Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Mit dem Aaiser auf Reisen
Nach Briefen und Tagebuchblüttern von Teilnehmern erzählt
George (Lleinoiv von
(Lop^riglit 1913 Verlag der Grenzboten G, in, b. H, Berlin)
3. Die erste Nordlandsreise des Kaisers 1889

Am Donnerstag, den 11. Juli, gegen Mittag wurde die Fahrt wieder
angetreten. Sie ging zunächst nach Wiederaustritt aus dem Lärdalsfjord in den
berühmten Lysterfjord hinein bis Marifjären, wo das Jostedal mündet, eines
jener Täter, welche ihren Ursprung in dem Massiv des firnbedeckten Jostcdalsbrä
haben.

Nachdem Se. Majestät das herrliche Schauspiel der hier im Hintergrunde
hervorragenden gewaltigen Firnselder lange betrachtet, ging die Fahrt wieder
hinaus aus dem Lnsterfjord, da die kolossale Tiefe des Fjords einen Ankerplatz
nicht gewährte, und in zweimaliger scharfer Rechtsdrehung in den berühmten
Fjärnlandsfjord hinein, wo sich neue Überraschungen dem Blicke boten.

Man erblickt hier von: Wasserspiegel aus die weiten steilen Flächen zweier
größerer Gletscher, wie sie das gewaltige Firnfeld von Jostedalbrä sowohl in
das Gebiet des Sognefjord, zu dem der Fjärlandsfjord gehört, wie in das Gebiet
des Nordfjord aussendet.

Das Jostedalsbrä wird häufig als größter Gletscher der Welt bezeichnet.
Dies ist ungenau. Es handelt sich hier nämlich um ein firnbedecktes Gebirgs-
massiv, von dem sich in zahlreichen steilen Schluchten die Gletscher abwärts
ziehen; daher auch die starke Zerklüftung dieser Gletscher. Wenn man einen
Vergleich mit der Schweiz hier anstellen will, so gleichen die Jostedalgletscher
am meisten dem Rhonegletscher; nur sind sie viel steiler als dieser. Gegen
Abend wurde am Fjärlandsfjord das Dorf Mundal erreicht, vor dem die Nacht
und den nächsten Tag geankert wurde. Das ganze "Dorf" besteht übrigens
aus ganz wenigen zusammenliegenden Häusern, um die weit zerstreut einzelne
Gehöfte herliegen. Dies gilt von fast allen norwegischen Dörfern, unter denen
man sich nicht Dörfer in unserem Sinne, sondern Gruppen von Gehöften vor¬
zustellen hat. Bei der Mittagstafel brachte Se. Majestät das Wohl Allerhöchst-
ihrer Schwägerin, der Prinzessin Irene von Preußen, Gemahlin des Prinzen




Mit dem Aaiser auf Reisen
Nach Briefen und Tagebuchblüttern von Teilnehmern erzählt
George (Lleinoiv von
(Lop^riglit 1913 Verlag der Grenzboten G, in, b. H, Berlin)
3. Die erste Nordlandsreise des Kaisers 1889

Am Donnerstag, den 11. Juli, gegen Mittag wurde die Fahrt wieder
angetreten. Sie ging zunächst nach Wiederaustritt aus dem Lärdalsfjord in den
berühmten Lysterfjord hinein bis Marifjären, wo das Jostedal mündet, eines
jener Täter, welche ihren Ursprung in dem Massiv des firnbedeckten Jostcdalsbrä
haben.

Nachdem Se. Majestät das herrliche Schauspiel der hier im Hintergrunde
hervorragenden gewaltigen Firnselder lange betrachtet, ging die Fahrt wieder
hinaus aus dem Lnsterfjord, da die kolossale Tiefe des Fjords einen Ankerplatz
nicht gewährte, und in zweimaliger scharfer Rechtsdrehung in den berühmten
Fjärnlandsfjord hinein, wo sich neue Überraschungen dem Blicke boten.

Man erblickt hier von: Wasserspiegel aus die weiten steilen Flächen zweier
größerer Gletscher, wie sie das gewaltige Firnfeld von Jostedalbrä sowohl in
das Gebiet des Sognefjord, zu dem der Fjärlandsfjord gehört, wie in das Gebiet
des Nordfjord aussendet.

