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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Herbert George Wells

Hier liegen die Elemente zu einer Neubelebung unserer verflachenden Geselligkeit,
die Möglichkeit zur Herausstellung einer innerlichen Kultur der Persönlichkeit
an Stelle des Dandytums, das sich heut oft mit diesem Worte brüstet. Hier
aber auch eine Mahnung an die Nichtsalswissenschaftler; was Schiller zu den
Künstlern sagt:


"Was in des Wissens Land Entdecker nur ersiegen,
Entdecken sie, ersiegen sie für euch.
Der Schätze, die der Denker aufgehäufet,
Wird er in euern Armen erst sich freun,
Wenn seine Wissenschaft, der Schönheit zugereifet,
Zum Kunstwerk wird geadelt sein --"

es spricht auch heute noch zu den Künstlern des Menschentums.




Herbert George Wells
von Beda prillpp

erbert George Wells leidet gleich anderen englischen Prosadichtern,
die ihren Landsleuten und der europäischen Welt Gedankenwerte
zu bieten haben, unter den schwierigen Verhältnissen, die bei uns
gerade für die führenden Geister der englischen Literatur bestehen.
Oberflächliche Sprachkenntnis läßt selbst manchen ernstgerichteten
Leser nach der drüben in Massen produzierten leichten Unterhaltungsliteratur
greifen; ihre anmutig geschliffenen Dialoge genügen völlig dem aus irgendeinem
Grunde gefühlten Bedürfnis der Sprachauffrischung und beschweren das Denk¬
vermögen nicht weiter. Ihnen gegenüber treten die Autoren, die in ihrem Werk
die Höhepunkte des englischen Geisteslebens widerspiegeln, zurück. Sie erheben
größere Ansprüche. Sie verlangen geistige Mitarbeit von ihren Lesern und
künstlerisches Verständnis von ihren Übersetzern. Und in dem löblichen Be¬
mühen, das wirklich Wertvolle in deutscher Übertragung weiten Kreisen zugänglich
zu machen, ist durch unberufene Hände viel gesündigt worden. Beispielsweise
haben die deutschen Ausgaben der Meredith ° Romane von Felix Paul Greve
in ihrem geistlosen Sichanklammern an den Buchstaben alles getan, um das
Leben des Originals zu ersticken und das Verständnis des unbequemen Stils
zu erschweren.

Herrn Felix Paul Greve sind ja leider auch die Romane der früheren
Periode H. G. Wells' verfallen. Daher möge sich der Leser, dem jene Über-


Herbert George Wells

Hier liegen die Elemente zu einer Neubelebung unserer verflachenden Geselligkeit,
die Möglichkeit zur Herausstellung einer innerlichen Kultur der Persönlichkeit
an Stelle des Dandytums, das sich heut oft mit diesem Worte brüstet. Hier
aber auch eine Mahnung an die Nichtsalswissenschaftler; was Schiller zu den
Künstlern sagt:


„Was in des Wissens Land Entdecker nur ersiegen,
Entdecken sie, ersiegen sie für euch.
Der Schätze, die der Denker aufgehäufet,
Wird er in euern Armen erst sich freun,
Wenn seine Wissenschaft, der Schönheit zugereifet,
Zum Kunstwerk wird geadelt sein —"

es spricht auch heute noch zu den Künstlern des Menschentums.




Herbert George Wells
von Beda prillpp

erbert George Wells leidet gleich anderen englischen Prosadichtern,
die ihren Landsleuten und der europäischen Welt Gedankenwerte
zu bieten haben, unter den schwierigen Verhältnissen, die bei uns
gerade für die führenden Geister der englischen Literatur bestehen.
Oberflächliche Sprachkenntnis läßt selbst manchen ernstgerichteten
Leser nach der drüben in Massen produzierten leichten Unterhaltungsliteratur
greifen; ihre anmutig geschliffenen Dialoge genügen völlig dem aus irgendeinem
Grunde gefühlten Bedürfnis der Sprachauffrischung und beschweren das Denk¬
vermögen nicht weiter. Ihnen gegenüber treten die Autoren, die in ihrem Werk
die Höhepunkte des englischen Geisteslebens widerspiegeln, zurück. Sie erheben
größere Ansprüche. Sie verlangen geistige Mitarbeit von ihren Lesern und
künstlerisches Verständnis von ihren Übersetzern. Und in dem löblichen Be¬
mühen, das wirklich Wertvolle in deutscher Übertragung weiten Kreisen zugänglich
zu machen, ist durch unberufene Hände viel gesündigt worden. Beispielsweise
haben die deutschen Ausgaben der Meredith ° Romane von Felix Paul Greve
in ihrem geistlosen Sichanklammern an den Buchstaben alles getan, um das
Leben des Originals zu ersticken und das Verständnis des unbequemen Stils
zu erschweren.

Herrn Felix Paul Greve sind ja leider auch die Romane der früheren
Periode H. G. Wells' verfallen. Daher möge sich der Leser, dem jene Über-


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[0183] Herbert George Wells Hier liegen die Elemente zu einer Neubelebung unserer verflachenden Geselligkeit, die Möglichkeit zur Herausstellung einer innerlichen Kultur der Persönlichkeit an Stelle des Dandytums, das sich heut oft mit diesem Worte brüstet. Hier aber auch eine Mahnung an die Nichtsalswissenschaftler; was Schiller zu den Künstlern sagt: „Was in des Wissens Land Entdecker nur ersiegen, Entdecken sie, ersiegen sie für euch. Der Schätze, die der Denker aufgehäufet, Wird er in euern Armen erst sich freun, Wenn seine Wissenschaft, der Schönheit zugereifet, Zum Kunstwerk wird geadelt sein —" es spricht auch heute noch zu den Künstlern des Menschentums. Herbert George Wells von Beda prillpp erbert George Wells leidet gleich anderen englischen Prosadichtern, die ihren Landsleuten und der europäischen Welt Gedankenwerte zu bieten haben, unter den schwierigen Verhältnissen, die bei uns gerade für die führenden Geister der englischen Literatur bestehen. Oberflächliche Sprachkenntnis läßt selbst manchen ernstgerichteten Leser nach der drüben in Massen produzierten leichten Unterhaltungsliteratur greifen; ihre anmutig geschliffenen Dialoge genügen völlig dem aus irgendeinem Grunde gefühlten Bedürfnis der Sprachauffrischung und beschweren das Denk¬ vermögen nicht weiter. Ihnen gegenüber treten die Autoren, die in ihrem Werk die Höhepunkte des englischen Geisteslebens widerspiegeln, zurück. Sie erheben größere Ansprüche. Sie verlangen geistige Mitarbeit von ihren Lesern und künstlerisches Verständnis von ihren Übersetzern. Und in dem löblichen Be¬ mühen, das wirklich Wertvolle in deutscher Übertragung weiten Kreisen zugänglich zu machen, ist durch unberufene Hände viel gesündigt worden. Beispielsweise haben die deutschen Ausgaben der Meredith ° Romane von Felix Paul Greve in ihrem geistlosen Sichanklammern an den Buchstaben alles getan, um das Leben des Originals zu ersticken und das Verständnis des unbequemen Stils zu erschweren. Herrn Felix Paul Greve sind ja leider auch die Romane der früheren Periode H. G. Wells' verfallen. Daher möge sich der Leser, dem jene Über-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/183>, abgerufen am 13.11.2024.