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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Mineralogie. Es scheint in der Tat, als
sollten die Voigtschen Veröffentlichungen zur
Genesis dieser Seite Goethescher Naturkunde
von Bedeutung werden. Ob der -- nicht
glückliche -- Verlauf des Jlmenauer Unter¬
nehmens, das den "Schatzgräber" hervorrief,
auch die "Solideszenztheorie" Goethes ihrer
ganzen Idee nach beeinflußte? Völlig un¬
bekannt aber ist bisher Wohl Goethes Verdienst
um die Gesundung des Ilmenauer Steuer-
Wirrwarrs gewesen; er hat hier einen echt
zvpfzeitlichen Rattenkönig von vetterschaftlicher
Unredlichkeit ausgehoben, was die Geduld
vieler Jahre brauchte und zuletzt nicht ohne
kriminales Durchgreifen abging. Reben diesen
beiden forscherlichen Leistungen Jul. Voigts
besteht sein Kapitel über "Goethes Schützlinge
in Ilmenau" weniger glänzend. ES lehnt
sich allzusehr an das leider obwaltende
Schema der zuvielen an, die heute bei uns
von Goethe leben. Namentlich der Fall des
Schweizerknaben Peter im Baumgarten --
Goethe suchte die erzieherische Marotte eines
verstorbenen Freundes, deren Objekt jener
Unglücksjunge war, ehrlich ins Gleis zu
bringen -- leidet Adiaphora im Text, die sich
dort gar zu kümmerlich ausnehmen. Dabei
geht natürlich auch das Lehrreiche dieser
Episode in die Brüche. Sie gewährt einen
bemerkenswerten Beitrag zu der seitdem er¬
härteten Erfahrung, daß hervorstechend typische
Exemplare des Allemannenschlages für die
Verpflanzung in den Norden ganz besonders
L, N. ungeeignet zu sein Pflegen.


[Spaltenumbruch]

im Wesen "unumschreiblich und unverlautbnr"
ist, deren Herz ihm Kunst im höchsten Sinne
bleibt, oder, wie der junge Ulrich Bihander
in naturnahen berauschton Stunden empfindet:
Mittlerin und Botin zu einer großen Schlicht¬
heit des Lebens. Der Lebensernst, mit dem
dieser junge Mann aus einem kleinen böh¬
mischen Kurort in die Weltstadt, an die ^.Jena
after kommt, von dein sein ganzes Werden,
Lernen und Lieben erfüllt ist, wird sein Glück
und seine Tragik. Eine solche Natur kann
ihr Liobesschicksal nur in einem Mädchen
finden, das seine Schönheit selbst von einen:
ähnlich planvollen Lebenswillen empfängt;
aber in der Betonung, welche sie auf diese
ihre persönliche Unabhängigkeit, auf die Ver¬
fechtung der Sache legt, der sie sich gewidmet
hat, den Frauen Gleichberechtigung mit den
Männern zu erringen, wird auch der Konflikt
verborgen liegen. Sie will nicht Verräterin
an ihrer Sache werden, will nicht durch die
Ehe der Banalität und Geistesarmut des All¬
tags verfallen, will nicht Mutter seines Kindes
werden. Darin wird der Lebensernst des
jungen Mannes am tiefsten verwundet" so daß
er auf sein Glück verzichten lernen muß. Die
ganze Darstellung dieses Lebens um eines
inneren Zieles willen gibt dem Buch seinen
Wert. Sein Beginn ist nicht eben geschmack¬
voll, die Darstellung der Katastrophe etwas
kraß, und die ganze Handlung eigentlich die
einer Novelle, die nur durch Schilderungen
und durch Wiedergabe umfänglicher Gespräche
zum Volumen eines Romans gediehen ist.
Allein die Schilderungen sind voll feinen
Empfindens, und wahr und tiefsinnig ist fast
alles, was jene Gespräche ausführen. Die
wenigen Figuren sind scharf umrissen und
liebevoll ins Kleine ausgemalt. Wunderbar
dieser Zug der Mutter, die in ihrer betreuen¬
den, gutherzigen Beschränktheit bei dem Be¬
kenntnis ihres Sohnes, er wäre mit dem
geliebten Weibe nicht getraut, nicht anders
empfindet, als ob ihr Bub wieder einmal
bei einer Prüfung durchgefallen wärel Das
ist Poesie: wenn sich zu so einem Zug die
Wahrheiten eines ganzen Lebens verdichten.
Und an solcher Poesie ist dieses breitspurig¬
deutsche, geistreich-schwerfällige Buch nicht arm.

