Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.Heißer Tag "Zu Befehl!" entgegnet der; aber es liegt ein häßlicher Klang in der Und die anderen ziehen weiter in der Sonnenglut. -- Ha, dort am "Ein Fähnrich zog zum Kriege -- singen sie. -- Und die Buben und Mädchen laufen voran. -- Am Ziel. Der Mittag Die Grenadiere sind im Quartier, manche Schäkern schon mit den Mädchen; Leutnant von Tötung wohnt im Giebelstübchen beim Löwenwirt, mitten Der Regen läßt nach, das Gefecht stirbt ab, aber noch lange grollt "Die Fenster auf, die Herzen auf, geschwinde." Balsamischer Duft, köst¬ Heißer Tag „Zu Befehl!" entgegnet der; aber es liegt ein häßlicher Klang in der Und die anderen ziehen weiter in der Sonnenglut. — Ha, dort am „Ein Fähnrich zog zum Kriege — singen sie. — Und die Buben und Mädchen laufen voran. — Am Ziel. Der Mittag Die Grenadiere sind im Quartier, manche Schäkern schon mit den Mädchen; Leutnant von Tötung wohnt im Giebelstübchen beim Löwenwirt, mitten Der Regen läßt nach, das Gefecht stirbt ab, aber noch lange grollt „Die Fenster auf, die Herzen auf, geschwinde." Balsamischer Duft, köst¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0236" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328970"/> <fw type="header" place="top"> Heißer Tag</fw><lb/> <p xml:id="ID_780"> „Zu Befehl!" entgegnet der; aber es liegt ein häßlicher Klang in der<lb/> Stimme, wie ein stummer Fluch: verdammt, da sind jüngere als ich, der<lb/> Leutnant versteht nichts vom Dienst!</p><lb/> <p xml:id="ID_781"> Und die anderen ziehen weiter in der Sonnenglut. — Ha, dort am<lb/> Waldrand murmelt ein Quell! — Eine kurze Rast. — Sie liegen wie Tiere<lb/> und saugen gierig das eisige Naß. Wie das erfrischt. — Sind das dieselben<lb/> Soldaten, so keck und straff? Nun marschieren sie weiter, frohgemut. — Heißa,<lb/> dort links durch die Tannen schimmert der Kirchturm von Neudorf; seine Ziegel<lb/> brennen im Sonnenglast.</p><lb/> <quote> „Ein Fähnrich zog zum Kriege —<lb/> Wer weiß, kehrt er zurück."</quote><lb/> <p xml:id="ID_782"> singen sie. — Und die Buben und Mädchen laufen voran. — Am Ziel.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Der Mittag</head><lb/> <p xml:id="ID_783"> Die Grenadiere sind im Quartier, manche Schäkern schon mit den Mädchen;<lb/> morgen ist Ruhetag.</p><lb/> <p xml:id="ID_784"> Leutnant von Tötung wohnt im Giebelstübchen beim Löwenwirt, mitten<lb/> irn Dorf, bei der Kirche. Wer die schlohweißen Gardinen zurückschlägt, sieht<lb/> den Friedhof liegen, da rechts im Grunde: „Wer dort einmal. . . A bah, bin<lb/> noch so jung, das hat noch gute Weile!" — Aber der Friedhof lockt; wieder<lb/> tritt der Jüngling ans Fenster: „Die Sonne wirst fahles Licht, merkwürdig<lb/> fahl. — Sind da nicht Wolken am Himmel? Fürwahr, dort überm Wald<lb/> hängt eine dunkele Wand, schwer wie Blei. — Fast den Boden streifend, jagen<lb/> schreiend pfeilschnelle Schwalben dahin. Das gibt Regen nach aller Ver¬<lb/> ständigen Ansicht, Gottlob! — Schon erhebt sich der Wind und spielt mit<lb/> dem Staub auf der Straße. — Jetzt wird er hurtig. Wie ein kläffiger Köter<lb/> range und reißt er die Blätter und Zweige der alten Linden an der Kirche.