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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Die jungtürkische Arisis
vom Absolutismus durch Parlamentarismus zum Ronstitutionalismus
Dr, Lrnst Zäckh- von

le türkische Revolution scheint mit der deutschen Marokkopolitik das
gleiche Schicksal zu teilen -- das nämlich, daß die öffentliche Meinung
lange, allzulange braucht, um in dem täuschenden Wirrwarr allzu
rascher, widersprechender Depeschen sich ruhig zu orientieren und
um schließlich doch langsam zu finden, daß die alltäglichen und
landläufigen Eindrücke nicht den richtigen Weg gewiesen, sondern in die Irre
geführt haben. Deutsche Diplomaten und Bankdirektoren -- hüben wie drüben --
bestätigen mir diese bedauerliche Erfahrungstatsache, ebenso türkische Minister des
neuen Kabinetts wie des alten Komitees und andere führende Politiker der euro-
päischen wie der asiatischen Türkei, Militärs und Zivilisten, aus fast allen Natio¬
nalitäten -- meist Persönlichkeiten, mit denen ich seit Jahren vertraut bin und
die sich darum offen aussprechen.

So sagte mir jetzt in Konstantinopel auf der Hohen Pforte ein deutschfreund¬
licher Minister, der seinerzeit in Deutschland ausgebildet wurde: "Schade, daß
gerade in des deutschen Volkes Meinung unsere ehrliche Reformarbeit als .Sturz der
Jungtürken' und als .Sieg der Alttürken' mißverstanden und daß unser aufrichtiger
Wille zur Konstitution als .Reaktion' mißdeutet wird. Und doch stellt unsere
gegenwärtige jungtürkische Entwicklung im Grunde nichts anderes dar, als einen
Übergang vom französischen Doktrinarismus zur deutschen Praxis." "Oder mit
anderen Worten" -- so fügte der greise Großwesir hinzu -- "von einem schein¬
baren Parlamentarismus zu einem wirklichen Konstitutionalismus".

Und in der Tat: wer die Geschichte der jungtürkischen Revolution kennt, der
konnte und mußte auch in der jetzigen Krisis nur ein naturnotwendiges Glied in
der bisherigen Entwicklungskette") erkennen. Ich bin jetzt wiederum wochenlang



") Die Grundlinien und mich die Schnittpunkte habe ich bereits 1803 und 1909 in
meinem Buch "Der aufsteigende Halbmond" aufgezeichnet, im "Hilfe"-Verlag.
Grenzboten III 1912 56


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Die jungtürkische Arisis
vom Absolutismus durch Parlamentarismus zum Ronstitutionalismus
Dr, Lrnst Zäckh- von

le türkische Revolution scheint mit der deutschen Marokkopolitik das
gleiche Schicksal zu teilen — das nämlich, daß die öffentliche Meinung
lange, allzulange braucht, um in dem täuschenden Wirrwarr allzu
rascher, widersprechender Depeschen sich ruhig zu orientieren und
um schließlich doch langsam zu finden, daß die alltäglichen und
landläufigen Eindrücke nicht den richtigen Weg gewiesen, sondern in die Irre
geführt haben. Deutsche Diplomaten und Bankdirektoren — hüben wie drüben —
bestätigen mir diese bedauerliche Erfahrungstatsache, ebenso türkische Minister des
neuen Kabinetts wie des alten Komitees und andere führende Politiker der euro-
päischen wie der asiatischen Türkei, Militärs und Zivilisten, aus fast allen Natio¬
nalitäten — meist Persönlichkeiten, mit denen ich seit Jahren vertraut bin und
die sich darum offen aussprechen.

So sagte mir jetzt in Konstantinopel auf der Hohen Pforte ein deutschfreund¬
licher Minister, der seinerzeit in Deutschland ausgebildet wurde: „Schade, daß
gerade in des deutschen Volkes Meinung unsere ehrliche Reformarbeit als .Sturz der
Jungtürken' und als .Sieg der Alttürken' mißverstanden und daß unser aufrichtiger
Wille zur Konstitution als .Reaktion' mißdeutet wird. Und doch stellt unsere
gegenwärtige jungtürkische Entwicklung im Grunde nichts anderes dar, als einen
Übergang vom französischen Doktrinarismus zur deutschen Praxis." „Oder mit
anderen Worten" — so fügte der greise Großwesir hinzu — „von einem schein¬
baren Parlamentarismus zu einem wirklichen Konstitutionalismus".

