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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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Das neue Aanalprojekt
der Bayerischen Staatsregierung und der Arieg
Professor Dr. w, Halbfaß von

n einer früheren Betrachtung (Ur. 50,1916) hatte ich auf die emi¬
nente Bedeutung der besseren Ausnützung der einheimischen Wasser¬
kräfte für die nächste Zukunft Deutschlands nachdrücklichst hin¬
gewiesen und gezeigt, daß sie auch noch für den jetzt tobenden
Weltkrieg ausschlaggebend sein kann neben der vollen Ausnützung
der übrigen wirtschaftlichen und der militärischen Kräfte des Reiches. Ich
möchte in den folgenden Auseinandersetzungen entwickeln, daß das gleiche auch
für die Erweiterung und den Ausbau der deutschen Wasserstraßen gilt.

Eine neuerliche Veranlassung, auf die Entwicklung unserer Wasserstraßen
und ihre Bedeutung für den gegenwärtigen Krieg näher einzugehen, gibt der
soeben vom Bayerischen Landtag angenommene Entwurf "eines Gesetzes betreffend
die Ausarbeitung eines ausführlichen Entwurfes für die Herstellung einer Gro߬
schiffahrtsstraße von Aschaffenburg bis zur Reichsgrenze unterhalb Passau", welcher
weit über die blau-weißen Grenzpfähle hinaus die höchste Beachtung verdient.

Bekanntlich ist gerade in Bayern der Gedanke einer gesteigerten Binnen¬
schiffahrt besonders rege gewesen, einesteils, weil der jetzige bayerische König
schon als Prinz Ludwig sich von jeher dafür interessiert und gearbeitet hatte,
andernteils aber, weil gerade dieser deutsche Bundesstaat am meisten unter
den wirtschaftlichen Veränderungen der Neuzeit leidet, die dem industriell und
kommerziell weit begünstigteren Norden das unbedingte Übergewicht über den
Süden unseres Vaterlandes verschafften.

Das neue Kanalprojekt faßt den Ausbau einer für die Großschiffahrt
geeigneten Verbindung zwischen Main und Donau besonders ins Auge. Der
schon bald achtzig Jahre bestehende Ludwigskanal schafft eine schiffbare Ver¬
bindung beider Flüsse nur in sehr beschränktem Umfang, der den heutigen
Verkehrsverhältnissen in keiner Weise genügt, schon aus dem Grunde, weil
sowohl Main wie Donau bis vor kurzem für die Großschiffahrt nicht geeignet
waren. In dieser Richtung sind zwar in letzter Zeit einige günstige
Änderungen eingetreten, insofern die Kanalisierung des unteren Main bis
Aschaffenburg in nächster Zeit fertig gestellt sein wird und auch für die Schiff-
barmachung der Donau von Regensburg aus abwärts nicht unerhebliche Ver¬
besserungen erfolgt find, aber für eine wirkliche Großschiffahrt für mindestens
1200 Tonnenschiffe fehlten doch bisher noch alle Unterlagen. Das neue Kanal-




Das neue Aanalprojekt
der Bayerischen Staatsregierung und der Arieg
Professor Dr. w, Halbfaß von

n einer früheren Betrachtung (Ur. 50,1916) hatte ich auf die emi¬
nente Bedeutung der besseren Ausnützung der einheimischen Wasser¬
kräfte für die nächste Zukunft Deutschlands nachdrücklichst hin¬
gewiesen und gezeigt, daß sie auch noch für den jetzt tobenden
Weltkrieg ausschlaggebend sein kann neben der vollen Ausnützung
der übrigen wirtschaftlichen und der militärischen Kräfte des Reiches. Ich
möchte in den folgenden Auseinandersetzungen entwickeln, daß das gleiche auch
für die Erweiterung und den Ausbau der deutschen Wasserstraßen gilt.

Eine neuerliche Veranlassung, auf die Entwicklung unserer Wasserstraßen
und ihre Bedeutung für den gegenwärtigen Krieg näher einzugehen, gibt der
soeben vom Bayerischen Landtag angenommene Entwurf „eines Gesetzes betreffend
die Ausarbeitung eines ausführlichen Entwurfes für die Herstellung einer Gro߬
schiffahrtsstraße von Aschaffenburg bis zur Reichsgrenze unterhalb Passau", welcher
weit über die blau-weißen Grenzpfähle hinaus die höchste Beachtung verdient.

