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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

darf man die Rede Heinrich Fischers auf dem
Marburger Philologentag ein Programm der
Zukunft nennen, über das wir nicht zur
Tagesordnung gehen dürfen, sondern zu dessen
Praktischen Ausführungen jeder gute Deutsche
beitragen muß.

Professor Dr. Wilhelm halbfaß
Genealogie

Auf S. 107 des neuen zweiten Jahr¬
gangs des "Semigotha" befindet sich folgende
Fußnote: "Biron, die Prinzen von Kurland,
erwähnt ineinemDriefe vom 27. Mai 1908 Karl
Paasch, Verfasser des Werkes .Eine jüdisch¬
deutsche Gesandtschaft', stammen nach Bern¬
hard Stern angeblich von einem jüdischen
Stallknecht (ein Beruf übrigens, den wohl
selten Juden ergreifen). Die Nachricht scheint
uns übrigens mit großer Vorsicht aufzu¬
nehmen zu sein." So heißt es wörtlich I Im
ersten Jahrgange fehlte diese Fußnote noch
gänzlich. Die Schriftleitung hat außer¬
ordentlich Wohl daran getan, sie mit einem
weitgehenden Vorbehalte zu versehen. In
Anbetracht der großen Rolle, die daS Ge¬
schlecht der "Biron von Kurland" in der
Geschichte gespielt, bei dem großen Interesse,
das namentlich der erste Herzog aus diesem
Geschlechte: Ernst Johann, gestorben 1772,
nicht nur wegen seiner romanhaften Lauf¬
bahn, sondern auch wegen seiner Herkunft,
stets erweckt hat, angesichts des Umstandes
endlich, daß die maßgebenden Veröffent¬
lichungen über die Genealogie des Ge¬
schlechtes an einer ziemlich versteckten Stelle
stehen, dürfte es für einen größeren Leser¬
kreis erwünscht sein, dessen Vorgeschichte hier
einmal klargestellt zu sehen. Nennt doch so¬
gar Kleinschmidt in seinem viel gelesenen,
gerade auch genealogisch recht guten Werke:
"Drei Jahrhunderte russischer Geschichte"
(Berlin 1898) Ernst Johann "einen Kur¬
länder niederster Herkunft", hat also in die
vorerwähnten Veröffentlichungen ohne Zweifel
nie hineingesehen.

Läßt man nun alles, was lediglich Ver¬
mutung ist, außer Betracht, so ergibt sich,
daß der erste Bühren in Kurland, von dem
alle späteren mit Sicherheit abzuleiten sind,
sin Karl Bühren ist, der im September 1673

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in einem Schreiben des Herzogs Goldbär
von Kurland aus dem Hause Kettler oder
Ketteler zuerst erwähnt wird. Karl Bühren
War jedenfalls schon 1580 Amtmann in
Kalnzeem, einer einst ordensmeisterlichen,
damals herzoglichen Domäne. Im Juni 1585
wurde er mit Kalnzeem belehnt. 1586 findet
man ihn zu Mitau als Hausbesitzer. Im
August 1602 kaufte er sich einen Stand in
der neuen Kirche zu Mitau, um die gleiche
Zeit Wohl auch schon das Erbbegräbnis da¬
selbst. Gestorben ist er 1612, wahrscheinlich
vor dem 7. Oktober. Sein Name tritt bald
mit, bald ohne daS "von" auf. Vermähle
war er mit Odilia Krey, die 1623 starb.
Sie stammte aus einem Geschlechte, das auf
dem Gute Alt-Versen, jetzt Kreyenhof, im
Doblenschen saß. Odilia Krey muß von
Hause aus vermögend gewesen sein, denn
Ende Februar 1668 stellt ihr die Herzogin
Elisabet Magdalene von Kurland usw., ge¬
borene Fürstin zu Stettin, Pommern usw.,
eine Schuldverschreibung über 260 Taler aus,
die ihr jene "zu ihrer ausländischen Reise
vorgestrecket". Als Witwe hat Odilia zu
Mitau gelebt. Von ihren Söhnen kommt
hier Johann in Betracht.

Ende Dezember 1614 wurde für ihn die
Belehnung mit Kalnzeem erneuert. Schon
vier Jahre darauf starb er. Vermähle war
er mit Anna Blunck, und zwar Wohl schon
vor 1610, denn 1614 ist bereits von mehreren
Kindern aus dieser Ehe die Rede. Als
Johanns Witwe hat Anna Blunck dann 1630
zum zweiten Male einem Joachim Möhlen-
beck die Hand zur Ehe gereicht. Im Mai 1635
wiederum Witwe geworden, starb sie selbst
Anfang Juni 1657 zu Mitau. Der älteste
Sohn Johanns von Anna Blunck war Karl.
Er wurde 1642 mit Kalnzeem belehnt, war
1656 bis 1674 Amtmann zu Büldringshof
und ist im Anfang des Oktober 1683 zu Mitau
gestorben. Verheiratet war er anscheinend
mit einer geborenen Goedeke. Matthias
von Bühren, Oheim dieses 1683 gestorbenen
Karl, erlangte für sich und die gesamte Nach¬
kommenschaft seines Vaters Karl, der 1612
gestorben ist, vom Könige WladiSlaus dem
Vierten von Polen am 20. Mai 1633 eine
Erhebung in den Adelsstand. Es geschah
dies in Zusammenhang mit dem langwierigen

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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darf man die Rede Heinrich Fischers auf dem
Marburger Philologentag ein Programm der
Zukunft nennen, über das wir nicht zur
Tagesordnung gehen dürfen, sondern zu dessen
Praktischen Ausführungen jeder gute Deutsche
beitragen muß.

