, dem Gründungsjahve der Zuckerfabrik in Hermanow,
spreche.

Im Jahre 1846 betrug die Zuckerproduktion in Polen 6 —7000 Doppel¬
zentner. Im Jahre 1848 ist sie bereits auf mehr als das Doppelte gestiegen.

. Bonn Jahre 1849 ab, als man den Zucker weniger als Nahrungsmittel
^um als Luxusgegenstand ansah, wurden in Polen Zuckersteuern erhoben. Da¬
mals fanden sich in Polen bereits 31 Fabriken. Bis zum Jahre 1853 stieg ihre
Acht bereits auf 52. In dem Zeitabschnitt 1851/54 wurde eine Zuckerrüben-
Menge von durchschnittlich über eine Million Doppelzentner jährlich verarbeitet.
<M den darauf folgenden Jahren ging die verarbeitete Zuckerrübenmenge zurück,
'pas feinen Grund in der Betriebseinstellung der kleineren Zuckerunternehmen
Mlle, die einem Wettbewerb in Kapital und 'Technik mit den größeren Unter¬
nehmungen nicht gewachsen waren.

Genaue Zahlen über die Anbauflächen und die verarbeiteten Zuckerrüben-
i^ngen lassen sich erst vom Jahre 1881 an feststellen. Won den Jahren 1881
1891 stieg die Zuckerrübeuvevarbeitung der 40 damals noch vorhandenen
Zuckerfabriken von 4,42 Mill. Doppelzentner auf 7,46 Mill. Doppelzentner. Die
^chsolgenden Zahlen für die Anbaufläche und die Menge der verarbeiteten
Zuckerrüben zeigen eine gewisse Ruhelage in der AnfnahnTe und AbsatzfähiaMt
Polnischen Marktes:


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[0279] Die Zuckerindustrie Polens Die Zuckerindustrie Polens Ringleb, von Dr. s ist — im Zeichen der deutschen Katastrophenpolitik auf wirt¬ schaftlichem Gebiet — unnötig, Ursachen und Zusammenhängen der schweren Krisis nachzugehen, in der sich in den Tagen kopf¬ losester Eisenbahn- und Kohlenwirtschaft mehrere unserer im wahrsten Wortsinne „lebenswichtigen" Industrien befinden. Nicht nur Deutschland — ganz Europa erlebt eine bis jetzt nicht da¬ gewesene Kalamität in Produktion und Angebot von Zucker. Während aber in Deutschland die Produktion .zwar zurückgeht und Zucker (nach der Verordnung vom 14. Oktober 1919) neue Preissteigerungen erfährt, während hier die Pro» duktionsgrundlagen — am wirtschaftlichen Gesamtbilde betrachtet — immerhin derart sind, daß die eigene Volkswirtschaft mit ihr als Rechnungsfaktor umgehen kann, steigert sich die Lage der Zuckerindustvie in den Ostländern Polen und Rußland, die einst vermögende Lieferanten dieses Nährstoffes waren, zur Krise. Das ist nach mehr als nur nach wirtschaftlichen Seiten bemerkenswert, komm man sich das organische, finstere Werden dieser Industrie in Polen (eine Pavallelbetrachtung Rußlands erübrigt sich zurzeit) vor Augen hält. Die industrielle Zuckerherstellung wurde in Polen um die Mitte der zwan¬ ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bekannt. In diese Zeit fällt der Anbau der Zuckerrübe in Polen. Die erste Zuckerrübenfabrik soll im Jahre 1826 in ^zsstooice, nach anderen Angaben im Jahre 1830 in Guzow vom Grafen ^ubienski begründet worden sein. In der ersten Zeit der Zuckerproduktion ist nur bescheidener Anbau der Zuckerrübe im Lande zu verzeichnen. Für die Verarbeitung der Zuckerrübe in der gro.ßten polnischen Zuckerfabrik des genann- Jahrzehnts in dem oben erwähnten Unternehmen in Guzow, werden von Dr. Jrmasz folgende Zahlen genannt: 1834/35 ^ 14 598 Doppelzentner. 1837/38 ^ 13 247 Doppelzentner. Von einer Zuckerindustrie in Polen im rechten Sinne dieses Wortes kann non erst von: Jahre 1838, dem Gründungsjahve der Zuckerfabrik in Hermanow, spreche. Im Jahre 1846 betrug die Zuckerproduktion in Polen 6 —7000 Doppel¬ zentner. Im Jahre 1848 ist sie bereits auf mehr als das Doppelte gestiegen. . Bonn Jahre 1849 ab, als man den Zucker weniger als Nahrungsmittel ^um als Luxusgegenstand ansah, wurden in Polen Zuckersteuern erhoben. Da¬ mals fanden sich in Polen bereits 31 Fabriken. Bis zum Jahre 1853 stieg ihre Acht bereits auf 52. In dem Zeitabschnitt 1851/54 wurde eine Zuckerrüben- Menge von durchschnittlich über eine Million Doppelzentner jährlich verarbeitet. <M den darauf folgenden Jahren ging die verarbeitete Zuckerrübenmenge zurück, 'pas feinen Grund in der Betriebseinstellung der kleineren Zuckerunternehmen Mlle, die einem Wettbewerb in Kapital und 'Technik mit den größeren Unter¬ nehmungen nicht gewachsen waren. Genaue Zahlen über die Anbauflächen und die verarbeiteten Zuckerrüben- i^ngen lassen sich erst vom Jahre 1881 an feststellen. Won den Jahren 1881 1891 stieg die Zuckerrübeuvevarbeitung der 40 damals noch vorhandenen Zuckerfabriken von 4,42 Mill. Doppelzentner auf 7,46 Mill. Doppelzentner. Die ^chsolgenden Zahlen für die Anbaufläche und die Menge der verarbeiteten Zuckerrüben zeigen eine gewisse Ruhelage in der AnfnahnTe und AbsatzfähiaMt Polnischen Marktes:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/279>, abgerufen am 15.01.2025.