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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.

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Deutscher Nachrichtendienst
V. Sperber von

eher die Begründung eines eigenen, vom Auslande unabhängigen,
Nachrichtendienstes für Deutschland wird heute in den ver¬
schiedensten Kreisen hin und her beraten. Dabei tritt besonders
hervor, daß die Hauptinteressenten in der Angelegenheit noch
immer getrennte Wege marschieren, so daß dadurch viel Energie,
Geld und Kenntnisse in bedauerlicher und schädlicher Weise zer¬
splittert werden. Vorläufig haben alle diese Kreise erfahren müssen, daß die
Begründung eines leistungsfähigen Nachrichtendienstes für Deutschland nicht so
leicht und einfach ist, wie von vielen Seiten anfänglich angenommen wurde.
Zum Ziele wird man überhaupt nur dann gelangen, wenn sich alle diese
Kreise zusammenschließen und eine Zentralorganisation schaffen.

Um ein solches Nachrichtenwesen von Grund auf in gediegener Weise aus¬
zubauen, müssen zunächst in Deutschland selbst günstigere Vorbedingungen ge¬
schaffen werden, als zurzeit vorhanden sind. Allgemein hat man sich in
Deutschland immer gewundert, daß die Auslandspresse über Frankreich, Eng¬
land und auch Amerika ausführlichere Nachrichten bringt als über Deutschland.
Die Veranlassung dazu geben die in Deutschland gültigen Telegramm- und
Kabelgebühren, die erheblich höher find als die des konkurrierenden Auslandes.
Vielfach bestehen Preßraten überhaupt nicht und beweist allein dieser Umstand
dem Kundigen schon, daß die Presse und der Nachrichtendienst in Deutschland
bisher als nebensächlich betrachtet wurden. Die unvorteilhAften Raten Deutsch¬
lands sür die Presse, im Vergleiche mit denen anderer Länder, lassen sich aus
den nachstehenden Tabellen klar ersehen:

I. Nordamerika:
Englische Rate Franz. Rate Deutsche Rate
M. M. M.
Vereinigte Staaten........ 0,30--0,66 0,41-0.67 0,55--0,60
Canada............ 0,30-0,56 0,41--0,67 0,55--0,60
!I, Südamerika:
Argentinien........... 1,34 1,33 1,40
Bolivien............ IM 1,40 1,63
--
Brasilien............ !M --
Chile............. IM 1.40 1,53
Columbien........... 1.84 1,40 --
Ecuador............ IM 1,40 --
Paraguay............ 1.25 1.33 1,63
Peru............. 1.34 1,40 1.63
Uruguay............ 1.M 1,33 1.60
--
Venezuela........... 2.61 2,68



Deutscher Nachrichtendienst
V. Sperber von

eher die Begründung eines eigenen, vom Auslande unabhängigen,
Nachrichtendienstes für Deutschland wird heute in den ver¬
schiedensten Kreisen hin und her beraten. Dabei tritt besonders
hervor, daß die Hauptinteressenten in der Angelegenheit noch
immer getrennte Wege marschieren, so daß dadurch viel Energie,
Geld und Kenntnisse in bedauerlicher und schädlicher Weise zer¬
splittert werden. Vorläufig haben alle diese Kreise erfahren müssen, daß die
Begründung eines leistungsfähigen Nachrichtendienstes für Deutschland nicht so
leicht und einfach ist, wie von vielen Seiten anfänglich angenommen wurde.
Zum Ziele wird man überhaupt nur dann gelangen, wenn sich alle diese
Kreise zusammenschließen und eine Zentralorganisation schaffen.

