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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Zur Seeschlacht am Skagerrak

Als aber Kronprinz Albert, der an der Spitze des sächsischen Armeekorps nach
Frankreich gezogen war, wegen der von ihm bewiesenen Feldherrngaben, die
Führung der ganzen Maasarmee erhielt, da zog auch in die sächsischen Herzen
Siegeszuversicht ein, und als dann dieser deutsche Held, der Mitbesteger des
Erzfeindes und Mitbegründer des neuen Deutschen Reiches, 1873 den Thron
seiner Väter bestieg, da jubelte ihm das ganze sächsische Volk zu. Bald legte
es ihm die Worte in den Mund, die er zu einem partikularistisch gesinnten
Adligen gesagt haben sollte: "Sie sind konservativer als der König von
Sachsen." Und als 1876 auf der Parade bei Bohlen der Heldenkaiser und
der Heidenkönig gemeinsam an der Front des sächsischen Armeekorps dahin-
sprengten und darauf Kaiser Wilhelm von Bismarck und Moltke umgeben in
Leipzigs Mauern einzog, da verkündete der brausende Jubel der versammelten
Volksmenge, daß jetzt die Treue zu Kaiser und Reich in Sachsen fest ein¬
gewurzelt war.




Zur Seeschlacht am skagerrak
Hartwig Schubart von

le Seeschlacht am Skagerrak bildet einen Wendepunkt in der
Geschichte des Weltkrieges, sie bedeutet den Eintritt in die Schlu߬
periode des Riesenkampfes, der Europas Lebenskraft so lange
schon zerstört. Um sie würdigen zu können, darf man sich nicht
nur an den Augenblickserfolg halten, fondern muß denselben im
Zusammenhang bettachten. Mag man in bezug auf die Schlacht selber noch
so zurückhaltend im Urteil bleiben, wie dies auch seitens einiger Neutraler der
Fall ist, mag man sogar der Äußerung englischer Blätter beistimmen, daß die
erlittenen Verluste an der englischen Flotteuübermacht nichts geändert haben --
die symptomatische Bedeutung dieser Schlacht bleibt unverändert bestehen.

Die Vernichtung der deutschen Flotte war das Ziel, auf welches England
seit Jahren hinarbeitete, für welches England den jetzigen Krieg herbeigeführt
hat, zu dessen Erreichung jetzt Frankreich und Rußland ihre Volkskraft in
englischem Interesse opfern. Aber dies Ziel sollte auf echt englische Weise
erreicht werden, nämlich ohne größere eigene Opfer. Und darauf war der
englische Kriegsplan zugeschnitten.

Schon im Jahre 1910 kam dieser Plan zu öffentlicher Kenntnis in Eng¬
land, bei Gelegenheit von Erweiterungsbauten von Rohres und Seapa-Flow,
sowie weiteren Aufbaus des Forth and Clyde-Canals. Schon damals stand


Zur Seeschlacht am Skagerrak

Als aber Kronprinz Albert, der an der Spitze des sächsischen Armeekorps nach
Frankreich gezogen war, wegen der von ihm bewiesenen Feldherrngaben, die
Führung der ganzen Maasarmee erhielt, da zog auch in die sächsischen Herzen
Siegeszuversicht ein, und als dann dieser deutsche Held, der Mitbesteger des
Erzfeindes und Mitbegründer des neuen Deutschen Reiches, 1873 den Thron
seiner Väter bestieg, da jubelte ihm das ganze sächsische Volk zu. Bald legte
es ihm die Worte in den Mund, die er zu einem partikularistisch gesinnten
Adligen gesagt haben sollte: „Sie sind konservativer als der König von
Sachsen." Und als 1876 auf der Parade bei Bohlen der Heldenkaiser und
der Heidenkönig gemeinsam an der Front des sächsischen Armeekorps dahin-
sprengten und darauf Kaiser Wilhelm von Bismarck und Moltke umgeben in
Leipzigs Mauern einzog, da verkündete der brausende Jubel der versammelten
Volksmenge, daß jetzt die Treue zu Kaiser und Reich in Sachsen fest ein¬
gewurzelt war.




