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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Der Reichskanzler und die Parteien

. err von Bethmann hat bei verschiedenen Anlässen erklärt, er sei
kein Parteiminister, habe nicht die Absicht sich bei seiner Politik
auf irgendeine Partei ausschließlich zu stützen, werde vielmehr die
für die parlamentarische Erledigung der Gesetzgebungsarbeit not¬
wendigen Mehrheiten nehmen, wo er sie gerade finde; er wolle
als Reichskanzler über den Parteien stehen. Man darf dem fünften Kanzler
zugeben, daß er sich bisher an sein Prinzip gehalten hat; scheute er sich doch
selbst nicht mit den Sozialdemokraten zu paktieren, nur um seine Absichten in
einem bestimmten Falle durchzusetzen. Das war in der reichsländischen Ver¬
fassungsfrage; in der preußischen Wahlrechtsfrage hat er dagegen auf die Mit¬
wirkung sogar des Freisinns verzichtet. Eine solche Stellung über den Par¬
teien hat ihre Vorzüge, wenn sie von einer Regierung eingenommen wird,
die ein festes Ziel im Auge hat und die, unbeirrt durch den Lärm des
Tages, diesem Ziele zustrebt. Handelt es sich dabei um größere Aufgaben, die
jedem Parteipolitiker je nach dessen Fähigkeiten mehr oder weniger leicht er¬
kennbar sind, so werden sich Gefolgschaften und Gegnerschaften von selbst bilden;
das will sagen: die Absichten der Negierung werden die Parteien nach zwei Lagern
einen. Sind die Ziele nicht erkennbar, so werden die Parteien nicht nur jede
einzelne für sich, sondern auch in sich uneinig bleiben über die Stellungnahme
zur Regierung: jede Parteigruppe, ja, jeder Parteimann wird das Ziel wo
anders sehen und infolgedessen auch mit besonderen, voneinander abweichenden
Mitteln erreichen oder bekämpfen wollen, die jedoch niemals praktisch erprobt
werden dürften, eben weil über die Wahl des einzelnen Mittels Uneinigkeit
herrscht. Dadurch wird bei den Parteien Doktrinarismus großgezogen, der um
so üppiger ins Kraut schießt, je mehr die Führer in berechtigtem und ver¬
ständlichen Selbsterhaltungstrieb nach einenden Losungen innerhalb der Partei
fahnden müssen.


Grenzboten III 1912 68


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Der Reichskanzler und die Parteien

. err von Bethmann hat bei verschiedenen Anlässen erklärt, er sei
kein Parteiminister, habe nicht die Absicht sich bei seiner Politik
auf irgendeine Partei ausschließlich zu stützen, werde vielmehr die
für die parlamentarische Erledigung der Gesetzgebungsarbeit not¬
wendigen Mehrheiten nehmen, wo er sie gerade finde; er wolle
als Reichskanzler über den Parteien stehen. Man darf dem fünften Kanzler
zugeben, daß er sich bisher an sein Prinzip gehalten hat; scheute er sich doch
selbst nicht mit den Sozialdemokraten zu paktieren, nur um seine Absichten in
einem bestimmten Falle durchzusetzen. Das war in der reichsländischen Ver¬
fassungsfrage; in der preußischen Wahlrechtsfrage hat er dagegen auf die Mit¬
wirkung sogar des Freisinns verzichtet. Eine solche Stellung über den Par¬
teien hat ihre Vorzüge, wenn sie von einer Regierung eingenommen wird,
die ein festes Ziel im Auge hat und die, unbeirrt durch den Lärm des
Tages, diesem Ziele zustrebt. Handelt es sich dabei um größere Aufgaben, die
jedem Parteipolitiker je nach dessen Fähigkeiten mehr oder weniger leicht er¬
kennbar sind, so werden sich Gefolgschaften und Gegnerschaften von selbst bilden;
das will sagen: die Absichten der Negierung werden die Parteien nach zwei Lagern
einen. Sind die Ziele nicht erkennbar, so werden die Parteien nicht nur jede
einzelne für sich, sondern auch in sich uneinig bleiben über die Stellungnahme
zur Regierung: jede Parteigruppe, ja, jeder Parteimann wird das Ziel wo
anders sehen und infolgedessen auch mit besonderen, voneinander abweichenden
Mitteln erreichen oder bekämpfen wollen, die jedoch niemals praktisch erprobt
werden dürften, eben weil über die Wahl des einzelnen Mittels Uneinigkeit
herrscht. Dadurch wird bei den Parteien Doktrinarismus großgezogen, der um
so üppiger ins Kraut schießt, je mehr die Führer in berechtigtem und ver¬
ständlichen Selbsterhaltungstrieb nach einenden Losungen innerhalb der Partei
fahnden müssen.


