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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr.

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Frauen die Höhe entlangwandern. "Ich verstehe euch alle nicht, Mutter/' flüstert
Hassan zurück, "immer wollt ihr bei dem Kiosk zum Pfauen euch ins Gras setzen,
und wenn wir dort sind, mag keins von euch einmal mehr lachenI" "Siehst du.
mein Sohn," entgegnet Ayescha mit klarer, eindringlicher Stimme, während die
andern Hennah sich um sie drängen, "was dort geschah, wirst du erst später ganz
verstehen lernen. Aber merke dir dies: Ein Pascha, der so gut war, daß selbst die
Hunde ihn liebten, sah in jenem Kiosk seine Harum sterben, die schöner war, als
alle Pfauen der Welt. Das haben die bösen Geister getan, sagt man. Sie
kommen wie die Wolken, die den Blitz auf die Erde werfen, und wenn sie da sind,
kann man nichts tun als sich ducken und warten." "Und warum läßt Allah es
geschehen, Mutter, daß die Guten so leiden müssen?" fragt Hassan kleinmütig.
"Damit wir dankbar werden für den blauen Himmel ohne Blitz und Donner,"
erwidert Ayescha, während ihre Augen der sinkenden Sonne am Horizont folgen.
"Gott gebe uns allen Gesundheit!" betet Sabihah, die Großmutter Hassens; "die
Sonne wird auch morgen wiederkommen. Allah ist dennoch stärker als die
finsteren Geister!"




Neue Bücher
Professor Philipp Zor", Mitglied des preußischen Herrenhauses und KronsyudikuL,
"Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit" (Sonderabdruck aus der
Zeitschrift "Das Recht"). Hannover 1917, Helwingsche Verlagsbuchhandlung.
42 S. Preis 1 M.

Friedensfreunde aller Länder hofften immer, durch weiteren Ausbau der
Schiedsgerichtsbarkeit für die Zukunft Kriege aus der Welt zu schaffen. Dabei
wurde stets verkannt, daß der Schiedsgerichtsbarkeit selbst beim besten Willen der
leitenden Staatsmänner doch sehr enge Grenzen gezogen sind. Zunächst setzt alle
Gerichtsbarkeit, also auch die Schiedsgerichtsbarkeit, eine Rechtsordnung voraus,
nach der entschieden wird, und Streitigkeiten, die aus dieser Rechtsordnung erwachsen
sind. Es sind doch aber nur zum geringsten Teile Rechtssireitigkeiten, um die sich
die großen weltgeschichtlichen Kämpfe drehen. Daß Frankreich Elsaß-Lothringen
wieder haben wollte, war ebensowenig eine Rechtsfrage, wie daß der deutsche
Wettbewerb auf dem Weltmarkte für England immer lästiger wurde. Und schließlich
konnte kein Schiedsgericht den Russen Konstantinopel oder den Italienern Süd-
Tirol und die Adria zusprechen. Aber auch Rechtsfragen, die das innerste Lebens¬
interesse eines Staates berühren, wie die südafrikanische die Englands, lassen keine
schiedsrichterliche Entscheidung zu. Hier wird ein Staat stets seine ganze Macht
einsetzen, um sein vermeintliches Recht zu behaupten. Zur schiedsrichterlichen Ent¬
scheidung eignen sich daher nur solche Rechtsstreitigkeiten untergeordneten Inter¬
esses, die ein Staat auf gute Art los sein will, weil sich ein Krieg darum nicht
verlohnt. So ist es bisher gewesen und in Zukunft wird es nicht viel anders sein.


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Frauen die Höhe entlangwandern. „Ich verstehe euch alle nicht, Mutter/' flüstert
Hassan zurück, „immer wollt ihr bei dem Kiosk zum Pfauen euch ins Gras setzen,
und wenn wir dort sind, mag keins von euch einmal mehr lachenI" „Siehst du.
mein Sohn," entgegnet Ayescha mit klarer, eindringlicher Stimme, während die
andern Hennah sich um sie drängen, „was dort geschah, wirst du erst später ganz
verstehen lernen. Aber merke dir dies: Ein Pascha, der so gut war, daß selbst die
Hunde ihn liebten, sah in jenem Kiosk seine Harum sterben, die schöner war, als
alle Pfauen der Welt. Das haben die bösen Geister getan, sagt man. Sie
kommen wie die Wolken, die den Blitz auf die Erde werfen, und wenn sie da sind,
kann man nichts tun als sich ducken und warten." „Und warum läßt Allah es
geschehen, Mutter, daß die Guten so leiden müssen?" fragt Hassan kleinmütig.
„Damit wir dankbar werden für den blauen Himmel ohne Blitz und Donner,"
erwidert Ayescha, während ihre Augen der sinkenden Sonne am Horizont folgen.
„Gott gebe uns allen Gesundheit!" betet Sabihah, die Großmutter Hassens; „die
Sonne wird auch morgen wiederkommen. Allah ist dennoch stärker als die
finsteren Geister!"




Neue Bücher
Professor Philipp Zor», Mitglied des preußischen Herrenhauses und KronsyudikuL,
„Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit" (Sonderabdruck aus der
Zeitschrift „Das Recht"). Hannover 1917, Helwingsche Verlagsbuchhandlung.
42 S. Preis 1 M.

