Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Dakorumänische Großmachtspläne

gegen, daß sie den Wiesenbetrieb und damit die Viehhaltung Englands im
geringsten beschränken wollen, sie machen grundsätzlich keinen Unterschied, ob das
erzielte Korn von Menschen oder vom Vieh konsumiert wird und kommen auf diese
Weise den traditionellen englischen Anschauungen über Ernährung entgegen.
Heute bläht der Wind die Segel dieser Reformer, und die Saat, die sie heute
streuen, wird sicherlich nach Beendigung des Krieges aufgehen. Welche Ver¬
änderungen sie in der Weltwirtschaft herbeiführen kann, das möge bei einer
anderen Gelegenheit erörtert werden.

Im vorstehenden wurden nur die großen Richtlinien gezeigt, die sich in
dem Streben nach einer landwirtschaftlichen Neugestaltung Englands bemerkbar
machen; in den Einzelheiten aber blickt man bei Ausgestaltung des Durch¬
führungsplanes aufDeutschland mit seiner straffen landwirtschaftlichen Organisation,
mit seinem Landwirtschaftsamt. seinem landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen
und vor allem -- mit seinem Bauern- und selbstwirtschaftenden Grundbesitzer¬
stand, den man uns so leicht nicht nachahmen kann.




Oakorumänische Großmachtspläne
Dr. Gustav Schober von

M-M^LMumäniens Schöpfung als modernes Staatswesen ist König Karols
Verdienst. Er wollte sein Land zu einer Vormacht an der
! unteren Donau machen. Dort auf der Grenzscheide von Mittel¬
europa und Orient eine Großmacht zu schaffen, war der
sein Leben beherrschende Gedanke, -- ein Gedanke, der in der
Weltgeschichte keineswegs neu ist. Zum ersten Male tritt er uns zur Zeit des
römischen Kaisers Domitian in der Politik des Dakerkönigs Deeebalus ent¬
gegen. Auch er beabsichtigte, auf der Grenzscheide von Kultur und Barbarei
ein mächtiges Staatswesen zu schaffen. Römisch war damals die Kultur des
südlichen Donauufers. Hier umfaßte die römische Provinz Moslem das heutige
Serbien, Bulgarien, die Dobrudscha und die vessarabische Küste. Diesen Kul¬
turstreifen hoffte sich Deeebalus mit seinen Dakerscharen zu erwerben. Damit
hätte sein Reich deu Unterlauf der Donau beherrscht. Es wäre als Großmacht
an der römischen Kulturgrenze konsolidiert gewesen. Die reichen Getreideerträge
der walachischen Ebene wären das wirtschaftliche Zentrum und das nach dem
Vorbild der ersten damaligen Militärmacht Europas vom König erschaffene und
organisierte Heer das militärische Rückgrat der neuen Großmacht geworden.


Dakorumänische Großmachtspläne

gegen, daß sie den Wiesenbetrieb und damit die Viehhaltung Englands im
geringsten beschränken wollen, sie machen grundsätzlich keinen Unterschied, ob das
erzielte Korn von Menschen oder vom Vieh konsumiert wird und kommen auf diese
Weise den traditionellen englischen Anschauungen über Ernährung entgegen.
Heute bläht der Wind die Segel dieser Reformer, und die Saat, die sie heute
streuen, wird sicherlich nach Beendigung des Krieges aufgehen. Welche Ver¬
änderungen sie in der Weltwirtschaft herbeiführen kann, das möge bei einer
anderen Gelegenheit erörtert werden.

Im vorstehenden wurden nur die großen Richtlinien gezeigt, die sich in
dem Streben nach einer landwirtschaftlichen Neugestaltung Englands bemerkbar
machen; in den Einzelheiten aber blickt man bei Ausgestaltung des Durch¬
führungsplanes aufDeutschland mit seiner straffen landwirtschaftlichen Organisation,
mit seinem Landwirtschaftsamt. seinem landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen
und vor allem — mit seinem Bauern- und selbstwirtschaftenden Grundbesitzer¬
stand, den man uns so leicht nicht nachahmen kann.