Um ein solches Nachrichtenwesen von Grund auf in gediegener Weise aus¬
zubauen, müssen zunächst in Deutschland selbst günstigere Vorbedingungen ge¬
schaffen werden, als zurzeit vorhanden sind. Allgemein hat man sich in
Deutschland immer gewundert, daß die Auslandspresse über Frankreich, Eng¬
land und auch Amerika ausführlichere Nachrichten bringt als über Deutschland.
Die Veranlassung dazu geben die in Deutschland gültigen Telegramm- und
Kabelgebühren, die erheblich höher find als die des konkurrierenden Auslandes.
Vielfach bestehen Preßraten überhaupt nicht und beweist allein dieser Umstand
dem Kundigen schon, daß die Presse und der Nachrichtendienst in Deutschland
bisher als nebensächlich betrachtet wurden. Die unvorteilhAften Raten Deutsch¬
lands sür die Presse, im Vergleiche mit denen anderer Länder, lassen sich aus
den nachstehenden Tabellen klar ersehen:

I. Nordamerika:
Englische Rate Franz. Rate Deutsche Rate
M. M. M.
Vereinigte Staaten........ 0,30—0,66 0,41-0.67 0,55—0,60
Canada............ 0,30-0,56 0,41—0,67 0,55—0,60
!I, Südamerika:
Argentinien........... 1,34 1,33 1,40
Bolivien............ IM 1,40 1,63
Brasilien............ !M —
Chile............. IM 1.40 1,53
Columbien........... 1.84 1,40 —
Ecuador............ IM 1,40 —
Paraguay............ 1.25 1.33 1,63
Peru............. 1.34 1,40 1.63
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[0090] [Abbildung] Deutscher Nachrichtendienst V. Sperber von eher die Begründung eines eigenen, vom Auslande unabhängigen, Nachrichtendienstes für Deutschland wird heute in den ver¬ schiedensten Kreisen hin und her beraten. Dabei tritt besonders hervor, daß die Hauptinteressenten in der Angelegenheit noch immer getrennte Wege marschieren, so daß dadurch viel Energie, Geld und Kenntnisse in bedauerlicher und schädlicher Weise zer¬ splittert werden. Vorläufig haben alle diese Kreise erfahren müssen, daß die Begründung eines leistungsfähigen Nachrichtendienstes für Deutschland nicht so leicht und einfach ist, wie von vielen Seiten anfänglich angenommen wurde. Zum Ziele wird man überhaupt nur dann gelangen, wenn sich alle diese Kreise zusammenschließen und eine Zentralorganisation schaffen. Um ein solches Nachrichtenwesen von Grund auf in gediegener Weise aus¬ zubauen, müssen zunächst in Deutschland selbst günstigere Vorbedingungen ge¬ schaffen werden, als zurzeit vorhanden sind. Allgemein hat man sich in Deutschland immer gewundert, daß die Auslandspresse über Frankreich, Eng¬ land und auch Amerika ausführlichere Nachrichten bringt als über Deutschland. Die Veranlassung dazu geben die in Deutschland gültigen Telegramm- und Kabelgebühren, die erheblich höher find als die des konkurrierenden Auslandes. Vielfach bestehen Preßraten überhaupt nicht und beweist allein dieser Umstand dem Kundigen schon, daß die Presse und der Nachrichtendienst in Deutschland bisher als nebensächlich betrachtet wurden. Die unvorteilhAften Raten Deutsch¬ lands sür die Presse, im Vergleiche mit denen anderer Länder, lassen sich aus den nachstehenden Tabellen klar ersehen: I. Nordamerika: Englische Rate Franz. Rate Deutsche Rate M. M. M. Vereinigte Staaten........ 0,30—0,66 0,41-0.67 0,55—0,60 Canada............ 0,30-0,56 0,41—0,67 0,55—0,60 !I, Südamerika: Argentinien........... 1,34 1,33 1,40 Bolivien............ IM 1,40 1,63 — Brasilien............ !M — Chile............. IM 1.40 1,53 Columbien........... 1.84 1,40 — Ecuador............ IM 1,40 — Paraguay............ 1.25 1.33 1,63 Peru............. 1.34 1,40 1.63 Uruguay............ 1.M 1,33 1.60 — Venezuela........... 2.61 2,68

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_324408/90>, abgerufen am 22.07.2024.