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[0545] [Abbildung] Twiscnsn Wssssn u. Wslcl Susser'se xvsunci gsisAsn. — lZs^sitot si!f> »IIs Lcnullclasssn, als» illnjiink'iAvn-, pk'imsnsi'-, /^dient'isntsn » üxsnion vor». Z^um Osnisn- Vor-bei'hienut. — Klein« X>a^«en. Lir'llncillcznor', man» victusilsr», slcislctiscns»' Untsr»pic:ut, lZsr'um »ennslls» dir'i'siLnsn cios vieles. — LtnsnAv Autsiont. — Que« Ponsion. — Xüi'psi'pflsgs untok» iii»z:t>Ionizs' l»oiiunx. »-« << ^al'Su in IVIsoKIb. am lVIü>".t?S66. ^-^-^i^i— Der Reichskanzler und die Parteien . err von Bethmann hat bei verschiedenen Anlässen erklärt, er sei kein Parteiminister, habe nicht die Absicht sich bei seiner Politik auf irgendeine Partei ausschließlich zu stützen, werde vielmehr die für die parlamentarische Erledigung der Gesetzgebungsarbeit not¬ wendigen Mehrheiten nehmen, wo er sie gerade finde; er wolle als Reichskanzler über den Parteien stehen. Man darf dem fünften Kanzler zugeben, daß er sich bisher an sein Prinzip gehalten hat; scheute er sich doch selbst nicht mit den Sozialdemokraten zu paktieren, nur um seine Absichten in einem bestimmten Falle durchzusetzen. Das war in der reichsländischen Ver¬ fassungsfrage; in der preußischen Wahlrechtsfrage hat er dagegen auf die Mit¬ wirkung sogar des Freisinns verzichtet. Eine solche Stellung über den Par¬ teien hat ihre Vorzüge, wenn sie von einer Regierung eingenommen wird, die ein festes Ziel im Auge hat und die, unbeirrt durch den Lärm des Tages, diesem Ziele zustrebt. Handelt es sich dabei um größere Aufgaben, die jedem Parteipolitiker je nach dessen Fähigkeiten mehr oder weniger leicht er¬ kennbar sind, so werden sich Gefolgschaften und Gegnerschaften von selbst bilden; das will sagen: die Absichten der Negierung werden die Parteien nach zwei Lagern einen. Sind die Ziele nicht erkennbar, so werden die Parteien nicht nur jede einzelne für sich, sondern auch in sich uneinig bleiben über die Stellungnahme zur Regierung: jede Parteigruppe, ja, jeder Parteimann wird das Ziel wo anders sehen und infolgedessen auch mit besonderen, voneinander abweichenden Mitteln erreichen oder bekämpfen wollen, die jedoch niemals praktisch erprobt werden dürften, eben weil über die Wahl des einzelnen Mittels Uneinigkeit herrscht. Dadurch wird bei den Parteien Doktrinarismus großgezogen, der um so üppiger ins Kraut schießt, je mehr die Führer in berechtigtem und ver¬ ständlichen Selbsterhaltungstrieb nach einenden Losungen innerhalb der Partei fahnden müssen. Grenzboten III 1912 68

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/545>, abgerufen am 29.06.2024.