Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] presse und Weltpolitik Bon der Pariser Presse. Der bekannte bekannt, daß er über alle Fragen frei und Es ist im Rahmen dieser Darlegungen Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] presse und Weltpolitik Bon der Pariser Presse. Der bekannte bekannt, daß er über alle Fragen frei und Es ist im Rahmen dieser Darlegungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0619" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328085"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341899_327465/figures/grenzboten_341899_327465_328085_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <cb type="start"/> <div n="2"> <head> presse und Weltpolitik</head> <p xml:id="ID_2950" next="#ID_2951"> Bon der Pariser Presse. Der bekannte<lb/> französische Journalist Latzarus hat soeben in<lb/> der Revue de Paris eine interessante Studie<lb/> über die moderne französische Presse und<lb/> speziell über die Pariser Journalistik veröffent¬<lb/> licht, die für uns Deutsche um so beachtens¬<lb/> werter ist, als die Presse in Frankreich noch<lb/> mehr wie bei uns sich zu einem maßgebenden<lb/> politischen und wirtschaftlichen Faktor entwickelt<lb/> hat. Nach den Darlegungen, die der Verfasser<lb/> in einem historischen Rückblick gibt, fällt der Ge¬<lb/> burtstag der modernen Pariser Presse auf den<lb/> 1. Juli 1836. An diesem Tage brachte nämlich<lb/> Emile de Girardin mit der „Presse" einen völlig<lb/> neuen Jeitungstypheraus. Bis dahin waren die<lb/> französischen Zeitungen fast ausschließlich auf<lb/> das Abonnement angewiesen. Die größten<lb/> französischen Blätter waren 1836 Dübats<lb/> und Gazette de France, die beide eine Auf¬<lb/> lage von etwa 10 000 Exemplaren erzielten;<lb/> als Jnsertionsorgane waren sie jedoch kaum<lb/> von Bedeutung. Auch ihre Rentabilität war re¬<lb/> lativ gering. Was Girardin mit seiner „Presse"<lb/> anstrebte, war kurz folgendes: „Da das<lb/> Abonnement nicht mehr die Kosten der Redak¬<lb/> tion, des Papiers, des Druckes und der<lb/> Expedition deckt, so muß der Ausgleich durch<lb/> Ausgestaltung des Inseratenteils geschaffen<lb/> werden." Um dies zu erreichen, belebte Gi¬<lb/> rardin den Textteil dadurch, daß er möglichst<lb/> viel neuen Nachrichtenstoff und vorzügliche<lb/> Nnterhnltungsarlikel brachte. Ihm lag in<lb/> erster Linie daran, die Auflage zu vergrößern,<lb/> und die vergrößerte Auflage sollte dann den<lb/> Anreiz bieten für vermehrte Jnserataufträge.<lb/> Außerdem reduzierte er den Preis des Abonne¬<lb/> ments auf die Hälfte und gab gleichzeitig</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_2951" prev="#ID_2950"> bekannt, daß er über alle Fragen frei und<lb/> unabhängig berichten wolle. Er führte auch<lb/> als erster französischer Zeitungsverleger die<lb/> Feuilletonnvvelle und die Wochenchronik ein.<lb/> In die Bearbeitung dieser beiden letzteren<lb/> Rubriken teilten sich Balzac und Madame de<lb/> Girardin, während Berthoud die „Interviews"<lb/> einführte und aufbaute, und Victor Hugo<lb/> über soziale Fragen und Themata schrieb.<lb/> Ans dieser Grundlage kam die „Presse" schnell<lb/> voran und erreichte bald eine Auflage von<lb/> 25 000. Jedoch erwuchs ihr in der Konkurrenz¬<lb/> zeitung SiLcle, die Girardins Ideen stahl, eine<lb/> gefährliche Rivalin, und tatsächlich wuchs die<lb/> Auflage der letzteren Zeitung schnell auf86000.<lb/> Diese Ziffern erscheinen allerdings lächerlich<lb/> gering gegenüber den 4'/z Millionen Exem¬<lb/> plaren Auflage, die heute allein die vier<lb/> größten Pariser Zeitungen zusammen erreichen.<lb/> Soviel steht jedoch fest, daß die Erfolge dieser<lb/> vier Pariser Zeitungen in erster Linie auf<lb/> das von Girardin geschaffene System zurück¬<lb/> zuführen sind, ein System, das eine Art<lb/> kommerziellen Journalismus in der Form<lb/> darstellt, daß er bestrebt ist, möglichst farblos<lb/> zu sein und allen Wünschen gerecht zu werden.<lb/> (Generalanzeigerprinzip in Deutschland.)</p> <p xml:id="ID_2952" next="#ID_2953"> Es ist im Rahmen dieser Darlegungen<lb/> natürlich nur möglich, die interessante Studie<lb/> von Latzarus summarisch zu besprechen. Nach<lb/> dem Sturze des zweiten Kaiserreiches fielen<lb/> in Frankreich die zahlreichen erschwerenden<lb/> preßgesetzlichen Borschriften fort, und die<lb/> völlige Preßfreiheit gab der Entwicklung der<lb/> Pariser Journalistik einen mächtigen Ansporn<lb/> Dies zeigte sich unter anderem an dem Petit-<lb/> Journal, das 1863 als tendenziöses Nach¬<lb/> richtenblatt gegründet wurde. Sein Programm<lb/> blieb trotzdem in erster Linie: viele kleine</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0619]