<lb/> Und die Wolke wächst. — Ein weißer Streif zuckt zitternd quer drüber hin. —<lb/> Es tippt an die Fenster, zweimal — dreimal. — Hodl rollender Donner von<lb/> fernher läßt die Scheiben leise klirren; der gehört zu dem weißen Streifen. —<lb/> Es regnet, da stirbt der Staub, und der Wind ist seines Spielzeuges ledig. —<lb/> Nun gießt es in Strömen. Wie Gewehrfeuer trällert das und geht manchem<lb/> Blatte ans Leben; auch die Artillerie, ultima ratio reZi8, fährt auf: Blitz<lb/> und Schlag. — Heißa, die Schlacht wogt: Schlag auf Schlag. Alle Schleusen<lb/> des Himmels sind geöffnet. — Da: ein Knall und Feuerglast. — Das war<lb/> ein Volltreffer, das hat eingeschlagen."</p><lb/> <p xml:id="ID_785"> Der Regen läßt nach, das Gefecht stirbt ab, aber noch lange grollt<lb/> aus der Ferne der Donner. — Hohler — schwächer. — Nun ist alles<lb/> vorüber.--</p><lb/> <p xml:id="ID_786" next="#ID_787"> „Die Fenster auf, die Herzen auf, geschwinde." Balsamischer Duft, köst¬<lb/> licher Erdgeruch dringt ins Giebelstübchen. Von den Blättern tropft noch</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0236]
Heißer Tag
„Zu Befehl!" entgegnet der; aber es liegt ein häßlicher Klang in der
Stimme, wie ein stummer Fluch: verdammt, da sind jüngere als ich, der
Leutnant versteht nichts vom Dienst!
Und die anderen ziehen weiter in der Sonnenglut. — Ha, dort am
Waldrand murmelt ein Quell! — Eine kurze Rast. — Sie liegen wie Tiere
und saugen gierig das eisige Naß. Wie das erfrischt. — Sind das dieselben
Soldaten, so keck und straff? Nun marschieren sie weiter, frohgemut. — Heißa,
dort links durch die Tannen schimmert der Kirchturm von Neudorf; seine Ziegel
brennen im Sonnenglast.
„Ein Fähnrich zog zum Kriege —
Wer weiß, kehrt er zurück."
singen sie. — Und die Buben und Mädchen laufen voran. — Am Ziel.
Der Mittag
Die Grenadiere sind im Quartier, manche Schäkern schon mit den Mädchen;
morgen ist Ruhetag.
Leutnant von Tötung wohnt im Giebelstübchen beim Löwenwirt, mitten
irn Dorf, bei der Kirche. Wer die schlohweißen Gardinen zurückschlägt, sieht
den Friedhof liegen, da rechts im Grunde: „Wer dort einmal. . . A bah, bin
noch so jung, das hat noch gute Weile!" — Aber der Friedhof lockt; wieder
tritt der Jüngling ans Fenster: „Die Sonne wirst fahles Licht, merkwürdig
fahl. — Sind da nicht Wolken am Himmel? Fürwahr, dort überm Wald
hängt eine dunkele Wand, schwer wie Blei. — Fast den Boden streifend, jagen
schreiend pfeilschnelle Schwalben dahin. Das gibt Regen nach aller Ver¬
ständigen Ansicht, Gottlob! — Schon erhebt sich der Wind und spielt mit
dem Staub auf der Straße. — Jetzt wird er hurtig. Wie ein kläffiger Köter
range und reißt er die Blätter und Zweige der alten Linden an der Kirche.
Und die Wolke wächst. — Ein weißer Streif zuckt zitternd quer drüber hin. —
Es tippt an die Fenster, zweimal — dreimal. — Hodl rollender Donner von
fernher läßt die Scheiben leise klirren; der gehört zu dem weißen Streifen. —
Es regnet, da stirbt der Staub, und der Wind ist seines Spielzeuges ledig. —
Nun gießt es in Strömen. Wie Gewehrfeuer trällert das und geht manchem
Blatte ans Leben; auch die Artillerie, ultima ratio reZi8, fährt auf: Blitz
und Schlag. — Heißa, die Schlacht wogt: Schlag auf Schlag. Alle Schleusen
des Himmels sind geöffnet. — Da: ein Knall und Feuerglast. — Das war
ein Volltreffer, das hat eingeschlagen."
Der Regen läßt nach, das Gefecht stirbt ab, aber noch lange grollt
aus der Ferne der Donner. — Hohler — schwächer. — Nun ist alles
vorüber.--
„Die Fenster auf, die Herzen auf, geschwinde." Balsamischer Duft, köst¬
licher Erdgeruch dringt ins Giebelstübchen. Von den Blättern tropft noch
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