Zur Seeschlacht am skagerrak
Hartwig Schubart von

le Seeschlacht am Skagerrak bildet einen Wendepunkt in der
Geschichte des Weltkrieges, sie bedeutet den Eintritt in die Schlu߬
periode des Riesenkampfes, der Europas Lebenskraft so lange
schon zerstört. Um sie würdigen zu können, darf man sich nicht
nur an den Augenblickserfolg halten, fondern muß denselben im
Zusammenhang bettachten. Mag man in bezug auf die Schlacht selber noch
so zurückhaltend im Urteil bleiben, wie dies auch seitens einiger Neutraler der
Fall ist, mag man sogar der Äußerung englischer Blätter beistimmen, daß die
erlittenen Verluste an der englischen Flotteuübermacht nichts geändert haben —
die symptomatische Bedeutung dieser Schlacht bleibt unverändert bestehen.

Die Vernichtung der deutschen Flotte war das Ziel, auf welches England
seit Jahren hinarbeitete, für welches England den jetzigen Krieg herbeigeführt
hat, zu dessen Erreichung jetzt Frankreich und Rußland ihre Volkskraft in
englischem Interesse opfern. Aber dies Ziel sollte auf echt englische Weise
erreicht werden, nämlich ohne größere eigene Opfer. Und darauf war der
englische Kriegsplan zugeschnitten.

Schon im Jahre 1910 kam dieser Plan zu öffentlicher Kenntnis in Eng¬
land, bei Gelegenheit von Erweiterungsbauten von Rohres und Seapa-Flow,
sowie weiteren Aufbaus des Forth and Clyde-Canals. Schon damals stand


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[0355] Zur Seeschlacht am Skagerrak Als aber Kronprinz Albert, der an der Spitze des sächsischen Armeekorps nach Frankreich gezogen war, wegen der von ihm bewiesenen Feldherrngaben, die Führung der ganzen Maasarmee erhielt, da zog auch in die sächsischen Herzen Siegeszuversicht ein, und als dann dieser deutsche Held, der Mitbesteger des Erzfeindes und Mitbegründer des neuen Deutschen Reiches, 1873 den Thron seiner Väter bestieg, da jubelte ihm das ganze sächsische Volk zu. Bald legte es ihm die Worte in den Mund, die er zu einem partikularistisch gesinnten Adligen gesagt haben sollte: „Sie sind konservativer als der König von Sachsen." Und als 1876 auf der Parade bei Bohlen der Heldenkaiser und der Heidenkönig gemeinsam an der Front des sächsischen Armeekorps dahin- sprengten und darauf Kaiser Wilhelm von Bismarck und Moltke umgeben in Leipzigs Mauern einzog, da verkündete der brausende Jubel der versammelten Volksmenge, daß jetzt die Treue zu Kaiser und Reich in Sachsen fest ein¬ gewurzelt war. Zur Seeschlacht am skagerrak Hartwig Schubart von le Seeschlacht am Skagerrak bildet einen Wendepunkt in der Geschichte des Weltkrieges, sie bedeutet den Eintritt in die Schlu߬ periode des Riesenkampfes, der Europas Lebenskraft so lange schon zerstört. Um sie würdigen zu können, darf man sich nicht nur an den Augenblickserfolg halten, fondern muß denselben im Zusammenhang bettachten. Mag man in bezug auf die Schlacht selber noch so zurückhaltend im Urteil bleiben, wie dies auch seitens einiger Neutraler der Fall ist, mag man sogar der Äußerung englischer Blätter beistimmen, daß die erlittenen Verluste an der englischen Flotteuübermacht nichts geändert haben — die symptomatische Bedeutung dieser Schlacht bleibt unverändert bestehen. Die Vernichtung der deutschen Flotte war das Ziel, auf welches England seit Jahren hinarbeitete, für welches England den jetzigen Krieg herbeigeführt hat, zu dessen Erreichung jetzt Frankreich und Rußland ihre Volkskraft in englischem Interesse opfern. Aber dies Ziel sollte auf echt englische Weise erreicht werden, nämlich ohne größere eigene Opfer. Und darauf war der englische Kriegsplan zugeschnitten. Schon im Jahre 1910 kam dieser Plan zu öffentlicher Kenntnis in Eng¬ land, bei Gelegenheit von Erweiterungsbauten von Rohres und Seapa-Flow, sowie weiteren Aufbaus des Forth and Clyde-Canals. Schon damals stand

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/355>, abgerufen am 27.07.2024.