Oakorumänische Großmachtspläne
Dr. Gustav Schober von

M-M^LMumäniens Schöpfung als modernes Staatswesen ist König Karols
Verdienst. Er wollte sein Land zu einer Vormacht an der
! unteren Donau machen. Dort auf der Grenzscheide von Mittel¬
europa und Orient eine Großmacht zu schaffen, war der
sein Leben beherrschende Gedanke, — ein Gedanke, der in der
Weltgeschichte keineswegs neu ist. Zum ersten Male tritt er uns zur Zeit des
römischen Kaisers Domitian in der Politik des Dakerkönigs Deeebalus ent¬
gegen. Auch er beabsichtigte, auf der Grenzscheide von Kultur und Barbarei
ein mächtiges Staatswesen zu schaffen. Römisch war damals die Kultur des
südlichen Donauufers. Hier umfaßte die römische Provinz Moslem das heutige
Serbien, Bulgarien, die Dobrudscha und die vessarabische Küste. Diesen Kul¬
turstreifen hoffte sich Deeebalus mit seinen Dakerscharen zu erwerben. Damit
hätte sein Reich deu Unterlauf der Donau beherrscht. Es wäre als Großmacht
an der römischen Kulturgrenze konsolidiert gewesen. Die reichen Getreideerträge
der walachischen Ebene wären das wirtschaftliche Zentrum und das nach dem
Vorbild der ersten damaligen Militärmacht Europas vom König erschaffene und
organisierte Heer das militärische Rückgrat der neuen Großmacht geworden.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0228" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/331636"/>
          <fw type="header" place="top"> Dakorumänische Großmachtspläne</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_719" prev="#ID_718"> gegen, daß sie den Wiesenbetrieb und damit die Viehhaltung Englands im<lb/>
geringsten beschränken wollen, sie machen grundsätzlich keinen Unterschied, ob das<lb/>
erzielte Korn von Menschen oder vom Vieh konsumiert wird und kommen auf diese<lb/>
Weise den traditionellen englischen Anschauungen über Ernährung entgegen.<lb/>
Heute bläht der Wind die Segel dieser Reformer, und die Saat, die sie heute<lb/>
streuen, wird sicherlich nach Beendigung des Krieges aufgehen. Welche Ver¬<lb/>
änderungen sie in der Weltwirtschaft herbeiführen kann, das möge bei einer<lb/>
anderen Gelegenheit erörtert werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_720"> Im vorstehenden wurden nur die großen Richtlinien gezeigt, die sich in<lb/>
dem Streben nach einer landwirtschaftlichen Neugestaltung Englands bemerkbar<lb/>
machen; in den Einzelheiten aber blickt man bei Ausgestaltung des Durch¬<lb/>
führungsplanes aufDeutschland mit seiner straffen landwirtschaftlichen Organisation,<lb/>
mit seinem Landwirtschaftsamt. seinem landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen<lb/>
und vor allem &#x2014; mit seinem Bauern- und selbstwirtschaftenden Grundbesitzer¬<lb/>
stand, den man uns so leicht nicht nachahmen kann.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Oakorumänische Großmachtspläne<lb/><note type="byline"> Dr. Gustav Schober</note> von</head><lb/>
          <p xml:id="ID_721" next="#ID_722"> M-M^LMumäniens Schöpfung als modernes Staatswesen ist König Karols<lb/>
Verdienst. Er wollte sein Land zu einer Vormacht an der<lb/>
! unteren Donau machen. Dort auf der Grenzscheide von Mittel¬<lb/>
europa und Orient eine Großmacht zu schaffen, war der<lb/>
sein Leben beherrschende Gedanke, &#x2014; ein Gedanke, der in der<lb/>
Weltgeschichte keineswegs neu ist. Zum ersten Male tritt er uns zur Zeit des<lb/>
römischen Kaisers Domitian in der Politik des Dakerkönigs Deeebalus ent¬<lb/>