Friedensfreunde aller Länder hofften immer, durch weiteren Ausbau der
Schiedsgerichtsbarkeit für die Zukunft Kriege aus der Welt zu schaffen. Dabei
wurde stets verkannt, daß der Schiedsgerichtsbarkeit selbst beim besten Willen der
leitenden Staatsmänner doch sehr enge Grenzen gezogen sind. Zunächst setzt alle
Gerichtsbarkeit, also auch die Schiedsgerichtsbarkeit, eine Rechtsordnung voraus,
nach der entschieden wird, und Streitigkeiten, die aus dieser Rechtsordnung erwachsen
sind. Es sind doch aber nur zum geringsten Teile Rechtssireitigkeiten, um die sich
die großen weltgeschichtlichen Kämpfe drehen. Daß Frankreich Elsaß-Lothringen
wieder haben wollte, war ebensowenig eine Rechtsfrage, wie daß der deutsche
Wettbewerb auf dem Weltmarkte für England immer lästiger wurde. Und schließlich
konnte kein Schiedsgericht den Russen Konstantinopel oder den Italienern Süd-
Tirol und die Adria zusprechen. Aber auch Rechtsfragen, die das innerste Lebens¬
interesse eines Staates berühren, wie die südafrikanische die Englands, lassen keine
schiedsrichterliche Entscheidung zu. Hier wird ein Staat stets seine ganze Macht
einsetzen, um sein vermeintliches Recht zu behaupten. Zur schiedsrichterlichen Ent¬
scheidung eignen sich daher nur solche Rechtsstreitigkeiten untergeordneten Inter¬
esses, die ein Staat auf gute Art los sein will, weil sich ein Krieg darum nicht
verlohnt. So ist es bisher gewesen und in Zukunft wird es nicht viel anders sein.


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[0370] Neue Bücher Frauen die Höhe entlangwandern. „Ich verstehe euch alle nicht, Mutter/' flüstert Hassan zurück, „immer wollt ihr bei dem Kiosk zum Pfauen euch ins Gras setzen, und wenn wir dort sind, mag keins von euch einmal mehr lachenI" „Siehst du. mein Sohn," entgegnet Ayescha mit klarer, eindringlicher Stimme, während die andern Hennah sich um sie drängen, „was dort geschah, wirst du erst später ganz verstehen lernen. Aber merke dir dies: Ein Pascha, der so gut war, daß selbst die Hunde ihn liebten, sah in jenem Kiosk seine Harum sterben, die schöner war, als alle Pfauen der Welt. Das haben die bösen Geister getan, sagt man. Sie kommen wie die Wolken, die den Blitz auf die Erde werfen, und wenn sie da sind, kann man nichts tun als sich ducken und warten." „Und warum läßt Allah es geschehen, Mutter, daß die Guten so leiden müssen?" fragt Hassan kleinmütig. „Damit wir dankbar werden für den blauen Himmel ohne Blitz und Donner," erwidert Ayescha, während ihre Augen der sinkenden Sonne am Horizont folgen. „Gott gebe uns allen Gesundheit!" betet Sabihah, die Großmutter Hassens; „die Sonne wird auch morgen wiederkommen. Allah ist dennoch stärker als die finsteren Geister!" Neue Bücher Professor Philipp Zor», Mitglied des preußischen Herrenhauses und KronsyudikuL, „Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit" (Sonderabdruck aus der Zeitschrift „Das Recht"). Hannover 1917, Helwingsche Verlagsbuchhandlung. 42 S. Preis 1 M. Friedensfreunde aller Länder hofften immer, durch weiteren Ausbau der Schiedsgerichtsbarkeit für die Zukunft Kriege aus der Welt zu schaffen. Dabei wurde stets verkannt, daß der Schiedsgerichtsbarkeit selbst beim besten Willen der leitenden Staatsmänner doch sehr enge Grenzen gezogen sind. Zunächst setzt alle Gerichtsbarkeit, also auch die Schiedsgerichtsbarkeit, eine Rechtsordnung voraus, nach der entschieden wird, und Streitigkeiten, die aus dieser Rechtsordnung erwachsen sind. Es sind doch aber nur zum geringsten Teile Rechtssireitigkeiten, um die sich die großen weltgeschichtlichen Kämpfe drehen. Daß Frankreich Elsaß-Lothringen wieder haben wollte, war ebensowenig eine Rechtsfrage, wie daß der deutsche Wettbewerb auf dem Weltmarkte für England immer lästiger wurde. Und schließlich konnte kein Schiedsgericht den Russen Konstantinopel oder den Italienern Süd- Tirol und die Adria zusprechen. Aber auch Rechtsfragen, die das innerste Lebens¬ interesse eines Staates berühren, wie die südafrikanische die Englands, lassen keine schiedsrichterliche Entscheidung zu. Hier wird ein Staat stets seine ganze Macht einsetzen, um sein vermeintliches Recht zu behaupten. Zur schiedsrichterlichen Ent¬ scheidung eignen sich daher nur solche Rechtsstreitigkeiten untergeordneten Inter¬ esses, die ein Staat auf gute Art los sein will, weil sich ein Krieg darum nicht verlohnt. So ist es bisher gewesen und in Zukunft wird es nicht viel anders sein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_332712/370>, abgerufen am 27.07.2024.