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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Das Buch des Fürsten von Bülow
Professor ZVittscherosky von

!an wird getrost sagen dürfen: das Buch des Fürsten von
Bülow, denn des Fürsten Signatur in der deutschen Literatur
wird dauernd an dem Buche "Deutsche Politik" haften.*) Der
Vorläufer des jetzt vorliegenden selbständigen Werkes gab sich
als erstes Stück des vor etwa zwei Jahren erschienenen Sammel¬
bandes "Deutschland unter Kaiser Wilhelm dem Zweiten". Obgleich damals,
der Zeit nach gerechnet, der Weltkrieg nahe bevorstand, war in den politischen
Auslassungen des fürstlichen Verfassers von Befürchtungen einer aufziehenden
Katastrophe doch nichts zu spüren. Er war. im Gegenteil, von einem gewissen
heiteren Optimismus in Ansehung der politischen Zukunftsentwicklung Deutsch¬
lands erfüllt. Zwar war wahrheitsgemäß festzustellen, daß während der Amts¬
periode des Reichskanzlers Fürsten von Bülow unheilschwangere Wetterwolken
wiederholt den politischen Horizont des Deatschen Reichs umlagert hatten, ihrer
Entladung war jedoch immer wieder vorgebeugt worden -- was vom Fürsten
Bülow der deutschen Diplomatie als beträchtliches Verdienst zugerechnet wird.
Er führt gelegentlich aus, daß Kriegswolken wohl zum Bilde des politischen
Himmels gehören, die Zahl derer aber, die sich entladen, sei ungleich geringer
als die Zahl der Wolken, die sich verziehen. Daher sei es nicht angängig,
aus einer starken Umwölkung zu folgern, daß eine Kriegsgefahr unabwendbar
sei. oder gar anzuraten, das Schwert zu ergreifen, um den Gegnern zuvor¬
zukommen. Man könne eben nie im voraus wissen, ob nicht nach Besänftigung
der hochgehenden Wogen wiederum ruhige Fahrt für längere Zeit sich darbiete.

Zu dieser beruhigenden Erwägung im allgemeinen, daß das deutsche
Staatsschiff schwerlich einem Orkan entgegensteuere, konnte vom Fürsten von



*) Verlag von Reimar Hobbing in Berlin. 1916. Preis in Leinen geb. 7 Mark; in
Halbleder 10 Mark; in Ganzleder 24 Mark.
Grenzboten III 1916 11


Das Buch des Fürsten von Bülow
Professor ZVittscherosky von

!an wird getrost sagen dürfen: das Buch des Fürsten von
Bülow, denn des Fürsten Signatur in der deutschen Literatur
wird dauernd an dem Buche „Deutsche Politik" haften.*) Der
Vorläufer des jetzt vorliegenden selbständigen Werkes gab sich
als erstes Stück des vor etwa zwei Jahren erschienenen Sammel¬
bandes „Deutschland unter Kaiser Wilhelm dem Zweiten". Obgleich damals,
der Zeit nach gerechnet, der Weltkrieg nahe bevorstand, war in den politischen
Auslassungen des fürstlichen Verfassers von Befürchtungen einer aufziehenden
Katastrophe doch nichts zu spüren. Er war. im Gegenteil, von einem gewissen
heiteren Optimismus in Ansehung der politischen Zukunftsentwicklung Deutsch¬
lands erfüllt. Zwar war wahrheitsgemäß festzustellen, daß während der Amts¬
periode des Reichskanzlers Fürsten von Bülow unheilschwangere Wetterwolken
wiederholt den politischen Horizont des Deatschen Reichs umlagert hatten, ihrer
Entladung war jedoch immer wieder vorgebeugt worden — was vom Fürsten
Bülow der deutschen Diplomatie als beträchtliches Verdienst zugerechnet wird.
Er führt gelegentlich aus, daß Kriegswolken wohl zum Bilde des politischen
Himmels gehören, die Zahl derer aber, die sich entladen, sei ungleich geringer
als die Zahl der Wolken, die sich verziehen. Daher sei es nicht angängig,
aus einer starken Umwölkung zu folgern, daß eine Kriegsgefahr unabwendbar
sei. oder gar anzuraten, das Schwert zu ergreifen, um den Gegnern zuvor¬
zukommen. Man könne eben nie im voraus wissen, ob nicht nach Besänftigung
der hochgehenden Wogen wiederum ruhige Fahrt für längere Zeit sich darbiete.

Zu dieser beruhigenden Erwägung im allgemeinen, daß das deutsche
Staatsschiff schwerlich einem Orkan entgegensteuere, konnte vom Fürsten von



*) Verlag von Reimar Hobbing in Berlin. 1916. Preis in Leinen geb. 7 Mark; in
Halbleder 10 Mark; in Ganzleder 24 Mark.
Grenzboten III 1916 11
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[0173] [Abbildung] Das Buch des Fürsten von Bülow Professor ZVittscherosky von !an wird getrost sagen dürfen: das Buch des Fürsten von Bülow, denn des Fürsten Signatur in der deutschen Literatur wird dauernd an dem Buche „Deutsche Politik" haften.*) Der Vorläufer des jetzt vorliegenden selbständigen Werkes gab sich als erstes Stück des vor etwa zwei Jahren erschienenen Sammel¬ bandes „Deutschland unter Kaiser Wilhelm dem Zweiten". Obgleich damals, der Zeit nach gerechnet, der Weltkrieg nahe bevorstand, war in den politischen Auslassungen des fürstlichen Verfassers von Befürchtungen einer aufziehenden Katastrophe doch nichts zu spüren. Er war. im Gegenteil, von einem gewissen heiteren Optimismus in Ansehung der politischen Zukunftsentwicklung Deutsch¬ lands erfüllt. Zwar war wahrheitsgemäß festzustellen, daß während der Amts¬ periode des Reichskanzlers Fürsten von Bülow unheilschwangere Wetterwolken wiederholt den politischen Horizont des Deatschen Reichs umlagert hatten, ihrer Entladung war jedoch immer wieder vorgebeugt worden — was vom Fürsten Bülow der deutschen Diplomatie als beträchtliches Verdienst zugerechnet wird. Er führt gelegentlich aus, daß Kriegswolken wohl zum Bilde des politischen Himmels gehören, die Zahl derer aber, die sich entladen, sei ungleich geringer als die Zahl der Wolken, die sich verziehen. Daher sei es nicht angängig, aus einer starken Umwölkung zu folgern, daß eine Kriegsgefahr unabwendbar sei. oder gar anzuraten, das Schwert zu ergreifen, um den Gegnern zuvor¬ zukommen. Man könne eben nie im voraus wissen, ob nicht nach Besänftigung der hochgehenden Wogen wiederum ruhige Fahrt für längere Zeit sich darbiete. Zu dieser beruhigenden Erwägung im allgemeinen, daß das deutsche Staatsschiff schwerlich einem Orkan entgegensteuere, konnte vom Fürsten von *) Verlag von Reimar Hobbing in Berlin. 1916. Preis in Leinen geb. 7 Mark; in Halbleder 10 Mark; in Ganzleder 24 Mark. Grenzboten III 1916 11

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/173>, abgerufen am 22.07.2024.