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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

dieser Schluß richtig -- und er läßt sich durch
bekannte Beispiele belegen --, so liegt eS in
dem wohlverstandenen Interesse von Holland,
Dänemark, Schweden, Norwegen, sowie der
Schweiz, mehr aber noch von Belgien, --
wenn der Zeitpunkt nicht verpaßt sein sollte,
-- sich zu einem dauernden Schutz- und
Trutzbündnis mit dem Deutschen Reiche zu
vereinigen.

Die Errichtung eines Staatenbundes zu
dem Zwecke wird, wie betont werden soll,
nicht nur zum Besten der bezeichneten
Staaten empfohlen. Auch für Deutschland
würde damit ein bedeutender Machtzuwachs
verbunden fein. Die Vorteile liegen auf
beiden Seiten, wie dies bei einem auf natür¬
licher, gesunder Grundlage ruhenden Bündnis
stets der Fall sein muß. Es ist auch zuzu¬
geben, daß die Errichtung eines Staaten-
bundes für seine Mitglieder in Hinsicht auf
ihre Handlungsfreiheit Opfer mit sich bringt.
Das liegt in der Natur der Dinge, in dem
Begriff der Vereinigung. Die großen
Millionenunternehmungen auf dem Gebiete
der Industrie und des Handels in allen fünf
Erdteilen wissen sehr Wohl, warum sie sich
trotz ihrer Größe zusammenschließen, und
warum sie den gemeinsamen Interessen so
bedeutende Opfer bringen, die nicht etwa nur
in Geld bestehen. Ohne Pflichten keine Rechte.
Ohne Unterordnung unter den Zweck der
Gemeinschaft ist das Ziel der Gemeinschaft
nicht zu erreichen. Ein Staatenbund, der
ohne die ihm jetzt zur Verfügung stehenden
Kolonien nahezu hundert Millionen Menschen
umfaßt, der vom Nordkap bis zum Se.
Gotthardt reicht, der den größten Militärstaat
Europas als Kern umschließt, wird im
Frieden wie im Kriege eine ausschlaggebende
Machtstellung einnehmen, und das um so
mehr, als damit zu rechnen ist, daß auch
mit Osterreich - Ungarn zum Schutze der ge¬
meinsamen Interessen ein neuer Bund ge¬
schlossen wird. Die Kraft und das Ansehen
dieses mit eisernen Klammern zusammen¬
gehaltenen Staatenbundes kommt mit Not¬
wendigkeit- allen seinen Mitgliedern zugute.
Ob nicht noch dauernde materielle Vorteile,
etwa auf dem Gebiete des Zollwesens, für
die Gesamtheit erzielt werden können, das mag
einer späteren Betrachtung vorbehalten werden.

[Spaltenumbruch]

Vielleicht erscheint es verfrüht, jetzt schon
solche Möglichkeiten ins Auge zu fassen.
Wem es aber nicht vergönnt ist, an dem
großen Kampf unmittelbar teilzunehmen,
dem schweifen leicht über Blut und Eisen der
Gegenwart hinweg die Gedanken in die Zu¬
kunft, da wieder Friede ins Land zieht.
Daß dieser Friede ein ruhmreicher sein wird,
daß an: letzten Ende unsere Waffen siegreich
bleiben, das ist Wohl mehr als eine deutsche
Hoffnung. Auf dieser Annahme ruht der
Plan, der oben in leichten Umrissen dar¬
gestellt ist. Er wird bekämpft und verspottet
werden. Gelingt eS aber, ihn zu verwirk¬
lichen, so wird der neue Staatenbund, eben¬
bürtig der Schöpfung des Deutschen Reiches,
zu einer Quelle der Wohlfahrt seiner Glieder,
zu einer starken Bürgschaft des europäischen
Justizrat Bamberger Friedens werden.

Belgien.

Nachdem Belgien freiwillig in
die Reihe unserer Gegner getreten ist und
nunmehr zum größten Teile in deutsche Ver¬
waltung genommen worden ist, erscheint es
angezeigt, und nicht ohne Wert, sich etwas
mit seiner inneren Beschaffenheit zu beschäf¬
tigen, da leider in weiteren Kreisen des deutschen
Volkes keine ausreichende Kenntnis hierüber
vorhanden ist. DerNamen Belgier hat nur eine
politische, staatsbürgerliche Bedeutung, stellt
aber keinen völkischen, rassenmäßigen Begriff
dar. Dies ist für die Behandlung und Be¬
urteilung der belgischen Bevölkerung von
wesentlicher Bedeutung. Der größte Teil
dieser Bevölkerung ist deutschen Stammes
und zwar überwiegend niederdeutschen Bolks-
tums. Nur ein kleiner Bruchteil gehört dem
hochdeutschen Sprachgebiete an und zwar
handelt es sich hierbei nicht etwa um einge¬
wanderte, sondern um geschlossene boden¬
ständige, alteingesessene Bevölkerungskreise,
die hauptsächlich in der belgischen Provinz
Luxemburg, deren Hauptstadt Arel (Arion)
ist, wohnhaft sind.

Der größte Teil des deutschen Volks¬
gebietes wird dagegen von dem nieder¬
deutschen Stamme der Vlaamen, dem zahl¬
reichsten Volkskörper Belgiens, besiedelt. Alle
die glänzenden Namen und Orte einer
großen Geschichte, wie z. B. Brüssel, Löwen,
Gent, Brügge, Antwerpen, fallen in das

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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dieser Schluß richtig — und er läßt sich durch
bekannte Beispiele belegen —, so liegt eS in
dem wohlverstandenen Interesse von Holland,
Dänemark, Schweden, Norwegen, sowie der
Schweiz, mehr aber noch von Belgien, —
wenn der Zeitpunkt nicht verpaßt sein sollte,
— sich zu einem dauernden Schutz- und
Trutzbündnis mit dem Deutschen Reiche zu
vereinigen.

Die Errichtung eines Staatenbundes zu
dem Zwecke wird, wie betont werden soll,
nicht nur zum Besten der bezeichneten
Staaten empfohlen. Auch für Deutschland
würde damit ein bedeutender Machtzuwachs
verbunden fein. Die Vorteile liegen auf
beiden Seiten, wie dies bei einem auf natür¬
licher, gesunder Grundlage ruhenden Bündnis
stets der Fall sein muß. Es ist auch zuzu¬
geben, daß die Errichtung eines Staaten-
bundes für seine Mitglieder in Hinsicht auf
ihre Handlungsfreiheit Opfer mit sich bringt.
Das liegt in der Natur der Dinge, in dem
Begriff der Vereinigung. Die großen
Millionenunternehmungen auf dem Gebiete
der Industrie und des Handels in allen fünf
Erdteilen wissen sehr Wohl, warum sie sich
trotz ihrer Größe zusammenschließen, und
warum sie den gemeinsamen Interessen so
bedeutende Opfer bringen, die nicht etwa nur
in Geld bestehen. Ohne Pflichten keine Rechte.
Ohne Unterordnung unter den Zweck der
Gemeinschaft ist das Ziel der Gemeinschaft
nicht zu erreichen. Ein Staatenbund, der
ohne die ihm jetzt zur Verfügung stehenden
Kolonien nahezu hundert Millionen Menschen
umfaßt, der vom Nordkap bis zum Se.
Gotthardt reicht, der den größten Militärstaat
Europas als Kern umschließt, wird im
Frieden wie im Kriege eine ausschlaggebende
Machtstellung einnehmen, und das um so
mehr, als damit zu rechnen ist, daß auch
mit Osterreich - Ungarn zum Schutze der ge¬
meinsamen Interessen ein neuer Bund ge¬
schlossen wird. Die Kraft und das Ansehen
dieses mit eisernen Klammern zusammen¬
gehaltenen Staatenbundes kommt mit Not¬
wendigkeit- allen seinen Mitgliedern zugute.
Ob nicht noch dauernde materielle Vorteile,
etwa auf dem Gebiete des Zollwesens, für
die Gesamtheit erzielt werden können, das mag
einer späteren Betrachtung vorbehalten werden.

[Spaltenumbruch]

Vielleicht erscheint es verfrüht, jetzt schon
solche Möglichkeiten ins Auge zu fassen.
Wem es aber nicht vergönnt ist, an dem
großen Kampf unmittelbar teilzunehmen,
dem schweifen leicht über Blut und Eisen der
Gegenwart hinweg die Gedanken in die Zu¬
kunft, da wieder Friede ins Land zieht.
Daß dieser Friede ein ruhmreicher sein wird,
daß an: letzten Ende unsere Waffen siegreich
bleiben, das ist Wohl mehr als eine deutsche
Hoffnung. Auf dieser Annahme ruht der
Plan, der oben in leichten Umrissen dar¬
gestellt ist. Er wird bekämpft und verspottet
werden. Gelingt eS aber, ihn zu verwirk¬
lichen, so wird der neue Staatenbund, eben¬
bürtig der Schöpfung des Deutschen Reiches,
zu einer Quelle der Wohlfahrt seiner Glieder,
zu einer starken Bürgschaft des europäischen
Justizrat Bamberger Friedens werden.

Belgien.

Nachdem Belgien freiwillig in
die Reihe unserer Gegner getreten ist und
nunmehr zum größten Teile in deutsche Ver¬
waltung genommen worden ist, erscheint es
angezeigt, und nicht ohne Wert, sich etwas
mit seiner inneren Beschaffenheit zu beschäf¬
tigen, da leider in weiteren Kreisen des deutschen
Volkes keine ausreichende Kenntnis hierüber
vorhanden ist. DerNamen Belgier hat nur eine
politische, staatsbürgerliche Bedeutung, stellt
aber keinen völkischen, rassenmäßigen Begriff
dar. Dies ist für die Behandlung und Be¬
urteilung der belgischen Bevölkerung von
wesentlicher Bedeutung. Der größte Teil
dieser Bevölkerung ist deutschen Stammes
und zwar überwiegend niederdeutschen Bolks-
tums. Nur ein kleiner Bruchteil gehört dem
hochdeutschen Sprachgebiete an und zwar
handelt es sich hierbei nicht etwa um einge¬
wanderte, sondern um geschlossene boden¬
ständige, alteingesessene Bevölkerungskreise,
die hauptsächlich in der belgischen Provinz
Luxemburg, deren Hauptstadt Arel (Arion)
ist, wohnhaft sind.

Der größte Teil des deutschen Volks¬
gebietes wird dagegen von dem nieder¬
deutschen Stamme der Vlaamen, dem zahl¬
reichsten Volkskörper Belgiens, besiedelt. Alle
die glänzenden Namen und Orte einer
großen Geschichte, wie z. B. Brüssel, Löwen,
Gent, Brügge, Antwerpen, fallen in das

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[0452] Maßgebliches und Unmaßgebliches dieser Schluß richtig — und er läßt sich durch bekannte Beispiele belegen —, so liegt eS in dem wohlverstandenen Interesse von Holland, Dänemark, Schweden, Norwegen, sowie der Schweiz, mehr aber noch von Belgien, — wenn der Zeitpunkt nicht verpaßt sein sollte, — sich zu einem dauernden Schutz- und Trutzbündnis mit dem Deutschen Reiche zu vereinigen. Die Errichtung eines Staatenbundes zu dem Zwecke wird, wie betont werden soll, nicht nur zum Besten der bezeichneten Staaten empfohlen. Auch für Deutschland würde damit ein bedeutender Machtzuwachs verbunden fein. Die Vorteile liegen auf beiden Seiten, wie dies bei einem auf natür¬ licher, gesunder Grundlage ruhenden Bündnis stets der Fall sein muß. Es ist auch zuzu¬ geben, daß die Errichtung eines Staaten- bundes für seine Mitglieder in Hinsicht auf ihre Handlungsfreiheit Opfer mit sich bringt. Das liegt in der Natur der Dinge, in dem Begriff der Vereinigung. Die großen Millionenunternehmungen auf dem Gebiete der Industrie und des Handels in allen fünf Erdteilen wissen sehr Wohl, warum sie sich trotz ihrer Größe zusammenschließen, und warum sie den gemeinsamen Interessen so bedeutende Opfer bringen, die nicht etwa nur in Geld bestehen. Ohne Pflichten keine Rechte. Ohne Unterordnung unter den Zweck der Gemeinschaft ist das Ziel der Gemeinschaft nicht zu erreichen. Ein Staatenbund, der ohne die ihm jetzt zur Verfügung stehenden Kolonien nahezu hundert Millionen Menschen umfaßt, der vom Nordkap bis zum Se. Gotthardt reicht, der den größten Militärstaat Europas als Kern umschließt, wird im Frieden wie im Kriege eine ausschlaggebende Machtstellung einnehmen, und das um so mehr, als damit zu rechnen ist, daß auch mit Osterreich - Ungarn zum Schutze der ge¬ meinsamen Interessen ein neuer Bund ge¬ schlossen wird. Die Kraft und das Ansehen dieses mit eisernen Klammern zusammen¬ gehaltenen Staatenbundes kommt mit Not¬ wendigkeit- allen seinen Mitgliedern zugute. Ob nicht noch dauernde materielle Vorteile, etwa auf dem Gebiete des Zollwesens, für die Gesamtheit erzielt werden können, das mag einer späteren Betrachtung vorbehalten werden. Vielleicht erscheint es verfrüht, jetzt schon solche Möglichkeiten ins Auge zu fassen. Wem es aber nicht vergönnt ist, an dem großen Kampf unmittelbar teilzunehmen, dem schweifen leicht über Blut und Eisen der Gegenwart hinweg die Gedanken in die Zu¬ kunft, da wieder Friede ins Land zieht. Daß dieser Friede ein ruhmreicher sein wird, daß an: letzten Ende unsere Waffen siegreich bleiben, das ist Wohl mehr als eine deutsche Hoffnung. Auf dieser Annahme ruht der Plan, der oben in leichten Umrissen dar¬ gestellt ist. Er wird bekämpft und verspottet werden. Gelingt eS aber, ihn zu verwirk¬ lichen, so wird der neue Staatenbund, eben¬ bürtig der Schöpfung des Deutschen Reiches, zu einer Quelle der Wohlfahrt seiner Glieder, zu einer starken Bürgschaft des europäischen Justizrat Bamberger Friedens werden. Belgien. Nachdem Belgien freiwillig in die Reihe unserer Gegner getreten ist und nunmehr zum größten Teile in deutsche Ver¬ waltung genommen worden ist, erscheint es angezeigt, und nicht ohne Wert, sich etwas mit seiner inneren Beschaffenheit zu beschäf¬ tigen, da leider in weiteren Kreisen des deutschen Volkes keine ausreichende Kenntnis hierüber vorhanden ist. DerNamen Belgier hat nur eine politische, staatsbürgerliche Bedeutung, stellt aber keinen völkischen, rassenmäßigen Begriff dar. Dies ist für die Behandlung und Be¬ urteilung der belgischen Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung. Der größte Teil dieser Bevölkerung ist deutschen Stammes und zwar überwiegend niederdeutschen Bolks- tums. Nur ein kleiner Bruchteil gehört dem hochdeutschen Sprachgebiete an und zwar handelt es sich hierbei nicht etwa um einge¬ wanderte, sondern um geschlossene boden¬ ständige, alteingesessene Bevölkerungskreise, die hauptsächlich in der belgischen Provinz Luxemburg, deren Hauptstadt Arel (Arion) ist, wohnhaft sind. Der größte Teil des deutschen Volks¬ gebietes wird dagegen von dem nieder¬ deutschen Stamme der Vlaamen, dem zahl¬ reichsten Volkskörper Belgiens, besiedelt. Alle die glänzenden Namen und Orte einer großen Geschichte, wie z. B. Brüssel, Löwen, Gent, Brügge, Antwerpen, fallen in das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/452>, abgerufen am 13.11.2024.