Bekanntlich ist gerade in Bayern der Gedanke einer gesteigerten Binnen¬
schiffahrt besonders rege gewesen, einesteils, weil der jetzige bayerische König
schon als Prinz Ludwig sich von jeher dafür interessiert und gearbeitet hatte,
andernteils aber, weil gerade dieser deutsche Bundesstaat am meisten unter
den wirtschaftlichen Veränderungen der Neuzeit leidet, die dem industriell und
kommerziell weit begünstigteren Norden das unbedingte Übergewicht über den
Süden unseres Vaterlandes verschafften.

Das neue Kanalprojekt faßt den Ausbau einer für die Großschiffahrt
geeigneten Verbindung zwischen Main und Donau besonders ins Auge. Der
schon bald achtzig Jahre bestehende Ludwigskanal schafft eine schiffbare Ver¬
bindung beider Flüsse nur in sehr beschränktem Umfang, der den heutigen
Verkehrsverhältnissen in keiner Weise genügt, schon aus dem Grunde, weil
sowohl Main wie Donau bis vor kurzem für die Großschiffahrt nicht geeignet
waren. In dieser Richtung sind zwar in letzter Zeit einige günstige
Änderungen eingetreten, insofern die Kanalisierung des unteren Main bis
Aschaffenburg in nächster Zeit fertig gestellt sein wird und auch für die Schiff-
barmachung der Donau von Regensburg aus abwärts nicht unerhebliche Ver¬
besserungen erfolgt find, aber für eine wirkliche Großschiffahrt für mindestens
1200 Tonnenschiffe fehlten doch bisher noch alle Unterlagen. Das neue Kanal-


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[0293] [Abbildung] Das neue Aanalprojekt der Bayerischen Staatsregierung und der Arieg Professor Dr. w, Halbfaß von n einer früheren Betrachtung (Ur. 50,1916) hatte ich auf die emi¬ nente Bedeutung der besseren Ausnützung der einheimischen Wasser¬ kräfte für die nächste Zukunft Deutschlands nachdrücklichst hin¬ gewiesen und gezeigt, daß sie auch noch für den jetzt tobenden Weltkrieg ausschlaggebend sein kann neben der vollen Ausnützung der übrigen wirtschaftlichen und der militärischen Kräfte des Reiches. Ich möchte in den folgenden Auseinandersetzungen entwickeln, daß das gleiche auch für die Erweiterung und den Ausbau der deutschen Wasserstraßen gilt. Eine neuerliche Veranlassung, auf die Entwicklung unserer Wasserstraßen und ihre Bedeutung für den gegenwärtigen Krieg näher einzugehen, gibt der soeben vom Bayerischen Landtag angenommene Entwurf „eines Gesetzes betreffend die Ausarbeitung eines ausführlichen Entwurfes für die Herstellung einer Gro߬ schiffahrtsstraße von Aschaffenburg bis zur Reichsgrenze unterhalb Passau", welcher weit über die blau-weißen Grenzpfähle hinaus die höchste Beachtung verdient. Bekanntlich ist gerade in Bayern der Gedanke einer gesteigerten Binnen¬ schiffahrt besonders rege gewesen, einesteils, weil der jetzige bayerische König schon als Prinz Ludwig sich von jeher dafür interessiert und gearbeitet hatte, andernteils aber, weil gerade dieser deutsche Bundesstaat am meisten unter den wirtschaftlichen Veränderungen der Neuzeit leidet, die dem industriell und kommerziell weit begünstigteren Norden das unbedingte Übergewicht über den Süden unseres Vaterlandes verschafften. Das neue Kanalprojekt faßt den Ausbau einer für die Großschiffahrt geeigneten Verbindung zwischen Main und Donau besonders ins Auge. Der schon bald achtzig Jahre bestehende Ludwigskanal schafft eine schiffbare Ver¬ bindung beider Flüsse nur in sehr beschränktem Umfang, der den heutigen Verkehrsverhältnissen in keiner Weise genügt, schon aus dem Grunde, weil sowohl Main wie Donau bis vor kurzem für die Großschiffahrt nicht geeignet waren. In dieser Richtung sind zwar in letzter Zeit einige günstige Änderungen eingetreten, insofern die Kanalisierung des unteren Main bis Aschaffenburg in nächster Zeit fertig gestellt sein wird und auch für die Schiff- barmachung der Donau von Regensburg aus abwärts nicht unerhebliche Ver¬ besserungen erfolgt find, aber für eine wirkliche Großschiffahrt für mindestens 1200 Tonnenschiffe fehlten doch bisher noch alle Unterlagen. Das neue Kanal-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/293>, abgerufen am 22.07.2024.