Das Jostedalsbrä wird häufig als größter Gletscher der Welt bezeichnet.
Dies ist ungenau. Es handelt sich hier nämlich um ein firnbedecktes Gebirgs-
massiv, von dem sich in zahlreichen steilen Schluchten die Gletscher abwärts
ziehen; daher auch die starke Zerklüftung dieser Gletscher. Wenn man einen
Vergleich mit der Schweiz hier anstellen will, so gleichen die Jostedalgletscher
am meisten dem Rhonegletscher; nur sind sie viel steiler als dieser. Gegen
Abend wurde am Fjärlandsfjord das Dorf Mundal erreicht, vor dem die Nacht
und den nächsten Tag geankert wurde. Das ganze „Dorf" besteht übrigens
aus ganz wenigen zusammenliegenden Häusern, um die weit zerstreut einzelne
Gehöfte herliegen. Dies gilt von fast allen norwegischen Dörfern, unter denen
man sich nicht Dörfer in unserem Sinne, sondern Gruppen von Gehöften vor¬
zustellen hat. Bei der Mittagstafel brachte Se. Majestät das Wohl Allerhöchst-
ihrer Schwägerin, der Prinzessin Irene von Preußen, Gemahlin des Prinzen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0610" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326130"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341897_325519/figures/grenzboten_341897_325519_326130_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Mit dem Aaiser auf Reisen<lb/>
Nach Briefen und Tagebuchblüttern von Teilnehmern erzählt<lb/><note type="byline"> George (Lleinoiv</note> von<lb/>
(Lop^riglit 1913   Verlag der Grenzboten G, in, b. H, Berlin)<lb/>
3. Die erste Nordlandsreise des Kaisers 1889</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2894"> Am Donnerstag, den 11. Juli, gegen Mittag wurde die Fahrt wieder<lb/>
angetreten. Sie ging zunächst nach Wiederaustritt aus dem Lärdalsfjord in den<lb/>
berühmten Lysterfjord hinein bis Marifjären, wo das Jostedal mündet, eines<lb/>
jener Täter, welche ihren Ursprung in dem Massiv des firnbedeckten Jostcdalsbrä<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2895"> Nachdem Se. Majestät das herrliche Schauspiel der hier im Hintergrunde<lb/>
hervorragenden gewaltigen Firnselder lange betrachtet, ging die Fahrt wieder<lb/>
hinaus aus dem Lnsterfjord, da die kolossale Tiefe des Fjords einen Ankerplatz<lb/>
nicht gewährte, und in zweimaliger scharfer Rechtsdrehung in den berühmten<lb/>
Fjärnlandsfjord hinein, wo sich neue Überraschungen dem Blicke boten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2896"> Man erblickt hier von: Wasserspiegel aus die weiten steilen Flächen zweier<lb/>
größerer Gletscher, wie sie das gewaltige Firnfeld von Jostedalbrä sowohl in<lb/>
das Gebiet des Sognefjord, zu dem der Fjärlandsfjord gehört, wie in das Gebiet<lb/>
des Nordfjord aussendet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2897" next="#ID_2898"> Das Jostedalsbrä wird häufig als größter Gletscher der Welt bezeichnet.<lb/>
Dies ist ungenau. Es handelt sich hier nämlich um ein firnbedecktes Gebirgs-<lb/>
massiv, von dem sich in zahlreichen steilen Schluchten die Gletscher abwärts<lb/>
ziehen; daher auch die starke Zerklüftung dieser Gletscher. Wenn man einen<lb/>
Vergleich mit der Schweiz hier anstellen will, so gleichen die Jostedalgletscher<lb/>
am meisten dem Rhonegletscher; nur sind sie viel steiler als dieser. Gegen<lb/>
Abend wurde am Fjärlandsfjord das Dorf Mundal erreicht, vor dem die Nacht<lb/>
und den nächsten Tag geankert wurde. Das ganze &#x201E;Dorf" besteht übrigens<lb/>
aus ganz wenigen zusammenliegenden Häusern, um die weit zerstreut einzelne<lb/>
Gehöfte herliegen. Dies gilt von fast allen norwegischen Dörfern, unter denen<lb/>
man sich nicht Dörfer in unserem Sinne, sondern Gruppen von Gehöften vor¬<lb/>
zustellen hat. Bei der Mittagstafel brachte Se. Majestät das Wohl Allerhöchst-<lb/>
ihrer Schwägerin, der Prinzessin Irene von Preußen, Gemahlin des Prinzen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0610] [Abbildung] Mit dem Aaiser auf Reisen Nach Briefen und Tagebuchblüttern von Teilnehmern erzählt George (Lleinoiv von (Lop^riglit 1913 Verlag der Grenzboten G, in, b. H, Berlin) 3. Die erste Nordlandsreise des Kaisers 1889 Am Donnerstag, den 11. Juli, gegen Mittag wurde die Fahrt wieder angetreten. Sie ging zunächst nach Wiederaustritt aus dem Lärdalsfjord in den berühmten Lysterfjord hinein bis Marifjären, wo das Jostedal mündet, eines jener Täter, welche ihren Ursprung in dem Massiv des firnbedeckten Jostcdalsbrä haben. Nachdem Se. Majestät das herrliche Schauspiel der hier im Hintergrunde hervorragenden gewaltigen Firnselder lange betrachtet, ging die Fahrt wieder hinaus aus dem Lnsterfjord, da die kolossale Tiefe des Fjords einen Ankerplatz nicht gewährte, und in zweimaliger scharfer Rechtsdrehung in den berühmten Fjärnlandsfjord hinein, wo sich neue Überraschungen dem Blicke boten. Man erblickt hier von: Wasserspiegel aus die weiten steilen Flächen zweier größerer Gletscher, wie sie das gewaltige Firnfeld von Jostedalbrä sowohl in das Gebiet des Sognefjord, zu dem der Fjärlandsfjord gehört, wie in das Gebiet des Nordfjord aussendet. Das Jostedalsbrä wird häufig als größter Gletscher der Welt bezeichnet. Dies ist ungenau. Es handelt sich hier nämlich um ein firnbedecktes Gebirgs- massiv, von dem sich in zahlreichen steilen Schluchten die Gletscher abwärts ziehen; daher auch die starke Zerklüftung dieser Gletscher. Wenn man einen Vergleich mit der Schweiz hier anstellen will, so gleichen die Jostedalgletscher am meisten dem Rhonegletscher; nur sind sie viel steiler als dieser. Gegen Abend wurde am Fjärlandsfjord das Dorf Mundal erreicht, vor dem die Nacht und den nächsten Tag geankert wurde. Das ganze „Dorf" besteht übrigens aus ganz wenigen zusammenliegenden Häusern, um die weit zerstreut einzelne Gehöfte herliegen. Dies gilt von fast allen norwegischen Dörfern, unter denen man sich nicht Dörfer in unserem Sinne, sondern Gruppen von Gehöften vor¬ zustellen hat. Bei der Mittagstafel brachte Se. Majestät das Wohl Allerhöchst- ihrer Schwägerin, der Prinzessin Irene von Preußen, Gemahlin des Prinzen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/610
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/610>, abgerufen am 21.12.2024.