Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Im Kampf um Tirol kein selbständiges Glied des Reiches sein wollte, und welches durch seine bornierte Im Aampf um Tirol le ordentlichen Professoren der Rechtsgeschichte und Geschichte an 1. Die Nordgrenze Italiens erreichte niemals den Kamm der Zentralalpen, 2. Durch die Einwanderung der Bayern mi sechsten Jahrhundert wurde 3. Im Jahre 9W wurde das Bistum Trient an das deutsche Reich ange 4. Die Grafen von Tirol erwarben dann auch die weltliche Gewalt über 5. Seit dem Aufkommen der Landtage, das ist seit dem vierzehnten Jahr¬ Grenzboten I 1919 8
Im Kampf um Tirol kein selbständiges Glied des Reiches sein wollte, und welches durch seine bornierte Im Aampf um Tirol le ordentlichen Professoren der Rechtsgeschichte und Geschichte an 1. Die Nordgrenze Italiens erreichte niemals den Kamm der Zentralalpen, 2. Durch die Einwanderung der Bayern mi sechsten Jahrhundert wurde 3. Im Jahre 9W wurde das Bistum Trient an das deutsche Reich ange 4. Die Grafen von Tirol erwarben dann auch die weltliche Gewalt über 5. Seit dem Aufkommen der Landtage, das ist seit dem vierzehnten Jahr¬ Grenzboten I 1919 8
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0121" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335303"/> <fw type="header" place="top"> Im Kampf um Tirol</fw><lb/> <p xml:id="ID_475" prev="#ID_474"> kein selbständiges Glied des Reiches sein wollte, und welches durch seine bornierte<lb/> Haltung mit schuld an dem über uns gekommenen Unheil ist, mit dem bei uns<lb/> leider sonst so üblichen ritterlichen Entgegenkommen unter die Arme greifen,<lb/> indem man die Abwanderung deutscher Kräfte zur Rettung Elsaß-Lothringens<lb/> aus dem selbstverschuldeten Rückgang befördert! Elsaß-Lothringen hat, wenn es<lb/> für neutrale Autonomie gestimmt hat, das Tuch zwischen sich und Deutschland<lb/> zerschnitten. Seine Bewohner wollen dann keine Deutschen mehr sein; bemühen<lb/> wir uns dann aber auch, sie nicht mehr als solche zu betrachten. Auch hier mag<lb/> der Katzenjammer, der schon kurz nach dem Franzosenrausch tzanz naturgemäß ein-<lb/> setzte, dann kommen, und zwar ein Katzenjammer großen Stiles. Aber man hat —<lb/> auch aus clsMschen Kreisen selbst — dem Volk oft genug vorgehalten, wie schwäch¬<lb/> lich es allein für sich ist, wie sehr es von Natur auf Deutschland angewiesen ist,<lb/> was für Vorteile ihm der Anschluß an uns bietet. Wenn das alles, dem einmal<lb/> wach gewordenen Trieb nach „voller Autonomie" zuliebe, preisgegeben wird, wenn<lb/> Elsaß-Lothringen von uns abfällt und uns gegenüber Ausland wird, so sei es<lb/> dies aber auch in unseren Augen! Wenn die Steuerzahlungen, die Deutschland<lb/> durchzukosten haben wird, bei diesem Abfall eine wesentliche Rolle spielen, so<lb/> muß der Deutsche, der deswegen Elsaß-Lothringer wird, verachtet werden. Um<lb/> so mehr aber muß sür uns rechts des Rheines der Grundsatz aufgestellt werden:<lb/> Bleibe daheim und nähre dich redlich! Und wir möchten hoffen, daß es ein fester<lb/> Grundsatz werde, getragen von dem Gefühl der Würde, daß wir denen, die uns<lb/> von sich stoßen, auch nicht nachlaufen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Im Aampf um Tirol</head><lb/> <p xml:id="ID_476"> le ordentlichen Professoren der Rechtsgeschichte und Geschichte an<lb/> der Universität Wien, Dr. Hans v. Voltelini, Dr. Emil v. Ottenthal<lb/> und Dr. Oswald Redlich, machen uns als gebürtige Tiroler in<lb/> Bezug auf die von Italien früher erhobene und nach allem An¬<lb/> schein jetzt leider erneuerte Forderung einer Abtretung des deutschen<lb/> Südtirols bis zum Brenner, auf die nachfolgenden historisch.<lb/> Politischen Tatschen aufmerksam:</p><lb/> <p xml:id="ID_477"> 1. Die Nordgrenze Italiens erreichte niemals den Kamm der Zentralalpen,<lb/> sondern lief auch zur Zeit der größten Ausdehnung Italiens in der römischen<lb/> Kaiserzeit nur am Fuße derselben. , . ^</p><lb/> <p xml:id="ID_478"> 2. Durch die Einwanderung der Bayern mi sechsten Jahrhundert wurde<lb/> auch das Gebiet südlich bis zur Salurnerklause geschlossen von Deutschen besiedelt.<lb/> Bozen ist seit fast vierzehn Jahrhunderten deutsch. . ^ ,¬</p><lb/> <p xml:id="ID_479"> 3. Im Jahre 9W wurde das Bistum Trient an das deutsche Reich ange<lb/> gliedert. Als deutsche Reich^fürsten wurden die Bischöfe von Trient von den<lb/> deutschen Kaisern mi> der weltlichen Gewalt in den Grafschaften Bozen und<lb/> Vints.rgau belehnt, deren Ausübung sie an die Grafen von Tirol überlassen mußten.