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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Roman
Max Ludwig- vonlZehnte Fortsetzung)

"Laßt uns allein!" sagte der Hausherr und zog die Tür hinter sich und
Wolff Joachim zu. Ingrimmig blickte er auf den jungen Offizier, der aber
ganz unbekümmert und heiter vor ihm stand:

"Ich verstehe die Welt nicht mehr!" knurrte der alte Herr. "Jeder Kapitän
bleibt aus der Kommandobrücke, wenn ein Sturm im Anzug ist. Du aber
machst mitten im Aufruhr der Elemente eine Landpartie!"

"Lieber Onkel Wenkendorff! Wenn es nur annähernd so schlimm auf dem
Gut gestanden hätte, wie ich nach den Berichten fürchten mußte -- Du kannst
gewiß sein, ich wäre dann nicht hier. Aber auf dem Hof ist alles in Ordnung.
Und die Zustände im Haus -- mein Gott -- die sind mir zu lange bekannt,
als daß ich mich noch darüber aufregen könnte."

"So?! Und Kirsch? Und vor ein paar Tagen die Brandstiftung? Und
der Streik?"

"Ich weiß nichts von einem Streik. Papa hat die zwanzig Kopeken tele¬
graphisch bewilligt. Ich hales nicht getan. Aber jedenfalls sind die Leute zufrieden.
Und das ausgelaufene Spiritusfaß? Du lieber Himmel! Einen Betriebsunfall
kann mans nennen -- jedenfalls mit demselben Recht wie ihr diesen Vorfall
als Herausforderung aufgefaßt habt!"

"Du bist der echte Sohn deines Vaters! Was uns hier alle um euch
zittern macht, das bringt dich nicht im geringsten um deine Gemütsruhe. Ich
will dir aber verraten, daß sie auf unserem Hof den Kerl beim Namen wissen,
der euch den gefährlichen Streich gespielt hat. Cana heißt er, und es gibt im
Lande Hallunken genug, die sich über seine Tat ins Fäustchen lachen. Unter
keinen Umständen darf sie ungestraft bleiben. Du mußt die Sache untersuchen.
Der Kerl muß ins Zuchthaus, sonst macht er Schule! Und wenn auch die
Bande, die unserem guten Tannebaum das Haus über dem Kopf ansteckte,
nichts mit deinen Hofleuten zu tun hatte: ein einziger Spitzbube wie dieser
Carta öffnet der Verführung Tor und Tür!"




^turn
Roman
Max Ludwig- vonlZehnte Fortsetzung)

„Laßt uns allein!" sagte der Hausherr und zog die Tür hinter sich und
Wolff Joachim zu. Ingrimmig blickte er auf den jungen Offizier, der aber
ganz unbekümmert und heiter vor ihm stand:

„Ich verstehe die Welt nicht mehr!" knurrte der alte Herr. „Jeder Kapitän
bleibt aus der Kommandobrücke, wenn ein Sturm im Anzug ist. Du aber
machst mitten im Aufruhr der Elemente eine Landpartie!"

„Lieber Onkel Wenkendorff! Wenn es nur annähernd so schlimm auf dem
Gut gestanden hätte, wie ich nach den Berichten fürchten mußte — Du kannst
gewiß sein, ich wäre dann nicht hier. Aber auf dem Hof ist alles in Ordnung.
Und die Zustände im Haus — mein Gott — die sind mir zu lange bekannt,
als daß ich mich noch darüber aufregen könnte."

„So?! Und Kirsch? Und vor ein paar Tagen die Brandstiftung? Und
der Streik?"

„Ich weiß nichts von einem Streik. Papa hat die zwanzig Kopeken tele¬
graphisch bewilligt. Ich hales nicht getan. Aber jedenfalls sind die Leute zufrieden.
Und das ausgelaufene Spiritusfaß? Du lieber Himmel! Einen Betriebsunfall
kann mans nennen — jedenfalls mit demselben Recht wie ihr diesen Vorfall
als Herausforderung aufgefaßt habt!"

„Du bist der echte Sohn deines Vaters! Was uns hier alle um euch
zittern macht, das bringt dich nicht im geringsten um deine Gemütsruhe. Ich
will dir aber verraten, daß sie auf unserem Hof den Kerl beim Namen wissen,
der euch den gefährlichen Streich gespielt hat. Cana heißt er, und es gibt im
Lande Hallunken genug, die sich über seine Tat ins Fäustchen lachen. Unter
keinen Umständen darf sie ungestraft bleiben. Du mußt die Sache untersuchen.
Der Kerl muß ins Zuchthaus, sonst macht er Schule! Und wenn auch die
Bande, die unserem guten Tannebaum das Haus über dem Kopf ansteckte,
nichts mit deinen Hofleuten zu tun hatte: ein einziger Spitzbube wie dieser
Carta öffnet der Verführung Tor und Tür!"


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[0229] [Abbildung] ^turn Roman Max Ludwig- vonlZehnte Fortsetzung) „Laßt uns allein!" sagte der Hausherr und zog die Tür hinter sich und Wolff Joachim zu. Ingrimmig blickte er auf den jungen Offizier, der aber ganz unbekümmert und heiter vor ihm stand: „Ich verstehe die Welt nicht mehr!" knurrte der alte Herr. „Jeder Kapitän bleibt aus der Kommandobrücke, wenn ein Sturm im Anzug ist. Du aber machst mitten im Aufruhr der Elemente eine Landpartie!" „Lieber Onkel Wenkendorff! Wenn es nur annähernd so schlimm auf dem Gut gestanden hätte, wie ich nach den Berichten fürchten mußte — Du kannst gewiß sein, ich wäre dann nicht hier. Aber auf dem Hof ist alles in Ordnung. Und die Zustände im Haus — mein Gott — die sind mir zu lange bekannt, als daß ich mich noch darüber aufregen könnte." „So?! Und Kirsch? Und vor ein paar Tagen die Brandstiftung? Und der Streik?" „Ich weiß nichts von einem Streik. Papa hat die zwanzig Kopeken tele¬ graphisch bewilligt. Ich hales nicht getan. Aber jedenfalls sind die Leute zufrieden. Und das ausgelaufene Spiritusfaß? Du lieber Himmel! Einen Betriebsunfall kann mans nennen — jedenfalls mit demselben Recht wie ihr diesen Vorfall als Herausforderung aufgefaßt habt!" „Du bist der echte Sohn deines Vaters! Was uns hier alle um euch zittern macht, das bringt dich nicht im geringsten um deine Gemütsruhe. Ich will dir aber verraten, daß sie auf unserem Hof den Kerl beim Namen wissen, der euch den gefährlichen Streich gespielt hat. Cana heißt er, und es gibt im Lande Hallunken genug, die sich über seine Tat ins Fäustchen lachen. Unter keinen Umständen darf sie ungestraft bleiben. Du mußt die Sache untersuchen. Der Kerl muß ins Zuchthaus, sonst macht er Schule! Und wenn auch die Bande, die unserem guten Tannebaum das Haus über dem Kopf ansteckte, nichts mit deinen Hofleuten zu tun hatte: ein einziger Spitzbube wie dieser Carta öffnet der Verführung Tor und Tür!"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/229>, abgerufen am 26.12.2024.