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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Spuk

ihren guten Sinn und das brave Kossebaude rückt auf einmal in die Nach¬
barschaft des abenteuerlichen Gospodaren nitida. Auch in dem Plan seiner
Darstellung weiß Kleinpaul den frischen Reiz seines Themas zu geschickter
Steigerung zu benutzen. Mitten in die wilde Umgebung der Ansiedler führt
er uns hin und aus ihrem natürlichen Anschauungskreis erwachsen von selbst
die ersten Namen. Von den einfachsten Begriffen, die überhaupt für eine
Siedelung in Frage kommen, zieht er weitere und weitere Kreise zu typischen
und immer bestimmteren Merkmalen. Damit entrollt sich ein gleich lebhaftes
Bild von den Kulturzuständen unserer städtegründenden Altvordern, wie von
dem Umfang und der Kraft ihrer sprachschaffenden Phantasie. Nachdem so die
hauptsächlichsten Grundwörter entwickelt sind, folgt als zweiter Teil die Unter¬
suchung ihres sprachlichen Gebrauchs. Von der lapidaren, selbstgewisser Hin- -
Stellung des einzigen Stammbegriffs (Burg, Brügge) geht es zu vollen präpo-
sitionellen Bildungen (Stambul Jstambul von da über

mannigfache Verschleifungen zur Spezialisierung der Grundwörter durch sub¬
stantivische und adjektivische Zusätze. So tragen alle Worte die Spuren ihrer
Geschichte, die ein kundiges Auge ablesen kann, wie der Spaten die Schichten
versunkener Kulturen bloßlegt. Und Entdeckerfreude ist die schönste Frucht wissen¬
schaftlicher Bemühung.

Gern machen wir schließlich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, wie¬
viel ansprechender die Göschenbände wirken in ihrem neuen, schlichten Kleid aus
gelber Rohleinwand.




Spuk
Das Lied ist aus. Der Becher leergetrunken.
Zur Rüste ging die Sonne vor der Zeit.
Ein Aschenhäufchen. Ein paar letzte Funken.
Ein leises Knistern noch. -- Dann Einsamkeit.
-- Ein Märchen endet so. Ein keusches Ahnen.
Ein Traum von Besser - Sein und Hellem Glück. --
Jetzt zieht der Alltag mürrisch seine Bahnen
Und reißt uns ins Gewöhnliche zurück.
Mein Märchen starb. Es war zu fein gesponnen.
Fahr wohl, du holder Traum aus Sommernacht!
Das Lied ist aus, noch eh' es recht begonnen.
Ein Duft von Schwermut blieb. -- Ich bin erwacht. . .

Arthur westphal
Spuk

ihren guten Sinn und das brave Kossebaude rückt auf einmal in die Nach¬
barschaft des abenteuerlichen Gospodaren nitida. Auch in dem Plan seiner
Darstellung weiß Kleinpaul den frischen Reiz seines Themas zu geschickter
Steigerung zu benutzen. Mitten in die wilde Umgebung der Ansiedler führt
er uns hin und aus ihrem natürlichen Anschauungskreis erwachsen von selbst
die ersten Namen. Von den einfachsten Begriffen, die überhaupt für eine
Siedelung in Frage kommen, zieht er weitere und weitere Kreise zu typischen
und immer bestimmteren Merkmalen. Damit entrollt sich ein gleich lebhaftes
Bild von den Kulturzuständen unserer städtegründenden Altvordern, wie von
dem Umfang und der Kraft ihrer sprachschaffenden Phantasie. Nachdem so die
hauptsächlichsten Grundwörter entwickelt sind, folgt als zweiter Teil die Unter¬
suchung ihres sprachlichen Gebrauchs. Von der lapidaren, selbstgewisser Hin- -
Stellung des einzigen Stammbegriffs (Burg, Brügge) geht es zu vollen präpo-
sitionellen Bildungen (Stambul Jstambul von da über

mannigfache Verschleifungen zur Spezialisierung der Grundwörter durch sub¬
stantivische und adjektivische Zusätze. So tragen alle Worte die Spuren ihrer
Geschichte, die ein kundiges Auge ablesen kann, wie der Spaten die Schichten
versunkener Kulturen bloßlegt. Und Entdeckerfreude ist die schönste Frucht wissen¬
schaftlicher Bemühung.

