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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Fürst Bismarck und der Aurfürstendamm

>s ist bekannt, wie sehr Fürst Bismarck sich persönlich für die
^Gestaltung der großen Straße, die die Hauptstadt mit dem
^Grünewald verbindet, interessiert hat. Nur ein Teil der amt¬
lichen Korrespondenz über diese Frage ist bisher veröffentlicht
! worden. In dem Nachlaß des vor ewigen Jahren verstorbenen
Ritters von Poschinger finden sich einige Schriftstücke vor, die bisher nicht
bekannt geworden sind, wenigstens nicht vollständig. Der Gegenstand scheint
für die Betrachtung der weitreichenden Wirksamkeit des großen Kanzlers
bedeutsam genug, um auch diese Schriftstücke der Öffentlichkeit zu übergeben.
Fürst Bismarck hat sie mit eigener Hand als für diese bestimmt bezeichnet.

Am 18. Mai 1368 richtete Graf Bismarck an König Wilhelm einen Bericht,
dessen auf obige Frage bezüglicher Teil wie folgt lautet:

"Meinem Dafürhalten nach wären folgende neue Reitwege besonders
wünschenswert:
1. Längs der Promenade an der Tiergartenstraße von der Bellevue-
straße bis zum Hofjäger. Es dürfte hierbei kaum nötig sein, gute Bäume
zu opfern, da dieselben gewandten Reitern kein Hindernis bieten.
2. Ein Reitweg durch die, sogenannten neuen Anlagen jenseit Bellevue
bis zum Schiffahrtskanal, da bisher der Teil des Tiergartens zwischen
Bellevue, dem Charlottenburger Chausseehause und dem Schiffahrtskanal nicht
einmal längs der Charlottenburger Chaussee einen durchgehenden Reitweg
enthalt.

3. Eine direktere Verbindung zwischen dem Tiergarten und dem Grüne-
wald, in der Verlängerung des Kurfürstendamms direkt nach dem Walde
und durch Anlage eines teilweise vorhandenen Weges vom Knie in Char¬
lottenburg südlich von Charlottenburg nach Witzleben, resp, dem Unterförster.
Der Kurfürstendamm führt bisher nur bis zum Eharlottenburg-Wilmersdorfer
Wege und ist der einzige weiche Weg dorthin.

Es besteht die leidige Gewohnheit, auf allen Landwegen im Weichbilde
von Berlin und sogar auf den Reitwegen innerhalb des Tiergartens ganze
Ladungen Scherben, selbst Glas und Porzellan und Rollsteine hinzuwerfen.
Eine Polizeiverordnung, welche diesen für die Hufe der Pferde so gefähr¬
lichen Unfug verböte und den reitenden Schutzmannpatrouillen die Aufsicht
hierüber zur Pflicht machte, würde als wesentliche Verbesserung allseitig
anerkannt werden."




Fürst Bismarck und der Aurfürstendamm

>s ist bekannt, wie sehr Fürst Bismarck sich persönlich für die
^Gestaltung der großen Straße, die die Hauptstadt mit dem
^Grünewald verbindet, interessiert hat. Nur ein Teil der amt¬
lichen Korrespondenz über diese Frage ist bisher veröffentlicht
! worden. In dem Nachlaß des vor ewigen Jahren verstorbenen
Ritters von Poschinger finden sich einige Schriftstücke vor, die bisher nicht
bekannt geworden sind, wenigstens nicht vollständig. Der Gegenstand scheint
für die Betrachtung der weitreichenden Wirksamkeit des großen Kanzlers
bedeutsam genug, um auch diese Schriftstücke der Öffentlichkeit zu übergeben.
Fürst Bismarck hat sie mit eigener Hand als für diese bestimmt bezeichnet.

Am 18. Mai 1368 richtete Graf Bismarck an König Wilhelm einen Bericht,
dessen auf obige Frage bezüglicher Teil wie folgt lautet:

„Meinem Dafürhalten nach wären folgende neue Reitwege besonders
wünschenswert:
1. Längs der Promenade an der Tiergartenstraße von der Bellevue-
straße bis zum Hofjäger. Es dürfte hierbei kaum nötig sein, gute Bäume
zu opfern, da dieselben gewandten Reitern kein Hindernis bieten.
2. Ein Reitweg durch die, sogenannten neuen Anlagen jenseit Bellevue
bis zum Schiffahrtskanal, da bisher der Teil des Tiergartens zwischen
Bellevue, dem Charlottenburger Chausseehause und dem Schiffahrtskanal nicht
einmal längs der Charlottenburger Chaussee einen durchgehenden Reitweg
enthalt.