Und in der Tat: wer die Geschichte der jungtürkischen Revolution kennt, der
konnte und mußte auch in der jetzigen Krisis nur ein naturnotwendiges Glied in
der bisherigen Entwicklungskette") erkennen. Ich bin jetzt wiederum wochenlang



") Die Grundlinien und mich die Schnittpunkte habe ich bereits 1803 und 1909 in
meinem Buch „Der aufsteigende Halbmond" aufgezeichnet, im „Hilfe"-Verlag.
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[0449] [Abbildung] I^äclagogium >^ ^< ^wisonsn Wssssr u. Wslcl Äusserst ^ssuncj Asif^on. — IZs>sieht fil> file LcnuIKIssssn, o!s» t2injLnrigsn-, primsnsr», /Abiturienten - I^xsnion vor. ^u<:n Osnisn» Vor-bsreitunA. — Kleine K>öd.»vn. (ZnuncHiLnor, matt» viclusiisr, slclelctisciber Untsrriobt. Osrum »cnnsils« HrrsiLnsn c^Sö Z^ieleg. — LtrsnAS AutsiLnt, — Que» Ponsion. — Körperptls^o unter Sr^tliobsr l-situng. ^ ^< V/Vapsn in lVIsoKId. AM iVIÜi"it?L66. Die jungtürkische Arisis vom Absolutismus durch Parlamentarismus zum Ronstitutionalismus Dr, Lrnst Zäckh- von le türkische Revolution scheint mit der deutschen Marokkopolitik das gleiche Schicksal zu teilen — das nämlich, daß die öffentliche Meinung lange, allzulange braucht, um in dem täuschenden Wirrwarr allzu rascher, widersprechender Depeschen sich ruhig zu orientieren und um schließlich doch langsam zu finden, daß die alltäglichen und landläufigen Eindrücke nicht den richtigen Weg gewiesen, sondern in die Irre geführt haben. Deutsche Diplomaten und Bankdirektoren — hüben wie drüben — bestätigen mir diese bedauerliche Erfahrungstatsache, ebenso türkische Minister des neuen Kabinetts wie des alten Komitees und andere führende Politiker der euro- päischen wie der asiatischen Türkei, Militärs und Zivilisten, aus fast allen Natio¬ nalitäten — meist Persönlichkeiten, mit denen ich seit Jahren vertraut bin und die sich darum offen aussprechen. So sagte mir jetzt in Konstantinopel auf der Hohen Pforte ein deutschfreund¬ licher Minister, der seinerzeit in Deutschland ausgebildet wurde: „Schade, daß gerade in des deutschen Volkes Meinung unsere ehrliche Reformarbeit als .Sturz der Jungtürken' und als .Sieg der Alttürken' mißverstanden und daß unser aufrichtiger Wille zur Konstitution als .Reaktion' mißdeutet wird. Und doch stellt unsere gegenwärtige jungtürkische Entwicklung im Grunde nichts anderes dar, als einen Übergang vom französischen Doktrinarismus zur deutschen Praxis." „Oder mit anderen Worten" — so fügte der greise Großwesir hinzu — „von einem schein¬ baren Parlamentarismus zu einem wirklichen Konstitutionalismus". Und in der Tat: wer die Geschichte der jungtürkischen Revolution kennt, der konnte und mußte auch in der jetzigen Krisis nur ein naturnotwendiges Glied in der bisherigen Entwicklungskette") erkennen. Ich bin jetzt wiederum wochenlang ") Die Grundlinien und mich die Schnittpunkte habe ich bereits 1803 und 1909 in meinem Buch „Der aufsteigende Halbmond" aufgezeichnet, im „Hilfe"-Verlag. Grenzboten III 1912 56

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/449>, abgerufen am 22.07.2024.