Gern machen wir schließlich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, wie¬
viel ansprechender die Göschenbände wirken in ihrem neuen, schlichten Kleid aus
gelber Rohleinwand.




Spuk
Das Lied ist aus. Der Becher leergetrunken.
Zur Rüste ging die Sonne vor der Zeit.
Ein Aschenhäufchen. Ein paar letzte Funken.
Ein leises Knistern noch. — Dann Einsamkeit.
— Ein Märchen endet so. Ein keusches Ahnen.
Ein Traum von Besser - Sein und Hellem Glück. —
Jetzt zieht der Alltag mürrisch seine Bahnen
Und reißt uns ins Gewöhnliche zurück.
Mein Märchen starb. Es war zu fein gesponnen.
Fahr wohl, du holder Traum aus Sommernacht!
Das Lied ist aus, noch eh' es recht begonnen.
Ein Duft von Schwermut blieb. — Ich bin erwacht. . .

Arthur westphal
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[0195] Spuk ihren guten Sinn und das brave Kossebaude rückt auf einmal in die Nach¬ barschaft des abenteuerlichen Gospodaren nitida. Auch in dem Plan seiner Darstellung weiß Kleinpaul den frischen Reiz seines Themas zu geschickter Steigerung zu benutzen. Mitten in die wilde Umgebung der Ansiedler führt er uns hin und aus ihrem natürlichen Anschauungskreis erwachsen von selbst die ersten Namen. Von den einfachsten Begriffen, die überhaupt für eine Siedelung in Frage kommen, zieht er weitere und weitere Kreise zu typischen und immer bestimmteren Merkmalen. Damit entrollt sich ein gleich lebhaftes Bild von den Kulturzuständen unserer städtegründenden Altvordern, wie von dem Umfang und der Kraft ihrer sprachschaffenden Phantasie. Nachdem so die hauptsächlichsten Grundwörter entwickelt sind, folgt als zweiter Teil die Unter¬ suchung ihres sprachlichen Gebrauchs. Von der lapidaren, selbstgewisser Hin- - Stellung des einzigen Stammbegriffs (Burg, Brügge) geht es zu vollen präpo- sitionellen Bildungen (Stambul Jstambul von da über mannigfache Verschleifungen zur Spezialisierung der Grundwörter durch sub¬ stantivische und adjektivische Zusätze. So tragen alle Worte die Spuren ihrer Geschichte, die ein kundiges Auge ablesen kann, wie der Spaten die Schichten versunkener Kulturen bloßlegt. Und Entdeckerfreude ist die schönste Frucht wissen¬ schaftlicher Bemühung. Gern machen wir schließlich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, wie¬ viel ansprechender die Göschenbände wirken in ihrem neuen, schlichten Kleid aus gelber Rohleinwand. Spuk Das Lied ist aus. Der Becher leergetrunken. Zur Rüste ging die Sonne vor der Zeit. Ein Aschenhäufchen. Ein paar letzte Funken. Ein leises Knistern noch. — Dann Einsamkeit. — Ein Märchen endet so. Ein keusches Ahnen. Ein Traum von Besser - Sein und Hellem Glück. — Jetzt zieht der Alltag mürrisch seine Bahnen Und reißt uns ins Gewöhnliche zurück. Mein Märchen starb. Es war zu fein gesponnen. Fahr wohl, du holder Traum aus Sommernacht! Das Lied ist aus, noch eh' es recht begonnen. Ein Duft von Schwermut blieb. — Ich bin erwacht. . . Arthur westphal

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/195>, abgerufen am 13.11.2024.