</p><lb/> <p xml:id="ID_480"> 4. Die Grafen von Tirol erwarben dann auch die weltliche Gewalt über<lb/> den Besitz der Bischöfe von Br xen und damit die wichtigsten Hoheitsrechte über<lb/> das ganze, heute gefnhidete, Gebiet Tirols. Ihre Nachfolger sind seit 1363 die<lb/> Habsburger. Durch den Neichsdeputations-Hauptschluß von 1803 wurden beide<lb/> Bistümer vollends säkularisiert.</p><lb/> <p xml:id="ID_481"> 5. Seit dem Aufkommen der Landtage, das ist seit dem vierzehnten Jahr¬<lb/> hunderte, nahmen jederzeit die Vertreter des ganzen deutschen Südtirols, das ist<lb/> der jetzigen Vezirkshaupimannschaften Bozen. Meran, Schlanders, Brixen, Bruneck,<lb/> an den Landtagen der Grafen von Tirol teil.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1919 8</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0121]
Im Kampf um Tirol
kein selbständiges Glied des Reiches sein wollte, und welches durch seine bornierte
Haltung mit schuld an dem über uns gekommenen Unheil ist, mit dem bei uns
leider sonst so üblichen ritterlichen Entgegenkommen unter die Arme greifen,
indem man die Abwanderung deutscher Kräfte zur Rettung Elsaß-Lothringens
aus dem selbstverschuldeten Rückgang befördert! Elsaß-Lothringen hat, wenn es
für neutrale Autonomie gestimmt hat, das Tuch zwischen sich und Deutschland
zerschnitten. Seine Bewohner wollen dann keine Deutschen mehr sein; bemühen
wir uns dann aber auch, sie nicht mehr als solche zu betrachten. Auch hier mag
der Katzenjammer, der schon kurz nach dem Franzosenrausch tzanz naturgemäß ein-
setzte, dann kommen, und zwar ein Katzenjammer großen Stiles. Aber man hat —
auch aus clsMschen Kreisen selbst — dem Volk oft genug vorgehalten, wie schwäch¬
lich es allein für sich ist, wie sehr es von Natur auf Deutschland angewiesen ist,
was für Vorteile ihm der Anschluß an uns bietet. Wenn das alles, dem einmal
wach gewordenen Trieb nach „voller Autonomie" zuliebe, preisgegeben wird, wenn
Elsaß-Lothringen von uns abfällt und uns gegenüber Ausland wird, so sei es
dies aber auch in unseren Augen! Wenn die Steuerzahlungen, die Deutschland
durchzukosten haben wird, bei diesem Abfall eine wesentliche Rolle spielen, so
muß der Deutsche, der deswegen Elsaß-Lothringer wird, verachtet werden. Um
so mehr aber muß sür uns rechts des Rheines der Grundsatz aufgestellt werden:
Bleibe daheim und nähre dich redlich! Und wir möchten hoffen, daß es ein fester
Grundsatz werde, getragen von dem Gefühl der Würde, daß wir denen, die uns
von sich stoßen, auch nicht nachlaufen.
Im Aampf um Tirol
le ordentlichen Professoren der Rechtsgeschichte und Geschichte an
der Universität Wien, Dr. Hans v. Voltelini, Dr. Emil v. Ottenthal
und Dr. Oswald Redlich, machen uns als gebürtige Tiroler in
Bezug auf die von Italien früher erhobene und nach allem An¬
schein jetzt leider erneuerte Forderung einer Abtretung des deutschen
Südtirols bis zum Brenner, auf die nachfolgenden historisch.
Politischen Tatschen aufmerksam:
1. Die Nordgrenze Italiens erreichte niemals den Kamm der Zentralalpen,
sondern lief auch zur Zeit der größten Ausdehnung Italiens in der römischen
Kaiserzeit nur am Fuße derselben. , . ^
2. Durch die Einwanderung der Bayern mi sechsten Jahrhundert wurde
auch das Gebiet südlich bis zur Salurnerklause geschlossen von Deutschen besiedelt.
Bozen ist seit fast vierzehn Jahrhunderten deutsch. . ^ ,¬
3. Im Jahre 9W wurde das Bistum Trient an das deutsche Reich ange
gliedert. Als deutsche Reich^fürsten wurden die Bischöfe von Trient von den
deutschen Kaisern mi> der weltlichen Gewalt in den Grafschaften Bozen und
Vints.rgau belehnt, deren Ausübung sie an die Grafen von Tirol überlassen mußten.
4. Die Grafen von Tirol erwarben dann auch die weltliche Gewalt über
den Besitz der Bischöfe von Br xen und damit die wichtigsten Hoheitsrechte über
das ganze, heute gefnhidete, Gebiet Tirols. Ihre Nachfolger sind seit 1363 die
Habsburger. Durch den Neichsdeputations-Hauptschluß von 1803 wurden beide
Bistümer vollends säkularisiert.
5. Seit dem Aufkommen der Landtage, das ist seit dem vierzehnten Jahr¬
hunderte, nahmen jederzeit die Vertreter des ganzen deutschen Südtirols, das ist
der jetzigen Vezirkshaupimannschaften Bozen. Meran, Schlanders, Brixen, Bruneck,
an den Landtagen der Grafen von Tirol teil.
Grenzboten I 1919 8
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |