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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Der große Krieg

jedoch entgegen unseren allemufrichtigsten Wünschen hierin keinen Erfolg haben,
so können Ew. Hoheit davon versichert sein, daß Rußland auf keinen Fall gleich¬
gültig gegenüber dem Geschick Serbiens verbleiben wird. gez. Nikolaus."

Damit war den Serben zugesichert, daß ihnen die beleidigte Habsburgische
Doppelmonarchie nichts zuleide zufügen dürfe, solange Nußland es nicht erlaubt.
Serbien lehnte dann auch sofort zwei der härtesten, aber für Österreich-Ungarn
wichtigsten Bedingungen des Ultimatums ab und Kaiser Franz Joseph ordnete
am 28. Juli die teilweise Mobilmachung an. Der die Mobilmachungsorder
begleitende Aufruf "An meine Völker" gehört zu den schönsten literarischen
Erzeugnissen dieser großen Zeit.

Im nächsten Heft werden wir die diplomatischen Verhandlungen, die dem
Ausbruch des Krieges vorangingen, darstellen. Das hier angeschlossene Kriegs¬
tagebuch zeigt in dürren Daten, wie die Situation heute ist.

Kriegstagebuch
31. Juli 1914. Anordnung des Kriegszustandes für das deutsche
Reichsgebiet.
(31. Juli 1870. Abreise König Wilhelms von Berlin nach Mainz auf
den Kriegsschauplatz.)
1. August 1914. Erlaß des Mobilmachungsbefehls für die gesamte
deutsche Wehrmacht und Aufruf des Landsturins in den Bezirken des 1.,
2., 6., 6., 3., 9., 10., 14., 16., Is., 17., 18., 20. und 21. Armeekorps,
Erster MobilmachungStag der 2. August 1914.
2. August 1914. Der russische Kriegshafen Libau wird von den
kleinen Kreuzern "Augsburg" und "Magdeburg" in Brand geschossen.
Deutsche Truppen rücken im Großherzogtum Luxemburg ein.
(2. August 1870. Gefecht bei Saarbrücken. Preußische Grenzschutz¬
truppen von weit überlegenen französischen Kräften zurückgedrängt.)
3. August 1914. Preußische Grenzschutztruppen besetzen Kalisch,
Czenstochau und Bendzin in Russisch-Polen.
Gnadenerlaß Seiner Majestät des Kaisers für Heer und Marine.
4. August 1914. Der große Kreuzer "Goeben" und der kleine
Kreuzer "Breslau" bombardieren und zerstören die französischen Häfen
Philippeville und Bona, Einschiffungsplatze für Truppentransporte von Algier
nach Frankreich.
Sitzung des Deutschen Reichstags.
(4. August 1870. Treffen bei Weißenburg.)
5. August 1914. Eine russische Kavalleriebrigade wird bei Soltau
in Ostpreußen vernichtet.
Erneuerung des Eisernen Kreuzes.
Die Spitzen der deutschen Truppen rücken über die belgische Grenze.
6. August 1914. Brich nordwestlich Metz von deutschen Truppen
besetzt.
Bei Schwiddern östlich Johannisburg und bei Grodtken zwischen
Lautenburg und Soltau wurden russische Kavalleriedivisionen zurückgewiesen
und müssen auf russisches Gebiet zurückgehen. Die am 5. bei Soltau unter

Der große Krieg

jedoch entgegen unseren allemufrichtigsten Wünschen hierin keinen Erfolg haben,
so können Ew. Hoheit davon versichert sein, daß Rußland auf keinen Fall gleich¬
gültig gegenüber dem Geschick Serbiens verbleiben wird. gez. Nikolaus."

Damit war den Serben zugesichert, daß ihnen die beleidigte Habsburgische
Doppelmonarchie nichts zuleide zufügen dürfe, solange Nußland es nicht erlaubt.
Serbien lehnte dann auch sofort zwei der härtesten, aber für Österreich-Ungarn
wichtigsten Bedingungen des Ultimatums ab und Kaiser Franz Joseph ordnete
am 28. Juli die teilweise Mobilmachung an. Der die Mobilmachungsorder
begleitende Aufruf „An meine Völker" gehört zu den schönsten literarischen
Erzeugnissen dieser großen Zeit.

Im nächsten Heft werden wir die diplomatischen Verhandlungen, die dem
Ausbruch des Krieges vorangingen, darstellen. Das hier angeschlossene Kriegs¬
tagebuch zeigt in dürren Daten, wie die Situation heute ist.

