Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Hexe von Mayen Roman Charlotte Niese von is die Franzosen ums Jahr 1675 das linke Rheinufer ver¬ Die Hexe von Mayen Roman Charlotte Niese von is die Franzosen ums Jahr 1675 das linke Rheinufer ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0044" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327510"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341899_327465/figures/grenzboten_341899_327465_327510_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Hexe von Mayen<lb/> Roman<lb/><note type="byline"> Charlotte Niese</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_88" next="#ID_89"> is die Franzosen ums Jahr 1675 das linke Rheinufer ver¬<lb/> wüsteten, kam ein Trupp Musketiere zum Städtchen Manen, das<lb/> am Fuß der Eifel und in der Nähe von Koblenz liegt. Die<lb/> Bürger hatten die Tore verrammelt und standen angstvoll auf<lb/> den grauen Mauern, die ihre Stadt umgaben. Wußten sie doch,<lb/> daß, wo die Franzmäuner den Fuß hinsetzten, es Raub und Mord, Feuer<lb/> und Plünderung gab. Dieses Mal aber verlangte das Fähnlein weder Einlaß,<lb/> noch wollte es Kontribution. Ein Bote hatte den Kapitän des Häufleins<lb/> ereilt, gerade als er sich anschickte, die Stadt zu berennen. Peter von Vignerol,<lb/> einer der blutigsten Generale des Sonnenkönigs, verlangte alle Häuflein nach<lb/> Trier, das nach allen Regeln der Kunst belagert werden sollte. Also war Eile<lb/> vonnöten, denn Peter verstand seinen Leuten gegenüber keinen Spaß. Die<lb/> Bürger von Manen sahen also die Franzosen kaum Halt machen, als sie schon<lb/> wieder abschwenkten. Nach Poles und der Mosel zu, von wo die beste Straße<lb/> nach der Bischofsstadt ging. Und die kleine graue Stadt wäre ganz ohne<lb/> Schaden davongekommen, wenn es einem der französischen Söldner nicht ein¬<lb/> gefallen wäre, dem Kapitän zu erzählen, daß die Burg, von der man die<lb/> runden Türme über der Stadtmauer aufragen sah, daß diese Burg einst der<lb/> Wohnsitz der heiligen Genoveva gewesen wäre und daß man in der Stadt<lb/> noch immer das Andenken der so edlen und so sanftmütigen Frau in Ehren<lb/> hielte. Der Musketier, der dies berichtete, war selbst ein rheinischer Jung,<lb/> der halb aus Versehen zwischen die Welschen gekommen war, und der sich nun<lb/> doch freute, daß Manen unversehrt von den Feinden blieb. Aber sein Kapitän<lb/> war gerade schlechter Laune. Mag sein, daß er zuviel roten Ahrwein getrunken<lb/> hatte, der bekanntlich ins Blut geht, oder er hatte sich gefreut, einmal wieder<lb/> in eine wehrlose Stadt zu dringen, zu brennen und zu morden; jedenfalls<lb/> stieß er einen gräßlichen Fluch aus, ließ von den zwei Haubitzen, die er an¬<lb/> führte, die eine laden und schoß ein großes Loch in die Stadtmauer. Denn,<lb/> so erklärte er unter wiederholten Flüchen, die heilige Genoveva wäre die<lb/> Schutzpatronin seiner Heimatstadt, nämlich des stolzen Paris. Und wenn es</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0044]
[Abbildung]
Die Hexe von Mayen
Roman
Charlotte Niese von
is die Franzosen ums Jahr 1675 das linke Rheinufer ver¬
wüsteten, kam ein Trupp Musketiere zum Städtchen Manen, das
am Fuß der Eifel und in der Nähe von Koblenz liegt. Die
Bürger hatten die Tore verrammelt und standen angstvoll auf
den grauen Mauern, die ihre Stadt umgaben. Wußten sie doch,
daß, wo die Franzmäuner den Fuß hinsetzten, es Raub und Mord, Feuer
und Plünderung gab. Dieses Mal aber verlangte das Fähnlein weder Einlaß,
noch wollte es Kontribution. Ein Bote hatte den Kapitän des Häufleins
ereilt, gerade als er sich anschickte, die Stadt zu berennen. Peter von Vignerol,
einer der blutigsten Generale des Sonnenkönigs, verlangte alle Häuflein nach
Trier, das nach allen Regeln der Kunst belagert werden sollte. Also war Eile
vonnöten, denn Peter verstand seinen Leuten gegenüber keinen Spaß. Die
Bürger von Manen sahen also die Franzosen kaum Halt machen, als sie schon
wieder abschwenkten. Nach Poles und der Mosel zu, von wo die beste Straße
nach der Bischofsstadt ging. Und die kleine graue Stadt wäre ganz ohne
Schaden davongekommen, wenn es einem der französischen Söldner nicht ein¬
gefallen wäre, dem Kapitän zu erzählen, daß die Burg, von der man die
runden Türme über der Stadtmauer aufragen sah, daß diese Burg einst der
Wohnsitz der heiligen Genoveva gewesen wäre und daß man in der Stadt
noch immer das Andenken der so edlen und so sanftmütigen Frau in Ehren
hielte. Der Musketier, der dies berichtete, war selbst ein rheinischer Jung,
der halb aus Versehen zwischen die Welschen gekommen war, und der sich nun
doch freute, daß Manen unversehrt von den Feinden blieb. Aber sein Kapitän
war gerade schlechter Laune. Mag sein, daß er zuviel roten Ahrwein getrunken
hatte, der bekanntlich ins Blut geht, oder er hatte sich gefreut, einmal wieder
in eine wehrlose Stadt zu dringen, zu brennen und zu morden; jedenfalls
stieß er einen gräßlichen Fluch aus, ließ von den zwei Haubitzen, die er an¬
führte, die eine laden und schoß ein großes Loch in die Stadtmauer. Denn,
so erklärte er unter wiederholten Flüchen, die heilige Genoveva wäre die
Schutzpatronin seiner Heimatstadt, nämlich des stolzen Paris. Und wenn es
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