Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.Zum Problem der Arbeitslosenversicherung Dr. Dedo Fengler v on in le dunkelen Schatten, die seit einigen Monaten in Gestalt der zu¬ Sieht man sich die von Jahr zu Jahr und innerhalb der einzelnen Jahre Zum Problem der Arbeitslosenversicherung Dr. Dedo Fengler v on in le dunkelen Schatten, die seit einigen Monaten in Gestalt der zu¬ Sieht man sich die von Jahr zu Jahr und innerhalb der einzelnen Jahre <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0408" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326578"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341897_326169/figures/grenzboten_341897_326169_326578_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Zum Problem der Arbeitslosenversicherung<lb/><note type="byline"> Dr. Dedo Fengler</note> v on in </head><lb/> <p xml:id="ID_1965"> le dunkelen Schatten, die seit einigen Monaten in Gestalt der zu¬<lb/> nehmenden Arbeitslosenziffern der Gewerkschaften und Arbeits¬<lb/> nachweise einen Umschwung in der gegenwärtigen Konjunktur¬<lb/> periode voraussagen, legen es nahe, sich mit der Frage nach den<lb/> Ursachen und dem Wesen der Arbeitslosigkeit zu beschäftigen, um<lb/> von hier aus kritisch zu dem Problem der Arbeitslosenversicherung Stellung<lb/> nehmen zu können. Ausgeschaltet bleibt natürlich bei dieser Betrachtung die auf<lb/> Krankheit beruhende Arbeitslosigkeit, zumal diese bereits von anderen Ver¬<lb/> sicherungseinrichtungen getroffen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1966" next="#ID_1967"> Sieht man sich die von Jahr zu Jahr und innerhalb der einzelnen Jahre<lb/> auf und ab schwankenden Arbeitslosenziffern an, so muß es zunächst freilich auf¬<lb/> fallen, daß sie in nur ganz seltenen Fällen, auch in den Zeiten der Hoch¬<lb/> konjunktur mit steigender Lohntendenz, auf den Nullpunkt fallen. Gerade hier<lb/> liegt eine besonders wichtige Ursache für die Arbeitslosigkeit selbst. Wie auf<lb/> dem Wohnungsmarkt, um die Umzüge ohne Reibungen und Schwierigkeiten von<lb/> einer Wohnung in die andere zu ermöglichen, das Angebot an leeren Wohnungen<lb/> im allgemeinen die Nachfrage um 25 Prozent übertreffen muß, so muß auch als<lb/> notwendige Folge der Freizügigkeit der Arbeiter zur Ermöglichung einer steten<lb/> raschen Befriedigung des Arbeitsbedarfes der Betriebe immer ein freilich nicht so<lb/> großer Überschuß des Angebotes der Arbeitskräfte über die Nachfrage vorhanden<lb/> sein, und zwar ist dieser Überschuß naturgemäß um so größer, je stärker die<lb/> Reibungen zwischen den einzelnen Betrieben sind und je schwieriger sich der Über¬<lb/> gang der Arbeiter von einem zum anderen Betriebe gestaltet. Um diesen Über¬<lb/> schuß auf das möglichst geringste Maß herabzudrücken und damit die Arbeits¬<lb/> kräfte des Volkes zu höchstmöglicher Verwertung zu bringen, ist es vor allem<lb/> nötig, den Arbeitsmarkt durch eine schnelle und zentralistische Arbeitsvermittlung<lb/> zu entlasten. Was für den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage bei<lb/> Waren und Effekten die Börsen leisten, das hat die Arbeitsvermittlung für den<lb/> Ausgleich von Angebot und Nachfrage bei der Ware Arbeit zu verrichten. Um<lb/> dieses Ziel zu erreichen, wird mit allem Nachdruck darauf hingearbeitet werden<lb/> müssen, daß die verschiedenen heute bestehenden Arbeitsnachweiseinrichtungen,<lb/> feien sie kommunaler oder paritätischer Herkunft, seien sie Arbeitgeber- oder<lb/> Arbeitnehmerinstitutionen, unter Beibehaltung ihrer bisherigen Form einer gewissen<lb/> staatlichen Aufsicht unterworfen und in einer übergeordneten Organisation zu-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0408]
[Abbildung]
Zum Problem der Arbeitslosenversicherung
Dr. Dedo Fengler v on in
le dunkelen Schatten, die seit einigen Monaten in Gestalt der zu¬
nehmenden Arbeitslosenziffern der Gewerkschaften und Arbeits¬
nachweise einen Umschwung in der gegenwärtigen Konjunktur¬
periode voraussagen, legen es nahe, sich mit der Frage nach den
Ursachen und dem Wesen der Arbeitslosigkeit zu beschäftigen, um
von hier aus kritisch zu dem Problem der Arbeitslosenversicherung Stellung
nehmen zu können. Ausgeschaltet bleibt natürlich bei dieser Betrachtung die auf
Krankheit beruhende Arbeitslosigkeit, zumal diese bereits von anderen Ver¬
sicherungseinrichtungen getroffen ist.
Sieht man sich die von Jahr zu Jahr und innerhalb der einzelnen Jahre
auf und ab schwankenden Arbeitslosenziffern an, so muß es zunächst freilich auf¬
fallen, daß sie in nur ganz seltenen Fällen, auch in den Zeiten der Hoch¬
konjunktur mit steigender Lohntendenz, auf den Nullpunkt fallen. Gerade hier
liegt eine besonders wichtige Ursache für die Arbeitslosigkeit selbst. Wie auf
dem Wohnungsmarkt, um die Umzüge ohne Reibungen und Schwierigkeiten von
einer Wohnung in die andere zu ermöglichen, das Angebot an leeren Wohnungen
im allgemeinen die Nachfrage um 25 Prozent übertreffen muß, so muß auch als
notwendige Folge der Freizügigkeit der Arbeiter zur Ermöglichung einer steten
raschen Befriedigung des Arbeitsbedarfes der Betriebe immer ein freilich nicht so
großer Überschuß des Angebotes der Arbeitskräfte über die Nachfrage vorhanden
sein, und zwar ist dieser Überschuß naturgemäß um so größer, je stärker die
Reibungen zwischen den einzelnen Betrieben sind und je schwieriger sich der Über¬
gang der Arbeiter von einem zum anderen Betriebe gestaltet. Um diesen Über¬
schuß auf das möglichst geringste Maß herabzudrücken und damit die Arbeits¬
kräfte des Volkes zu höchstmöglicher Verwertung zu bringen, ist es vor allem
nötig, den Arbeitsmarkt durch eine schnelle und zentralistische Arbeitsvermittlung
zu entlasten. Was für den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage bei
Waren und Effekten die Börsen leisten, das hat die Arbeitsvermittlung für den
Ausgleich von Angebot und Nachfrage bei der Ware Arbeit zu verrichten. Um
dieses Ziel zu erreichen, wird mit allem Nachdruck darauf hingearbeitet werden
müssen, daß die verschiedenen heute bestehenden Arbeitsnachweiseinrichtungen,
feien sie kommunaler oder paritätischer Herkunft, seien sie Arbeitgeber- oder
Arbeitnehmerinstitutionen, unter Beibehaltung ihrer bisherigen Form einer gewissen
staatlichen Aufsicht unterworfen und in einer übergeordneten Organisation zu-
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