gegen. Auch er beabsichtigte, auf der Grenzscheide von Kultur und Barbarei<lb/>
ein mächtiges Staatswesen zu schaffen. Römisch war damals die Kultur des<lb/>
südlichen Donauufers. Hier umfaßte die römische Provinz Moslem das heutige<lb/>
Serbien, Bulgarien, die Dobrudscha und die vessarabische Küste. Diesen Kul¬<lb/>
turstreifen hoffte sich Deeebalus mit seinen Dakerscharen zu erwerben. Damit<lb/>
hätte sein Reich deu Unterlauf der Donau beherrscht. Es wäre als Großmacht<lb/>
an der römischen Kulturgrenze konsolidiert gewesen. Die reichen Getreideerträge<lb/>
der walachischen Ebene wären das wirtschaftliche Zentrum und das nach dem<lb/>
Vorbild der ersten damaligen Militärmacht Europas vom König erschaffene und<lb/>
organisierte Heer das militärische Rückgrat der neuen Großmacht geworden.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0228] Dakorumänische Großmachtspläne gegen, daß sie den Wiesenbetrieb und damit die Viehhaltung Englands im geringsten beschränken wollen, sie machen grundsätzlich keinen Unterschied, ob das erzielte Korn von Menschen oder vom Vieh konsumiert wird und kommen auf diese Weise den traditionellen englischen Anschauungen über Ernährung entgegen. Heute bläht der Wind die Segel dieser Reformer, und die Saat, die sie heute streuen, wird sicherlich nach Beendigung des Krieges aufgehen. Welche Ver¬ änderungen sie in der Weltwirtschaft herbeiführen kann, das möge bei einer anderen Gelegenheit erörtert werden. Im vorstehenden wurden nur die großen Richtlinien gezeigt, die sich in dem Streben nach einer landwirtschaftlichen Neugestaltung Englands bemerkbar machen; in den Einzelheiten aber blickt man bei Ausgestaltung des Durch¬ führungsplanes aufDeutschland mit seiner straffen landwirtschaftlichen Organisation, mit seinem Landwirtschaftsamt. seinem landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen und vor allem — mit seinem Bauern- und selbstwirtschaftenden Grundbesitzer¬ stand, den man uns so leicht nicht nachahmen kann. Oakorumänische Großmachtspläne Dr. Gustav Schober von M-M^LMumäniens Schöpfung als modernes Staatswesen ist König Karols Verdienst. Er wollte sein Land zu einer Vormacht an der ! unteren Donau machen. Dort auf der Grenzscheide von Mittel¬ europa und Orient eine Großmacht zu schaffen, war der sein Leben beherrschende Gedanke, — ein Gedanke, der in der Weltgeschichte keineswegs neu ist. Zum ersten Male tritt er uns zur Zeit des römischen Kaisers Domitian in der Politik des Dakerkönigs Deeebalus ent¬ gegen. Auch er beabsichtigte, auf der Grenzscheide von Kultur und Barbarei ein mächtiges Staatswesen zu schaffen. Römisch war damals die Kultur des südlichen Donauufers. Hier umfaßte die römische Provinz Moslem das heutige Serbien, Bulgarien, die Dobrudscha und die vessarabische Küste. Diesen Kul¬ turstreifen hoffte sich Deeebalus mit seinen Dakerscharen zu erwerben. Damit hätte sein Reich deu Unterlauf der Donau beherrscht. Es wäre als Großmacht an der römischen Kulturgrenze konsolidiert gewesen. Die reichen Getreideerträge der walachischen Ebene wären das wirtschaftliche Zentrum und das nach dem Vorbild der ersten damaligen Militärmacht Europas vom König erschaffene und organisierte Heer das militärische Rückgrat der neuen Großmacht geworden.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/228
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/228>, abgerufen am 22.07.2024.