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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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Gesterreichisch - ungarische Landwirtschaft

gemäß den besonderen Verhältnissen der Umwelt wurde uns der Seeleysche
Satz eine Maxime, die unseren staatlichen Aufstieg begleitete; die Synthese
dieser beiden Kräfte (eine "reconciliation ot Government rien lioertv" nicht
in amerikanischem, sondern in deutschem Sinne) unter steter Berücksichtigung
des "Milieu", in dem sie zur Auswirkung gelangen, ist das Postulat auch
nach Erreichung des Zieles und die beste Sicherung der errungenen Macht¬
stellung.




Stand und Aussichten
der österreichisch-ungarischen Landwirtschaft
Dr. L. G. Zitzen von

!le wirtschaftlichen Verhältnisse der uns verbündeten Habsburger
Monarchie beanspruchen heute unsere ganz besondere Aufmerk¬
samkeit. Immer mehr hat sich die Überzeugung Bahn gebrochen,
daß in Zukunft neben dem bewährten militärischen Bündnis auch
ein engeres wirtschaftliches Bündnis angestrebt werden muß.
Um die Wege auch zu diesem wirtschaftlichen Bündnis zu ebnen, wird man
sich zunächst über die vorliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse und Vorbedin¬
gungen klar werden müssen. Eine besondere Beachtung erfordern hier auch die
Verhältnisse und Entwicklungsmöglichkeiten der österreichisch-ungarischen Land¬
wirtschaft, und zwar schon mit Rücksicht auf die künftige Gestaltung unserer
Lebensmittelversorgung.

1. Der Umfang des Ackerbaues. Nach Rußland ist die Donaumonarchie
das Land Europas mit der größten Flächenausdehnung. Österreich-Ungarn
trägt nach Rußland am meisten kontinentalen Gharakter, was naturgemäß ein
entsprechendes Klima bedingt. Nur ein Sechstel seiner Grenze ist vom Meere
bespült. Obschon die Gesamtfläche Österreich-Ungarns diejenige Deutschlands
um mehr als 8 Millionen Hektar übertrifft, beträgt die landwirtschaftlich genutzte
Fläche in Österreich-Ungarn nur 32,6 Millionen Hektar gegen 35.1 Millionen
in Deutschland. Der Anbau mit Weizen umfaßt in Deutschland eine Fläche
von annähernd 2 Millionen Hektar. In Österreich sind mit Weizen 1,3 Mil¬
lionen Hektar bestellt, in Ungarn aber 3,5 Millionen, das heißt soviel als in


Gesterreichisch - ungarische Landwirtschaft

gemäß den besonderen Verhältnissen der Umwelt wurde uns der Seeleysche
Satz eine Maxime, die unseren staatlichen Aufstieg begleitete; die Synthese
dieser beiden Kräfte (eine „reconciliation ot Government rien lioertv" nicht
in amerikanischem, sondern in deutschem Sinne) unter steter Berücksichtigung
des „Milieu", in dem sie zur Auswirkung gelangen, ist das Postulat auch
nach Erreichung des Zieles und die beste Sicherung der errungenen Macht¬
stellung.




Stand und Aussichten
der österreichisch-ungarischen Landwirtschaft
Dr. L. G. Zitzen von

!le wirtschaftlichen Verhältnisse der uns verbündeten Habsburger
Monarchie beanspruchen heute unsere ganz besondere Aufmerk¬
samkeit. Immer mehr hat sich die Überzeugung Bahn gebrochen,
daß in Zukunft neben dem bewährten militärischen Bündnis auch
ein engeres wirtschaftliches Bündnis angestrebt werden muß.
Um die Wege auch zu diesem wirtschaftlichen Bündnis zu ebnen, wird man
sich zunächst über die vorliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse und Vorbedin¬
gungen klar werden müssen. Eine besondere Beachtung erfordern hier auch die
Verhältnisse und Entwicklungsmöglichkeiten der österreichisch-ungarischen Land¬
wirtschaft, und zwar schon mit Rücksicht auf die künftige Gestaltung unserer
Lebensmittelversorgung.

1. Der Umfang des Ackerbaues. Nach Rußland ist die Donaumonarchie
das Land Europas mit der größten Flächenausdehnung. Österreich-Ungarn
trägt nach Rußland am meisten kontinentalen Gharakter, was naturgemäß ein
entsprechendes Klima bedingt. Nur ein Sechstel seiner Grenze ist vom Meere
bespült. Obschon die Gesamtfläche Österreich-Ungarns diejenige Deutschlands
um mehr als 8 Millionen Hektar übertrifft, beträgt die landwirtschaftlich genutzte
Fläche in Österreich-Ungarn nur 32,6 Millionen Hektar gegen 35.1 Millionen
in Deutschland. Der Anbau mit Weizen umfaßt in Deutschland eine Fläche
von annähernd 2 Millionen Hektar. In Österreich sind mit Weizen 1,3 Mil¬
lionen Hektar bestellt, in Ungarn aber 3,5 Millionen, das heißt soviel als in


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[0069] Gesterreichisch - ungarische Landwirtschaft gemäß den besonderen Verhältnissen der Umwelt wurde uns der Seeleysche Satz eine Maxime, die unseren staatlichen Aufstieg begleitete; die Synthese dieser beiden Kräfte (eine „reconciliation ot Government rien lioertv" nicht in amerikanischem, sondern in deutschem Sinne) unter steter Berücksichtigung des „Milieu", in dem sie zur Auswirkung gelangen, ist das Postulat auch nach Erreichung des Zieles und die beste Sicherung der errungenen Macht¬ stellung. Stand und Aussichten der österreichisch-ungarischen Landwirtschaft Dr. L. G. Zitzen von !le wirtschaftlichen Verhältnisse der uns verbündeten Habsburger Monarchie beanspruchen heute unsere ganz besondere Aufmerk¬ samkeit. Immer mehr hat sich die Überzeugung Bahn gebrochen, daß in Zukunft neben dem bewährten militärischen Bündnis auch ein engeres wirtschaftliches Bündnis angestrebt werden muß. Um die Wege auch zu diesem wirtschaftlichen Bündnis zu ebnen, wird man sich zunächst über die vorliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse und Vorbedin¬ gungen klar werden müssen. Eine besondere Beachtung erfordern hier auch die Verhältnisse und Entwicklungsmöglichkeiten der österreichisch-ungarischen Land¬ wirtschaft, und zwar schon mit Rücksicht auf die künftige Gestaltung unserer Lebensmittelversorgung. 1. Der Umfang des Ackerbaues. Nach Rußland ist die Donaumonarchie das Land Europas mit der größten Flächenausdehnung. Österreich-Ungarn trägt nach Rußland am meisten kontinentalen Gharakter, was naturgemäß ein entsprechendes Klima bedingt. Nur ein Sechstel seiner Grenze ist vom Meere bespült. Obschon die Gesamtfläche Österreich-Ungarns diejenige Deutschlands um mehr als 8 Millionen Hektar übertrifft, beträgt die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Österreich-Ungarn nur 32,6 Millionen Hektar gegen 35.1 Millionen in Deutschland. Der Anbau mit Weizen umfaßt in Deutschland eine Fläche von annähernd 2 Millionen Hektar. In Österreich sind mit Weizen 1,3 Mil¬ lionen Hektar bestellt, in Ungarn aber 3,5 Millionen, das heißt soviel als in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/69>, abgerufen am 27.07.2024.