Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Hexe von Mayen Roman Lharlotte Niese Von (Elfte Fortsetzung) Also wurden sie weitergeführt und die Soldaten plünderten. Das war "Wäret Ihr schon am Turm. Jungfrau?" fragte sie, und als Heilwig "Mein Junker soll dort irgendwo verwundet liegen!" sagte sie. "Ich habe Heilwig ging schweigend mit ihr. Wäre nicht die Angst um ihren Be¬ "Die Hexe, die Hexe!" wimmerte sie, aber Frau von Bremer fuhr sie an. "Sei nicht töricht, sondern dankbar, daß sich das edle Fräulein deiner Kätha rieb sich die schmerzenden Arme und glättete ihr zerzaustes Haar. Die Hexe von Mayen Roman Lharlotte Niese Von (Elfte Fortsetzung) Also wurden sie weitergeführt und die Soldaten plünderten. Das war „Wäret Ihr schon am Turm. Jungfrau?" fragte sie, und als Heilwig „Mein Junker soll dort irgendwo verwundet liegen!" sagte sie. „Ich habe Heilwig ging schweigend mit ihr. Wäre nicht die Angst um ihren Be¬ „Die Hexe, die Hexe!" wimmerte sie, aber Frau von Bremer fuhr sie an. „Sei nicht töricht, sondern dankbar, daß sich das edle Fräulein deiner Kätha rieb sich die schmerzenden Arme und glättete ihr zerzaustes Haar. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0564" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/328030"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341899_327465/figures/grenzboten_341899_327465_328030_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Hexe von Mayen<lb/> Roman<lb/><note type="byline"> Lharlotte Niese</note> Von (Elfte Fortsetzung) </head><lb/> <p xml:id="ID_2603"> Also wurden sie weitergeführt und die Soldaten plünderten. Das war<lb/> nicht anders bei eroberten Städten, aber es durfte nicht sein, und die Junker<lb/> konnten nicht bei Heilwig bleiben, um ihr die Kirche, die Genovevaburg, den<lb/> festen Turm und manches andere zu zeigen. Sie liefen durch die engen Gassen,<lb/> um darauf zu achten, daß die Leute nicht zu arg wirtschafteten. Über manchen<lb/> kleinen Raub sahen sie hinweg. Man mußte die Männer in guter Stimmung<lb/> erhalten. Heilwig stand verlassen in all der Unruhe und wußte nicht recht,<lb/> wohin. Es war verkehrt gewesen, ohne die Gesellschaft ihres Vaters zu reiten,<lb/> und die Frau von Bremer mit ihren Leuten war verschwunden. Bald kam sie<lb/> wieder um die Ecke. An jeder Hand hielt sie ein Kind und sprach gütig mit<lb/> ihnen, während sie sich unablässig umsah.</p><lb/> <p xml:id="ID_2604"> „Wäret Ihr schon am Turm. Jungfrau?" fragte sie, und als Heilwig<lb/> erklärte, den Weg nicht finden zu können, meinte sie, daß sie auch dorthin ginge.</p><lb/> <p xml:id="ID_2605"> „Mein Junker soll dort irgendwo verwundet liegen!" sagte sie. „Ich habe<lb/> ihn überall gesucht und höre es eben. Wollt Ihr nicht mitkommen? Es muß<lb/> doch ganz angenehm sein, Euer einstmaliges Gefängnis von draußen ansehen<lb/> zu können!"</p><lb/> <p xml:id="ID_2606"> Heilwig ging schweigend mit ihr. Wäre nicht die Angst um ihren Be¬<lb/> freier gewesen, sie würde die Stadt schon verlassen haben. Aber sie mußte<lb/> Gewißheit haben, wohin er sich gewendet hatte, wenn er frei geworden war.<lb/> Der Turm war schnell erreicht. Vor ihm lag Jupp mit einem großen Loch im<lb/> Kopf, während Kätha neben ihm kniete und vergeblich versuchte, einen Strick<lb/> zu lösen, der um ihre Arme geschlungen war. Sie stieß einen Schrei aus, als<lb/> Heilwig sie eilig losband, und bekreuzte sich.</p><lb/> <p xml:id="ID_2607"> „Die Hexe, die Hexe!" wimmerte sie, aber Frau von Bremer fuhr sie an.</p><lb/> <p xml:id="ID_2608"> „Sei nicht töricht, sondern dankbar, daß sich das edle Fräulein deiner<lb/> entsinne! Nun sag mir, wo ist mein Sohn?"</p><lb/> <p xml:id="ID_2609"> Kätha rieb sich die schmerzenden Arme und glättete ihr zerzaustes Haar.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0564]
[Abbildung]
Die Hexe von Mayen
Roman
Lharlotte Niese Von (Elfte Fortsetzung)
Also wurden sie weitergeführt und die Soldaten plünderten. Das war
nicht anders bei eroberten Städten, aber es durfte nicht sein, und die Junker
konnten nicht bei Heilwig bleiben, um ihr die Kirche, die Genovevaburg, den
festen Turm und manches andere zu zeigen. Sie liefen durch die engen Gassen,
um darauf zu achten, daß die Leute nicht zu arg wirtschafteten. Über manchen
kleinen Raub sahen sie hinweg. Man mußte die Männer in guter Stimmung
erhalten. Heilwig stand verlassen in all der Unruhe und wußte nicht recht,
wohin. Es war verkehrt gewesen, ohne die Gesellschaft ihres Vaters zu reiten,
und die Frau von Bremer mit ihren Leuten war verschwunden. Bald kam sie
wieder um die Ecke. An jeder Hand hielt sie ein Kind und sprach gütig mit
ihnen, während sie sich unablässig umsah.
„Wäret Ihr schon am Turm. Jungfrau?" fragte sie, und als Heilwig
erklärte, den Weg nicht finden zu können, meinte sie, daß sie auch dorthin ginge.
„Mein Junker soll dort irgendwo verwundet liegen!" sagte sie. „Ich habe
ihn überall gesucht und höre es eben. Wollt Ihr nicht mitkommen? Es muß
doch ganz angenehm sein, Euer einstmaliges Gefängnis von draußen ansehen
zu können!"
Heilwig ging schweigend mit ihr. Wäre nicht die Angst um ihren Be¬
freier gewesen, sie würde die Stadt schon verlassen haben. Aber sie mußte
Gewißheit haben, wohin er sich gewendet hatte, wenn er frei geworden war.
Der Turm war schnell erreicht. Vor ihm lag Jupp mit einem großen Loch im
Kopf, während Kätha neben ihm kniete und vergeblich versuchte, einen Strick
zu lösen, der um ihre Arme geschlungen war. Sie stieß einen Schrei aus, als
Heilwig sie eilig losband, und bekreuzte sich.
„Die Hexe, die Hexe!" wimmerte sie, aber Frau von Bremer fuhr sie an.
„Sei nicht töricht, sondern dankbar, daß sich das edle Fräulein deiner
entsinne! Nun sag mir, wo ist mein Sohn?"
Kätha rieb sich die schmerzenden Arme und glättete ihr zerzaustes Haar.
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