Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Die Sprache unserer Reichsgesetze dies Zusammentreffen nie dem Gedächtnis des Volkes entschwunden ist? Gegen¬ Heute wirkt diese Ursache noch nach, von einer Europäisterung des Ostens Die Sprache unserer Reichsgesetze Paul Somme von Amtsgerichtsrat a, D. Ein Aufsatz über die Erfordernisse der Gesetzessprache ist in Im Rahmen dieser knapp zu haltenden Erörterung kann es sich nicht darum Die Sprache unserer Reichsgesetze dies Zusammentreffen nie dem Gedächtnis des Volkes entschwunden ist? Gegen¬ Heute wirkt diese Ursache noch nach, von einer Europäisterung des Ostens Die Sprache unserer Reichsgesetze Paul Somme von Amtsgerichtsrat a, D. Ein Aufsatz über die Erfordernisse der Gesetzessprache ist in Im Rahmen dieser knapp zu haltenden Erörterung kann es sich nicht darum <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0366" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322768"/> <fw type="header" place="top"> Die Sprache unserer Reichsgesetze</fw><lb/> <p xml:id="ID_1752" prev="#ID_1751"> dies Zusammentreffen nie dem Gedächtnis des Volkes entschwunden ist? Gegen¬<lb/> über solchen Erfahrungen wiegt alle Nachgiebigkeit in Fragen des Glaubens<lb/> wenig. Die wahre Ursache der Kirchenspaltung war einst die Byzantinisierung<lb/> der östlichen Welt, die Errichtung der Staatskirche, und die Umgestaltung des<lb/> Abendlandes durch die Germanen; eine politische Ursache war es, für welche<lb/> die religiösen Differenzen nur die Form waren, in der nach mittelalterlicher<lb/> Weise tiefe geistige Gegensätze sich auszusprechen pflegten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1753"> Heute wirkt diese Ursache noch nach, von einer Europäisterung des Ostens<lb/> sind wir noch weit entfernt. In der Idee der Staatskirche liegt der Grund<lb/> des Stillstandes aller religiösen Entwicklung. Darum ist auch keine<lb/> Union der griechisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche denkbar.<lb/> Mögen alle dogmatischen und kirchlichen Differenzen diskutierbar und endlich<lb/> lösbar sein, die orthodoxe Welt des Ostens wird nie die Suprematie des<lb/> Westens anerkennen, wie sie im päpstlichen Primat besonders seit dem Vati-<lb/> kanum ausgesprochen ist. Erst müssen die Kardinäle das Purpurgewand und<lb/> die roten Schuhe abgelegt haben, die Jnstgnien des byzantinischen Kaisers,<lb/> müssen die großen Fragen der nationalen Besonderheit gelöst sein, ehe an<lb/> eine Union der gesamten christlichen Kirche gedacht werden kann. Die universale<lb/> Kirche widerstrebt im tiefsten Wesen der Besonderheit der Nationen, ist aber in:<lb/> Laufe der Weltgeschichte nie imstande gewesen ihre Eigenart ganz aufzuheben;<lb/> selbst in der katholischen Kirche Deutschlands ist das Nationalgefühl noch eine<lb/> Macht. Für die Völker des Ostens aber, die, wie das russische Volk, unter<lb/> dem Schutze und in den Fesseln einer Nationalkirche wohnen, oder die eine<lb/> Erinnerung daran als köstliches Gut bewahren wie die Griechen, für sie wird<lb/> eine wirkliche Union mit der universalen katholischen Kirche und ihrem Ober¬<lb/> haupte in Rom für immer eine Unmöglichkeit bleiben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Sprache unserer Reichsgesetze<lb/><note type="byline"> Paul Somme</note> von Amtsgerichtsrat a, D. </head><lb/> <p xml:id="ID_1754"> Ein Aufsatz über die Erfordernisse der Gesetzessprache ist in<lb/> Heft 4S der Grenzboten veröffentlicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1755" next="#ID_1756"> Im Rahmen dieser knapp zu haltenden Erörterung kann es sich nicht darum<lb/> handeln, ans der Hochflut unserer Reichsgesetzgebung auch nur die wich¬<lb/> tigeren Schöpfungen einer eingehenden, alle Einzelheiten berücksichtigenden Unter¬<lb/> suchung zu unterwerfen oder gar mit Verbesserungsvorschlägen aufzuwarten.<lb/> Das wäre um so überflüssiger, als wir gerade über das hauptsächlich hier in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0366]
Die Sprache unserer Reichsgesetze
dies Zusammentreffen nie dem Gedächtnis des Volkes entschwunden ist? Gegen¬
über solchen Erfahrungen wiegt alle Nachgiebigkeit in Fragen des Glaubens
wenig. Die wahre Ursache der Kirchenspaltung war einst die Byzantinisierung
der östlichen Welt, die Errichtung der Staatskirche, und die Umgestaltung des
Abendlandes durch die Germanen; eine politische Ursache war es, für welche
die religiösen Differenzen nur die Form waren, in der nach mittelalterlicher
Weise tiefe geistige Gegensätze sich auszusprechen pflegten.
Heute wirkt diese Ursache noch nach, von einer Europäisterung des Ostens
sind wir noch weit entfernt. In der Idee der Staatskirche liegt der Grund
des Stillstandes aller religiösen Entwicklung. Darum ist auch keine
Union der griechisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche denkbar.
Mögen alle dogmatischen und kirchlichen Differenzen diskutierbar und endlich
lösbar sein, die orthodoxe Welt des Ostens wird nie die Suprematie des
Westens anerkennen, wie sie im päpstlichen Primat besonders seit dem Vati-
kanum ausgesprochen ist. Erst müssen die Kardinäle das Purpurgewand und
die roten Schuhe abgelegt haben, die Jnstgnien des byzantinischen Kaisers,
müssen die großen Fragen der nationalen Besonderheit gelöst sein, ehe an
eine Union der gesamten christlichen Kirche gedacht werden kann. Die universale
Kirche widerstrebt im tiefsten Wesen der Besonderheit der Nationen, ist aber in:
Laufe der Weltgeschichte nie imstande gewesen ihre Eigenart ganz aufzuheben;
selbst in der katholischen Kirche Deutschlands ist das Nationalgefühl noch eine
Macht. Für die Völker des Ostens aber, die, wie das russische Volk, unter
dem Schutze und in den Fesseln einer Nationalkirche wohnen, oder die eine
Erinnerung daran als köstliches Gut bewahren wie die Griechen, für sie wird
eine wirkliche Union mit der universalen katholischen Kirche und ihrem Ober¬
haupte in Rom für immer eine Unmöglichkeit bleiben.
Die Sprache unserer Reichsgesetze
Paul Somme von Amtsgerichtsrat a, D.
Ein Aufsatz über die Erfordernisse der Gesetzessprache ist in
Heft 4S der Grenzboten veröffentlicht.
Im Rahmen dieser knapp zu haltenden Erörterung kann es sich nicht darum
handeln, ans der Hochflut unserer Reichsgesetzgebung auch nur die wich¬
tigeren Schöpfungen einer eingehenden, alle Einzelheiten berücksichtigenden Unter¬
suchung zu unterwerfen oder gar mit Verbesserungsvorschlägen aufzuwarten.
Das wäre um so überflüssiger, als wir gerade über das hauptsächlich hier in
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