Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Drittes Vierteljahr.Das Deutschtum im Auslande von Professor Dr. Karl Sapper cum wir die Verbreitung des Deutschtums über die Erde über¬ Die Hauptmasse der Deutschsprachigen außerhalb des deutschen Kerngebietes Ein Teil der Deutschen im Ausland gehört den Nachkommen mittelalter- Das Deutschtum im Auslande von Professor Dr. Karl Sapper cum wir die Verbreitung des Deutschtums über die Erde über¬ Die Hauptmasse der Deutschsprachigen außerhalb des deutschen Kerngebietes Ein Teil der Deutschen im Ausland gehört den Nachkommen mittelalter- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0119" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/332398"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341905_332278/figures/grenzboten_341905_332278_332398_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das Deutschtum im Auslande<lb/><note type="byline"> von Professor Dr. Karl Sapper</note></head><lb/> <p xml:id="ID_375"> cum wir die Verbreitung des Deutschtums über die Erde über¬<lb/> blicken, so sehen wir, daß die Hauptmasse desselben mit rund<lb/> zweiundsiebenzig Millionen Seelen ein geschlossenes Wohngebiet >in<lb/> Mitteleuropa einnimmt, während etwa achtzehn bis neunzehn<lb/> Millionen Sprachgenossen sehr ungleichmäßig überdie anderen Länder<lb/> der Erde zerstreut sind. Im mitteleuropäischen Kerngebiet trennen die österreichische<lb/> und die schweizer Grenze von dem Neichsdeutschtum (sechzig Millionen) wieder be¬<lb/> trächtliche Volksteile ab, deren größere Masse (die deutschen Österreicher) noch durch<lb/> politische Bande mit uns in einem gewissen Zusammenhang steht, indes die<lb/> Zweieinhalb Millionen Deutsch schweizer nur noch durch Kulturbande mit uns verknüpft<lb/> send. Von den Deutschen der Diaspora dagegen sind etwa zweieinhalb Milliorien<lb/> Sprachgenossen in Ungarn, Galizien und Bukowina in ähnlicher politischer Be¬<lb/> gehung zu uns, wie die Deutschen der österreichischen Alpen- und Sudeten-<lb/> tänder. Nahe an dreiviertel Millionen über die ganze Erde zerstreuter Personen ge¬<lb/> hören staatsrechtlich zum Reiche, sind unmittelbar Fleisch von unserem Fleisch<lb/> und haben Anrecht auf unseren politischen Schutz; vom größten Teil derselben<lb/> darf man auch annehmen, daß sie früher oder später in die alte Heimat wieder<lb/> zurückkehren wollen. Dasselbe gilt von der weit kleineren Zahl der Deutsch-<lb/> Österreicher und Deutschschweizer in den fremden Ländern.</p><lb/> <p xml:id="ID_376"> Die Hauptmasse der Deutschsprachigen außerhalb des deutschen Kerngebietes<lb/> hat staatsrechtlich überhaupt keine Beziehungen zu den Deutschländern Mittel¬<lb/> europas mehr: sie sind Bürger ihrer neuen Heimat geworden oder entbehren<lb/> Zum Teil sogar jeglichen Bürgerrechts. Mit ihnen verbindet uns also nur<lb/> noch die Sprach- und Kulturgemeinschaft. Dazu gehören die Mehrzahl der<lb/> etwa zwölf Millionen Deutschsprachigen in den Vereinigten Staaten oder der<lb/> Zwei Millionen Deutschrussen, außerdem etwa eine halbe Million Deutschbrastlianer,<lb/> eine Drittel Million Deutschkanadier, rund hunderttausend Deutschaustralier,<lb/> etwa ebenso viele Deutschargentinier und achtzehntausend Deutschchilenen, indes<lb/> 'u den übrigen Ländern unsere Sprachgenossen meist kleinere Kontingente stellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_377" next="#ID_378"> Ein Teil der Deutschen im Ausland gehört den Nachkommen mittelalter-<lb/> lcher Eroberer an, wie die Deutschen der baltischen Provinzen; ein anderer,<lb/> ^^t größerer Teil gehört den Nachkommen deutscher Siedler an, die in früherer<lb/> 6^t seitens fremder Landesherren in eine sprachlich verschiedene, kulturell</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0119]
[Abbildung]
Das Deutschtum im Auslande
von Professor Dr. Karl Sapper
cum wir die Verbreitung des Deutschtums über die Erde über¬
blicken, so sehen wir, daß die Hauptmasse desselben mit rund
zweiundsiebenzig Millionen Seelen ein geschlossenes Wohngebiet >in
Mitteleuropa einnimmt, während etwa achtzehn bis neunzehn
Millionen Sprachgenossen sehr ungleichmäßig überdie anderen Länder
der Erde zerstreut sind. Im mitteleuropäischen Kerngebiet trennen die österreichische
und die schweizer Grenze von dem Neichsdeutschtum (sechzig Millionen) wieder be¬
trächtliche Volksteile ab, deren größere Masse (die deutschen Österreicher) noch durch
politische Bande mit uns in einem gewissen Zusammenhang steht, indes die
Zweieinhalb Millionen Deutsch schweizer nur noch durch Kulturbande mit uns verknüpft
send. Von den Deutschen der Diaspora dagegen sind etwa zweieinhalb Milliorien
Sprachgenossen in Ungarn, Galizien und Bukowina in ähnlicher politischer Be¬
gehung zu uns, wie die Deutschen der österreichischen Alpen- und Sudeten-
tänder. Nahe an dreiviertel Millionen über die ganze Erde zerstreuter Personen ge¬
hören staatsrechtlich zum Reiche, sind unmittelbar Fleisch von unserem Fleisch
und haben Anrecht auf unseren politischen Schutz; vom größten Teil derselben
darf man auch annehmen, daß sie früher oder später in die alte Heimat wieder
zurückkehren wollen. Dasselbe gilt von der weit kleineren Zahl der Deutsch-
Österreicher und Deutschschweizer in den fremden Ländern.
Die Hauptmasse der Deutschsprachigen außerhalb des deutschen Kerngebietes
hat staatsrechtlich überhaupt keine Beziehungen zu den Deutschländern Mittel¬
europas mehr: sie sind Bürger ihrer neuen Heimat geworden oder entbehren
Zum Teil sogar jeglichen Bürgerrechts. Mit ihnen verbindet uns also nur
noch die Sprach- und Kulturgemeinschaft. Dazu gehören die Mehrzahl der
etwa zwölf Millionen Deutschsprachigen in den Vereinigten Staaten oder der
Zwei Millionen Deutschrussen, außerdem etwa eine halbe Million Deutschbrastlianer,
eine Drittel Million Deutschkanadier, rund hunderttausend Deutschaustralier,
etwa ebenso viele Deutschargentinier und achtzehntausend Deutschchilenen, indes
'u den übrigen Ländern unsere Sprachgenossen meist kleinere Kontingente stellen.
Ein Teil der Deutschen im Ausland gehört den Nachkommen mittelalter-
lcher Eroberer an, wie die Deutschen der baltischen Provinzen; ein anderer,
^^t größerer Teil gehört den Nachkommen deutscher Siedler an, die in früherer
6^t seitens fremder Landesherren in eine sprachlich verschiedene, kulturell
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