Kriegstagebuch
31. Juli 1914. Anordnung des Kriegszustandes für das deutsche
Reichsgebiet.
(31. Juli 1870. Abreise König Wilhelms von Berlin nach Mainz auf
den Kriegsschauplatz.)
1. August 1914. Erlaß des Mobilmachungsbefehls für die gesamte
deutsche Wehrmacht und Aufruf des Landsturins in den Bezirken des 1.,
2., 6., 6., 3., 9., 10., 14., 16., Is., 17., 18., 20. und 21. Armeekorps,
Erster MobilmachungStag der 2. August 1914.
2. August 1914. Der russische Kriegshafen Libau wird von den
kleinen Kreuzern „Augsburg" und „Magdeburg" in Brand geschossen.
Deutsche Truppen rücken im Großherzogtum Luxemburg ein.
(2. August 1870. Gefecht bei Saarbrücken. Preußische Grenzschutz¬
truppen von weit überlegenen französischen Kräften zurückgedrängt.)
3. August 1914. Preußische Grenzschutztruppen besetzen Kalisch,
Czenstochau und Bendzin in Russisch-Polen.
Gnadenerlaß Seiner Majestät des Kaisers für Heer und Marine.
4. August 1914. Der große Kreuzer „Goeben" und der kleine
Kreuzer „Breslau" bombardieren und zerstören die französischen Häfen
Philippeville und Bona, Einschiffungsplatze für Truppentransporte von Algier
nach Frankreich.
Sitzung des Deutschen Reichstags.
(4. August 1870. Treffen bei Weißenburg.)
5. August 1914. Eine russische Kavalleriebrigade wird bei Soltau
in Ostpreußen vernichtet.
Erneuerung des Eisernen Kreuzes.
Die Spitzen der deutschen Truppen rücken über die belgische Grenze.
6. August 1914. Brich nordwestlich Metz von deutschen Truppen
besetzt.
Bei Schwiddern östlich Johannisburg und bei Grodtken zwischen
Lautenburg und Soltau wurden russische Kavalleriedivisionen zurückgewiesen
und müssen auf russisches Gebiet zurückgehen. Die am 5. bei Soltau unter

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[0308] Der große Krieg jedoch entgegen unseren allemufrichtigsten Wünschen hierin keinen Erfolg haben, so können Ew. Hoheit davon versichert sein, daß Rußland auf keinen Fall gleich¬ gültig gegenüber dem Geschick Serbiens verbleiben wird. gez. Nikolaus." Damit war den Serben zugesichert, daß ihnen die beleidigte Habsburgische Doppelmonarchie nichts zuleide zufügen dürfe, solange Nußland es nicht erlaubt. Serbien lehnte dann auch sofort zwei der härtesten, aber für Österreich-Ungarn wichtigsten Bedingungen des Ultimatums ab und Kaiser Franz Joseph ordnete am 28. Juli die teilweise Mobilmachung an. Der die Mobilmachungsorder begleitende Aufruf „An meine Völker" gehört zu den schönsten literarischen Erzeugnissen dieser großen Zeit. Im nächsten Heft werden wir die diplomatischen Verhandlungen, die dem Ausbruch des Krieges vorangingen, darstellen. Das hier angeschlossene Kriegs¬ tagebuch zeigt in dürren Daten, wie die Situation heute ist. Kriegstagebuch 31. Juli 1914. Anordnung des Kriegszustandes für das deutsche Reichsgebiet. (31. Juli 1870. Abreise König Wilhelms von Berlin nach Mainz auf den Kriegsschauplatz.) 1. August 1914. Erlaß des Mobilmachungsbefehls für die gesamte deutsche Wehrmacht und Aufruf des Landsturins in den Bezirken des 1., 2., 6., 6., 3., 9., 10., 14., 16., Is., 17., 18., 20. und 21. Armeekorps, Erster MobilmachungStag der 2. August 1914. 2. August 1914. Der russische Kriegshafen Libau wird von den kleinen Kreuzern „Augsburg" und „Magdeburg" in Brand geschossen. Deutsche Truppen rücken im Großherzogtum Luxemburg ein. (2. August 1870. Gefecht bei Saarbrücken. Preußische Grenzschutz¬ truppen von weit überlegenen französischen Kräften zurückgedrängt.) 3. August 1914. Preußische Grenzschutztruppen besetzen Kalisch, Czenstochau und Bendzin in Russisch-Polen. Gnadenerlaß Seiner Majestät des Kaisers für Heer und Marine. 4. August 1914. Der große Kreuzer „Goeben" und der kleine Kreuzer „Breslau" bombardieren und zerstören die französischen Häfen Philippeville und Bona, Einschiffungsplatze für Truppentransporte von Algier nach Frankreich. Sitzung des Deutschen Reichstags. (4. August 1870. Treffen bei Weißenburg.) 5. August 1914. Eine russische Kavalleriebrigade wird bei Soltau in Ostpreußen vernichtet. Erneuerung des Eisernen Kreuzes. Die Spitzen der deutschen Truppen rücken über die belgische Grenze. 6. August 1914. Brich nordwestlich Metz von deutschen Truppen besetzt. Bei Schwiddern östlich Johannisburg und bei Grodtken zwischen Lautenburg und Soltau wurden russische Kavalleriedivisionen zurückgewiesen und müssen auf russisches Gebiet zurückgehen. Die am 5. bei Soltau unter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/308>, abgerufen am 13.11.2024.