Professor Dr. Wilhelm halbfaß
Genealogie

Auf S. 107 des neuen zweiten Jahr¬
gangs des „Semigotha" befindet sich folgende
Fußnote: „Biron, die Prinzen von Kurland,
erwähnt ineinemDriefe vom 27. Mai 1908 Karl
Paasch, Verfasser des Werkes .Eine jüdisch¬
deutsche Gesandtschaft', stammen nach Bern¬
hard Stern angeblich von einem jüdischen
Stallknecht (ein Beruf übrigens, den wohl
selten Juden ergreifen). Die Nachricht scheint
uns übrigens mit großer Vorsicht aufzu¬
nehmen zu sein." So heißt es wörtlich I Im
ersten Jahrgange fehlte diese Fußnote noch
gänzlich. Die Schriftleitung hat außer¬
ordentlich Wohl daran getan, sie mit einem
weitgehenden Vorbehalte zu versehen. In
Anbetracht der großen Rolle, die daS Ge¬
schlecht der „Biron von Kurland" in der
Geschichte gespielt, bei dem großen Interesse,
das namentlich der erste Herzog aus diesem
Geschlechte: Ernst Johann, gestorben 1772,
nicht nur wegen seiner romanhaften Lauf¬
bahn, sondern auch wegen seiner Herkunft,
stets erweckt hat, angesichts des Umstandes
endlich, daß die maßgebenden Veröffent¬
lichungen über die Genealogie des Ge¬
schlechtes an einer ziemlich versteckten Stelle
stehen, dürfte es für einen größeren Leser¬
kreis erwünscht sein, dessen Vorgeschichte hier
einmal klargestellt zu sehen. Nennt doch so¬
gar Kleinschmidt in seinem viel gelesenen,
gerade auch genealogisch recht guten Werke:
„Drei Jahrhunderte russischer Geschichte"
(Berlin 1898) Ernst Johann „einen Kur¬
länder niederster Herkunft", hat also in die
vorerwähnten Veröffentlichungen ohne Zweifel
nie hineingesehen.

Läßt man nun alles, was lediglich Ver¬
mutung ist, außer Betracht, so ergibt sich,
daß der erste Bühren in Kurland, von dem
alle späteren mit Sicherheit abzuleiten sind,
sin Karl Bühren ist, der im September 1673

[Spaltenumbruch]

in einem Schreiben des Herzogs Goldbär
von Kurland aus dem Hause Kettler oder
Ketteler zuerst erwähnt wird. Karl Bühren
War jedenfalls schon 1580 Amtmann in
Kalnzeem, einer einst ordensmeisterlichen,
damals herzoglichen Domäne. Im Juni 1585
wurde er mit Kalnzeem belehnt. 1586 findet
man ihn zu Mitau als Hausbesitzer. Im
August 1602 kaufte er sich einen Stand in
der neuen Kirche zu Mitau, um die gleiche
Zeit Wohl auch schon das Erbbegräbnis da¬
selbst. Gestorben ist er 1612, wahrscheinlich
vor dem 7. Oktober. Sein Name tritt bald
mit, bald ohne daS „von" auf. Vermähle
war er mit Odilia Krey, die 1623 starb.
Sie stammte aus einem Geschlechte, das auf
dem Gute Alt-Versen, jetzt Kreyenhof, im
Doblenschen saß. Odilia Krey muß von
Hause aus vermögend gewesen sein, denn
Ende Februar 1668 stellt ihr die Herzogin
Elisabet Magdalene von Kurland usw., ge¬
borene Fürstin zu Stettin, Pommern usw.,
eine Schuldverschreibung über 260 Taler aus,
die ihr jene „zu ihrer ausländischen Reise
vorgestrecket". Als Witwe hat Odilia zu
Mitau gelebt. Von ihren Söhnen kommt
hier Johann in Betracht.

Ende Dezember 1614 wurde für ihn die
Belehnung mit Kalnzeem erneuert. Schon
vier Jahre darauf starb er. Vermähle war
er mit Anna Blunck, und zwar Wohl schon
vor 1610, denn 1614 ist bereits von mehreren
Kindern aus dieser Ehe die Rede. Als
Johanns Witwe hat Anna Blunck dann 1630
zum zweiten Male einem Joachim Möhlen-
beck die Hand zur Ehe gereicht. Im Mai 1635
wiederum Witwe geworden, starb sie selbst
Anfang Juni 1657 zu Mitau. Der älteste
Sohn Johanns von Anna Blunck war Karl.
Er wurde 1642 mit Kalnzeem belehnt, war
1656 bis 1674 Amtmann zu Büldringshof
und ist im Anfang des Oktober 1683 zu Mitau
gestorben. Verheiratet war er anscheinend
mit einer geborenen Goedeke. Matthias
von Bühren, Oheim dieses 1683 gestorbenen
Karl, erlangte für sich und die gesamte Nach¬
kommenschaft seines Vaters Karl, der 1612
gestorben ist, vom Könige WladiSlaus dem
Vierten von Polen am 20. Mai 1633 eine
Erhebung in den Adelsstand. Es geschah
dies in Zusammenhang mit dem langwierigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/104>, abgerufen am 13.11.2024.