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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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prima- unä KsikeprüfunZ.or. MieKaelis

Aktive Außenpolitik!
Georg Lleinow von

is Graf Brockdorff-Rantzau bald nach Übernahme der Leitung
des Auswärtigen Amts Anfang dieses Jahres sein Programm
entwickelte und erklärte, er wolle auf eine aktive Außenpolitik
nicht verzichten, konnte ich mich im Hinblick auf die allgemeine
Lage, in der Deutschland sich damals befand, eines hoffnungs¬
losen Achselzuckens nicht erwehren. Wie konnte ein halber Leichnam
"aktiv" sein?! Immerhin hatte der damalige Leiter der deutschen auswärtigen
Politik noch einen Schein des Rechts zu sprechen, wie er sprach, da wir glaubten,
uns an die vierzehn Punkte Wilsons halten zu können, die uns eine gewisse
Betätigungsbasis zu gewährleisten schienen. Sie haben sich inzwischen als eine
inhaltslose Illusion erwiesen. Wenn ich jetzt das Wort höre, so stellt sich das
Bild eines in einen Sumpf geworfenen gefesselten Halbtoten vor mir auf, der
halb versinkend, halb sich auf schwache Grasbüschel stützend, mühsam nach
Atem ringt, um seinen Herzschlag in Gang zu erhalten. Ist das nicht das
Bild des deutschen Staates? Jetzt komme ich von dem grausigen Bilde
nicht los. da ich Rheinbabens "Altve Außenpolitik" las. Jsts nicht Vermessen-,
heit. von "aktiver Außenpolitik" zu sprechen, nachdem Deutschland, jeder Wehr¬
macht beraubt, im Innern zerwühlt von Partei- und Wirtschaftskämpfen, sich
°em furchtbarsten Hasser des Deutschtums, Clemenceau, durch Annahme des
^ersailler Diktatfriedens auf Gnade und Ungnade ergeben hat? Wie Frei¬
herr von Rheinbaben, der Seefahrer und Diplomat, es tut, nicht. Sein Aufsatz
hat die Bedeutung eines Atemzuges für das deutsche Volk; seine Ausführungen
erwecken Vertrauen zu uns selbst, zeigen Stützen, an die wir uns klammern
"innen, zeigen Ausblicke, -- aber sie wecken keine Illusionen. Rheinbaben hat
den Mut. die Dinge nicht nur wie sie sind zu sehen, sondern sie auch so zu
Zeigen. Auch dies weckt Vertrauen. Sein tragender Gedanke läßt sich vielleicht
'N dem Satz zusammenfassen: solange wir arbeiten, sind wir auch
aktiv in der Außenpolitik. Jedenfalls knüpft er an den engen "Zu-
lammenhang zwischen innerer und äußerer Politik" an, fordert "eine breite
Nationale, außenpolitische Front" und stellt an die Spitze seines Programms
die Forderungen: 1. Nationale Erziehung zum Verständnis außen-


Trentboten IV 1919 21



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prima- unä KsikeprüfunZ.or. MieKaelis

Aktive Außenpolitik!
Georg Lleinow von

is Graf Brockdorff-Rantzau bald nach Übernahme der Leitung
des Auswärtigen Amts Anfang dieses Jahres sein Programm
entwickelte und erklärte, er wolle auf eine aktive Außenpolitik
nicht verzichten, konnte ich mich im Hinblick auf die allgemeine
Lage, in der Deutschland sich damals befand, eines hoffnungs¬
losen Achselzuckens nicht erwehren. Wie konnte ein halber Leichnam
»aktiv" sein?! Immerhin hatte der damalige Leiter der deutschen auswärtigen
Politik noch einen Schein des Rechts zu sprechen, wie er sprach, da wir glaubten,
uns an die vierzehn Punkte Wilsons halten zu können, die uns eine gewisse
Betätigungsbasis zu gewährleisten schienen. Sie haben sich inzwischen als eine
inhaltslose Illusion erwiesen. Wenn ich jetzt das Wort höre, so stellt sich das
Bild eines in einen Sumpf geworfenen gefesselten Halbtoten vor mir auf, der
halb versinkend, halb sich auf schwache Grasbüschel stützend, mühsam nach
Atem ringt, um seinen Herzschlag in Gang zu erhalten. Ist das nicht das
Bild des deutschen Staates? Jetzt komme ich von dem grausigen Bilde
nicht los. da ich Rheinbabens „Altve Außenpolitik" las. Jsts nicht Vermessen-,
heit. von „aktiver Außenpolitik" zu sprechen, nachdem Deutschland, jeder Wehr¬
macht beraubt, im Innern zerwühlt von Partei- und Wirtschaftskämpfen, sich
°em furchtbarsten Hasser des Deutschtums, Clemenceau, durch Annahme des
^ersailler Diktatfriedens auf Gnade und Ungnade ergeben hat? Wie Frei¬
herr von Rheinbaben, der Seefahrer und Diplomat, es tut, nicht. Sein Aufsatz
hat die Bedeutung eines Atemzuges für das deutsche Volk; seine Ausführungen
erwecken Vertrauen zu uns selbst, zeigen Stützen, an die wir uns klammern
«innen, zeigen Ausblicke, — aber sie wecken keine Illusionen. Rheinbaben hat
den Mut. die Dinge nicht nur wie sie sind zu sehen, sondern sie auch so zu
Zeigen. Auch dies weckt Vertrauen. Sein tragender Gedanke läßt sich vielleicht
'N dem Satz zusammenfassen: solange wir arbeiten, sind wir auch
aktiv in der Außenpolitik. Jedenfalls knüpft er an den engen „Zu-
lammenhang zwischen innerer und äußerer Politik" an, fordert „eine breite
Nationale, außenpolitische Front" und stellt an die Spitze seines Programms
die Forderungen: 1. Nationale Erziehung zum Verständnis außen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/257>, abgerufen am 15.01.2025.