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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Grziehungsfragen

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Daß zur allgemeinen Bildung auch Hand¬
fertigkeit, Sinnenempfänglichkeit und -scharfe,
überhaupt körperliche Tüchtigkeit in jeder Hin¬
sicht gehören, daran denken viele gar
nicht. Die körperliche Arbeit gilt daher auch
nicht viel im Kurse der Meinungen, und der
Kopfarbeiter, und leistete er auch weiter nichts
als mechanische Abschreiberdienste, sieht oft
verächtlich aus den Handarbeiter herab, zu
dessen Arbeit keine "Bildung" nötig sei. Unsere
Schulen sind fast ausschließlich Stätten des
bloßen Wissens, der logischen Bildung, wo
aus gedruckten Buchstaben oder durch das Wort
des Lehrers nur gelernt und immer wieder
gelernt wird, dazu noch vielerlei, was keinen
Bildungswert hat, was im wirklichen Leben
niemals verwendet werden kann. Die Schule
verdammt den ganzen körperlichen Menschen
zuviel zur unnatürlichen Ruhe, seine Sinne
stumpft sie durch Untätigkeit geradezu ab.

Wir wollen ja den Wert der geistigen
Bildung gewiß nicht unterschätzen; wir wissen,
daß es in den meisten Berufen ohne sie nicht
ginge, ja, daß mit ihr unsere ganze Kultur
steht und fällt; aber deshalb ist es doch noch
lange nicht nötig, sie so ausschließlich zu be¬
tonen, daß als Folge davon die Kultur des
Körpers, des Sinnenmenschen unterbleibt. Und
diese bedenkliche Erscheinung ist bereits ein¬
getreten. Man gibt auch in unserer Zeit dem


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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Grziehungsfragen

[Spaltenumbruch]

Daß zur allgemeinen Bildung auch Hand¬
fertigkeit, Sinnenempfänglichkeit und -scharfe,
überhaupt körperliche Tüchtigkeit in jeder Hin¬
sicht gehören, daran denken viele gar
nicht. Die körperliche Arbeit gilt daher auch
nicht viel im Kurse der Meinungen, und der
Kopfarbeiter, und leistete er auch weiter nichts
als mechanische Abschreiberdienste, sieht oft
verächtlich aus den Handarbeiter herab, zu
dessen Arbeit keine „Bildung" nötig sei. Unsere
Schulen sind fast ausschließlich Stätten des
bloßen Wissens, der logischen Bildung, wo
aus gedruckten Buchstaben oder durch das Wort
des Lehrers nur gelernt und immer wieder
gelernt wird, dazu noch vielerlei, was keinen
Bildungswert hat, was im wirklichen Leben
niemals verwendet werden kann. Die Schule
verdammt den ganzen körperlichen Menschen
zuviel zur unnatürlichen Ruhe, seine Sinne
stumpft sie durch Untätigkeit geradezu ab.

Wir wollen ja den Wert der geistigen
Bildung gewiß nicht unterschätzen; wir wissen,
daß es in den meisten Berufen ohne sie nicht
ginge, ja, daß mit ihr unsere ganze Kultur
steht und fällt; aber deshalb ist es doch noch
lange nicht nötig, sie so ausschließlich zu be¬
tonen, daß als Folge davon die Kultur des
Körpers, des Sinnenmenschen unterbleibt. Und
diese bedenkliche Erscheinung ist bereits ein¬
getreten. Man gibt auch in unserer Zeit dem


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[0294] [Abbildung] Maßgebliches und Unmaßgebliches Grziehungsfragen Daß zur allgemeinen Bildung auch Hand¬ fertigkeit, Sinnenempfänglichkeit und -scharfe, überhaupt körperliche Tüchtigkeit in jeder Hin¬ sicht gehören, daran denken viele gar nicht. Die körperliche Arbeit gilt daher auch nicht viel im Kurse der Meinungen, und der Kopfarbeiter, und leistete er auch weiter nichts als mechanische Abschreiberdienste, sieht oft verächtlich aus den Handarbeiter herab, zu dessen Arbeit keine „Bildung" nötig sei. Unsere Schulen sind fast ausschließlich Stätten des bloßen Wissens, der logischen Bildung, wo aus gedruckten Buchstaben oder durch das Wort des Lehrers nur gelernt und immer wieder gelernt wird, dazu noch vielerlei, was keinen Bildungswert hat, was im wirklichen Leben niemals verwendet werden kann. Die Schule verdammt den ganzen körperlichen Menschen zuviel zur unnatürlichen Ruhe, seine Sinne stumpft sie durch Untätigkeit geradezu ab. Wir wollen ja den Wert der geistigen Bildung gewiß nicht unterschätzen; wir wissen, daß es in den meisten Berufen ohne sie nicht ginge, ja, daß mit ihr unsere ganze Kultur steht und fällt; aber deshalb ist es doch noch lange nicht nötig, sie so ausschließlich zu be¬ tonen, daß als Folge davon die Kultur des Körpers, des Sinnenmenschen unterbleibt. Und diese bedenkliche Erscheinung ist bereits ein¬ getreten. Man gibt auch in unserer Zeit dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/294>, abgerufen am 26.12.2024.