3. Eine direktere Verbindung zwischen dem Tiergarten und dem Grüne-
wald, in der Verlängerung des Kurfürstendamms direkt nach dem Walde
und durch Anlage eines teilweise vorhandenen Weges vom Knie in Char¬
lottenburg südlich von Charlottenburg nach Witzleben, resp, dem Unterförster.
Der Kurfürstendamm führt bisher nur bis zum Eharlottenburg-Wilmersdorfer
Wege und ist der einzige weiche Weg dorthin.

Es besteht die leidige Gewohnheit, auf allen Landwegen im Weichbilde
von Berlin und sogar auf den Reitwegen innerhalb des Tiergartens ganze
Ladungen Scherben, selbst Glas und Porzellan und Rollsteine hinzuwerfen.
Eine Polizeiverordnung, welche diesen für die Hufe der Pferde so gefähr¬
lichen Unfug verböte und den reitenden Schutzmannpatrouillen die Aufsicht
hierüber zur Pflicht machte, würde als wesentliche Verbesserung allseitig
anerkannt werden."


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[0196] [Abbildung] Fürst Bismarck und der Aurfürstendamm >s ist bekannt, wie sehr Fürst Bismarck sich persönlich für die ^Gestaltung der großen Straße, die die Hauptstadt mit dem ^Grünewald verbindet, interessiert hat. Nur ein Teil der amt¬ lichen Korrespondenz über diese Frage ist bisher veröffentlicht ! worden. In dem Nachlaß des vor ewigen Jahren verstorbenen Ritters von Poschinger finden sich einige Schriftstücke vor, die bisher nicht bekannt geworden sind, wenigstens nicht vollständig. Der Gegenstand scheint für die Betrachtung der weitreichenden Wirksamkeit des großen Kanzlers bedeutsam genug, um auch diese Schriftstücke der Öffentlichkeit zu übergeben. Fürst Bismarck hat sie mit eigener Hand als für diese bestimmt bezeichnet. Am 18. Mai 1368 richtete Graf Bismarck an König Wilhelm einen Bericht, dessen auf obige Frage bezüglicher Teil wie folgt lautet: „Meinem Dafürhalten nach wären folgende neue Reitwege besonders wünschenswert: 1. Längs der Promenade an der Tiergartenstraße von der Bellevue- straße bis zum Hofjäger. Es dürfte hierbei kaum nötig sein, gute Bäume zu opfern, da dieselben gewandten Reitern kein Hindernis bieten. 2. Ein Reitweg durch die, sogenannten neuen Anlagen jenseit Bellevue bis zum Schiffahrtskanal, da bisher der Teil des Tiergartens zwischen Bellevue, dem Charlottenburger Chausseehause und dem Schiffahrtskanal nicht einmal längs der Charlottenburger Chaussee einen durchgehenden Reitweg enthalt. 3. Eine direktere Verbindung zwischen dem Tiergarten und dem Grüne- wald, in der Verlängerung des Kurfürstendamms direkt nach dem Walde und durch Anlage eines teilweise vorhandenen Weges vom Knie in Char¬ lottenburg südlich von Charlottenburg nach Witzleben, resp, dem Unterförster. Der Kurfürstendamm führt bisher nur bis zum Eharlottenburg-Wilmersdorfer Wege und ist der einzige weiche Weg dorthin. Es besteht die leidige Gewohnheit, auf allen Landwegen im Weichbilde von Berlin und sogar auf den Reitwegen innerhalb des Tiergartens ganze Ladungen Scherben, selbst Glas und Porzellan und Rollsteine hinzuwerfen. Eine Polizeiverordnung, welche diesen für die Hufe der Pferde so gefähr¬ lichen Unfug verböte und den reitenden Schutzmannpatrouillen die Aufsicht hierüber zur Pflicht machte, würde als wesentliche Verbesserung allseitig anerkannt werden."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/196>, abgerufen am 23.07.2024.