[Abbildung]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
presse und Weltpolitik Bon der Pariser Presse. Der bekannte
französische Journalist Latzarus hat soeben in
der Revue de Paris eine interessante Studie
über die moderne französische Presse und
speziell über die Pariser Journalistik veröffent¬
licht, die für uns Deutsche um so beachtens¬
werter ist, als die Presse in Frankreich noch
mehr wie bei uns sich zu einem maßgebenden
politischen und wirtschaftlichen Faktor entwickelt
hat. Nach den Darlegungen, die der Verfasser
in einem historischen Rückblick gibt, fällt der Ge¬
burtstag der modernen Pariser Presse auf den
1. Juli 1836. An diesem Tage brachte nämlich
Emile de Girardin mit der „Presse" einen völlig
neuen Jeitungstypheraus. Bis dahin waren die
französischen Zeitungen fast ausschließlich auf
das Abonnement angewiesen. Die größten
französischen Blätter waren 1836 Dübats
und Gazette de France, die beide eine Auf¬
lage von etwa 10 000 Exemplaren erzielten;
als Jnsertionsorgane waren sie jedoch kaum
von Bedeutung. Auch ihre Rentabilität war re¬
lativ gering. Was Girardin mit seiner „Presse"
anstrebte, war kurz folgendes: „Da das
Abonnement nicht mehr die Kosten der Redak¬
tion, des Papiers, des Druckes und der
Expedition deckt, so muß der Ausgleich durch
Ausgestaltung des Inseratenteils geschaffen
werden." Um dies zu erreichen, belebte Gi¬
rardin den Textteil dadurch, daß er möglichst
viel neuen Nachrichtenstoff und vorzügliche
Nnterhnltungsarlikel brachte. Ihm lag in
erster Linie daran, die Auflage zu vergrößern,
und die vergrößerte Auflage sollte dann den
Anreiz bieten für vermehrte Jnserataufträge.
Außerdem reduzierte er den Preis des Abonne¬
ments auf die Hälfte und gab gleichzeitig
bekannt, daß er über alle Fragen frei und
unabhängig berichten wolle. Er führte auch
als erster französischer Zeitungsverleger die
Feuilletonnvvelle und die Wochenchronik ein.
In die Bearbeitung dieser beiden letzteren
Rubriken teilten sich Balzac und Madame de
Girardin, während Berthoud die „Interviews"
einführte und aufbaute, und Victor Hugo
über soziale Fragen und Themata schrieb.
Ans dieser Grundlage kam die „Presse" schnell
voran und erreichte bald eine Auflage von
25 000. Jedoch erwuchs ihr in der Konkurrenz¬
zeitung SiLcle, die Girardins Ideen stahl, eine
gefährliche Rivalin, und tatsächlich wuchs die
Auflage der letzteren Zeitung schnell auf86000.
Diese Ziffern erscheinen allerdings lächerlich
gering gegenüber den 4'/z Millionen Exem¬
plaren Auflage, die heute allein die vier
größten Pariser Zeitungen zusammen erreichen.
Soviel steht jedoch fest, daß die Erfolge dieser
vier Pariser Zeitungen in erster Linie auf
das von Girardin geschaffene System zurück¬
zuführen sind, ein System, das eine Art
kommerziellen Journalismus in der Form
darstellt, daß er bestrebt ist, möglichst farblos
zu sein und allen Wünschen gerecht zu werden.
(Generalanzeigerprinzip in Deutschland.)
Es ist im Rahmen dieser Darlegungen
natürlich nur möglich, die interessante Studie
von Latzarus summarisch zu besprechen. Nach
dem Sturze des zweiten Kaiserreiches fielen
in Frankreich die zahlreichen erschwerenden
preßgesetzlichen Borschriften fort, und die
völlige Preßfreiheit gab der Entwicklung der
Pariser Journalistik einen mächtigen Ansporn
Dies zeigte sich unter anderem an dem Petit-
Journal, das 1863 als tendenziöses Nach¬
richtenblatt gegründet wurde. Sein Programm
blieb trotzdem in erster Linie: viele kleine
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