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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Aricg!

leiten durch die im Gefolge jedes großen Verkehrsmittels eintretende Dezentra¬
lisation der industriellen Anlagen. Man stelle sich vor, wie viele Industrien sich
an dem Kanal ansiedeln könnten, für die gegenwärtig die Frage, ob sie besser
näher zu den Fundstätten des Eisens oder zu denen der Kohlen ziehen, geradezu
eine Lebensfrage ist, und dann weiter: wieviel Hunderttausenden von Arbeitern
auf dem neu erschlossenen Gebiete die Möglichkeit gegeben werden könnte, sich
so anzusiedeln, wie es die Erfahrungen der Wohnungspolitik für notwendig
erwiesen haben.

Der Kanalbau kann nur von Staats wegen erfolgen, wenn auch die finan¬
ziellen Mittel unter Hinzuziehung der privaten und kommunalen Interessenten
beschafft werden sollten. Darum sollte die preußische Bureaukratie nicht zögern
und mit eingehender Prüfung der Frage beginnen. Sie könnte sich ein Ruhmes¬
blatt in der neudeutschen Wirtschaftsgeschichte schreiben, wie es keine Bureaukratie
G. Llemow sonst auf dem Erdball besitzt.




Ein Nebelschleier über weitem Land. --
Ein dumpfes Schweigen über aller Welt.
Und -- jäh zerfetzt der Zukunft dunkle Wand,
Aufflammend zuckt aus dürrer Knochenhand
Des Menschenhasses Geißel über's Feld.
"Faß zu!" -- Der gier'gen Würgefaust verfällt
Ein jeder Halm und jede reife Frucht, --
Der fernste Winkel, den ein Mensch bestellt,
Wird grell von dräu'über Flammenbrunst erhellt,
Und gist'ge Schwaden zieh'n in breiter Flucht.
Ein Pesthauch über fruchtberaubtem Land, --
Tod über Schollen, die kein Leben mehr
Zu spenden wissen sich'über Menschenhand ....
Und rückwärts aus dem loh'nden Weltenbrand
Zieht diese Straße ein geschlag'nes Heer.

Walter Baron
Aricg!

leiten durch die im Gefolge jedes großen Verkehrsmittels eintretende Dezentra¬
lisation der industriellen Anlagen. Man stelle sich vor, wie viele Industrien sich
an dem Kanal ansiedeln könnten, für die gegenwärtig die Frage, ob sie besser
näher zu den Fundstätten des Eisens oder zu denen der Kohlen ziehen, geradezu
eine Lebensfrage ist, und dann weiter: wieviel Hunderttausenden von Arbeitern
auf dem neu erschlossenen Gebiete die Möglichkeit gegeben werden könnte, sich
so anzusiedeln, wie es die Erfahrungen der Wohnungspolitik für notwendig
erwiesen haben.

Der Kanalbau kann nur von Staats wegen erfolgen, wenn auch die finan¬
ziellen Mittel unter Hinzuziehung der privaten und kommunalen Interessenten
beschafft werden sollten. Darum sollte die preußische Bureaukratie nicht zögern
und mit eingehender Prüfung der Frage beginnen. Sie könnte sich ein Ruhmes¬
blatt in der neudeutschen Wirtschaftsgeschichte schreiben, wie es keine Bureaukratie
G. Llemow sonst auf dem Erdball besitzt.




Ein Nebelschleier über weitem Land. —
Ein dumpfes Schweigen über aller Welt.
Und — jäh zerfetzt der Zukunft dunkle Wand,
Aufflammend zuckt aus dürrer Knochenhand
Des Menschenhasses Geißel über's Feld.
»Faß zu!" — Der gier'gen Würgefaust verfällt
Ein jeder Halm und jede reife Frucht, —
Der fernste Winkel, den ein Mensch bestellt,
Wird grell von dräu'über Flammenbrunst erhellt,
Und gist'ge Schwaden zieh'n in breiter Flucht.
Ein Pesthauch über fruchtberaubtem Land, —
Tod über Schollen, die kein Leben mehr
Zu spenden wissen sich'über Menschenhand ....
Und rückwärts aus dem loh'nden Weltenbrand
Zieht diese Straße ein geschlag'nes Heer.

Walter Baron
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[0254] Aricg! leiten durch die im Gefolge jedes großen Verkehrsmittels eintretende Dezentra¬ lisation der industriellen Anlagen. Man stelle sich vor, wie viele Industrien sich an dem Kanal ansiedeln könnten, für die gegenwärtig die Frage, ob sie besser näher zu den Fundstätten des Eisens oder zu denen der Kohlen ziehen, geradezu eine Lebensfrage ist, und dann weiter: wieviel Hunderttausenden von Arbeitern auf dem neu erschlossenen Gebiete die Möglichkeit gegeben werden könnte, sich so anzusiedeln, wie es die Erfahrungen der Wohnungspolitik für notwendig erwiesen haben. Der Kanalbau kann nur von Staats wegen erfolgen, wenn auch die finan¬ ziellen Mittel unter Hinzuziehung der privaten und kommunalen Interessenten beschafft werden sollten. Darum sollte die preußische Bureaukratie nicht zögern und mit eingehender Prüfung der Frage beginnen. Sie könnte sich ein Ruhmes¬ blatt in der neudeutschen Wirtschaftsgeschichte schreiben, wie es keine Bureaukratie G. Llemow sonst auf dem Erdball besitzt. Ein Nebelschleier über weitem Land. — Ein dumpfes Schweigen über aller Welt. Und — jäh zerfetzt der Zukunft dunkle Wand, Aufflammend zuckt aus dürrer Knochenhand Des Menschenhasses Geißel über's Feld. »Faß zu!" — Der gier'gen Würgefaust verfällt Ein jeder Halm und jede reife Frucht, — Der fernste Winkel, den ein Mensch bestellt, Wird grell von dräu'über Flammenbrunst erhellt, Und gist'ge Schwaden zieh'n in breiter Flucht. Ein Pesthauch über fruchtberaubtem Land, — Tod über Schollen, die kein Leben mehr Zu spenden wissen sich'über Menschenhand .... Und rückwärts aus dem loh'nden Weltenbrand Zieht diese Straße ein geschlag'nes Heer. Walter Baron

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/254>, abgerufen am 27.07.2024.