Max Meil [Ende Spaltensatz]
E.G.Kolvenheyer: "Montsalvasch." Ein
Roman für Individualisten. München 1911,
Georg Müller.

beruf zu finden glaubt, der Philosophie, die


Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Mineralogie. Es scheint in der Tat, als
sollten die Voigtschen Veröffentlichungen zur
Genesis dieser Seite Goethescher Naturkunde
von Bedeutung werden. Ob der — nicht
glückliche — Verlauf des Jlmenauer Unter¬
nehmens, das den „Schatzgräber" hervorrief,
auch die „Solideszenztheorie" Goethes ihrer
ganzen Idee nach beeinflußte? Völlig un¬
bekannt aber ist bisher Wohl Goethes Verdienst
um die Gesundung des Ilmenauer Steuer-
Wirrwarrs gewesen; er hat hier einen echt
zvpfzeitlichen Rattenkönig von vetterschaftlicher
Unredlichkeit ausgehoben, was die Geduld
vieler Jahre brauchte und zuletzt nicht ohne
kriminales Durchgreifen abging. Reben diesen
beiden forscherlichen Leistungen Jul. Voigts
besteht sein Kapitel über „Goethes Schützlinge
in Ilmenau" weniger glänzend. ES lehnt
sich allzusehr an das leider obwaltende
Schema der zuvielen an, die heute bei uns
von Goethe leben. Namentlich der Fall des
Schweizerknaben Peter im Baumgarten —
Goethe suchte die erzieherische Marotte eines
verstorbenen Freundes, deren Objekt jener
Unglücksjunge war, ehrlich ins Gleis zu
bringen — leidet Adiaphora im Text, die sich
dort gar zu kümmerlich ausnehmen. Dabei
geht natürlich auch das Lehrreiche dieser
Episode in die Brüche. Sie gewährt einen
bemerkenswerten Beitrag zu der seitdem er¬
härteten Erfahrung, daß hervorstechend typische
Exemplare des Allemannenschlages für die
Verpflanzung in den Norden ganz besonders
L, N. ungeeignet zu sein Pflegen.


[Spaltenumbruch]

im Wesen „unumschreiblich und unverlautbnr"
ist, deren Herz ihm Kunst im höchsten Sinne
bleibt, oder, wie der junge Ulrich Bihander
in naturnahen berauschton Stunden empfindet:
Mittlerin und Botin zu einer großen Schlicht¬
heit des Lebens. Der Lebensernst, mit dem
dieser junge Mann aus einem kleinen böh¬
mischen Kurort in die Weltstadt, an die ^.Jena
after kommt, von dein sein ganzes Werden,
Lernen und Lieben erfüllt ist, wird sein Glück
und seine Tragik. Eine solche Natur kann
ihr Liobesschicksal nur in einem Mädchen
finden, das seine Schönheit selbst von einen:
ähnlich planvollen Lebenswillen empfängt;
aber in der Betonung, welche sie auf diese
ihre persönliche Unabhängigkeit, auf die Ver¬
fechtung der Sache legt, der sie sich gewidmet
hat, den Frauen Gleichberechtigung mit den
Männern zu erringen, wird auch der Konflikt
verborgen liegen. Sie will nicht Verräterin
an ihrer Sache werden, will nicht durch die
Ehe der Banalität und Geistesarmut des All¬
tags verfallen, will nicht Mutter seines Kindes
werden. Darin wird der Lebensernst des
jungen Mannes am tiefsten verwundet» so daß
er auf sein Glück verzichten lernen muß. Die
ganze Darstellung dieses Lebens um eines
inneren Zieles willen gibt dem Buch seinen
Wert. Sein Beginn ist nicht eben geschmack¬
voll, die Darstellung der Katastrophe etwas
kraß, und die ganze Handlung eigentlich die
einer Novelle, die nur durch Schilderungen
und durch Wiedergabe umfänglicher Gespräche
zum Volumen eines Romans gediehen ist.
Allein die Schilderungen sind voll feinen
Empfindens, und wahr und tiefsinnig ist fast
alles, was jene Gespräche ausführen. Die
wenigen Figuren sind scharf umrissen und
liebevoll ins Kleine ausgemalt. Wunderbar
dieser Zug der Mutter, die in ihrer betreuen¬
den, gutherzigen Beschränktheit bei dem Be¬
kenntnis ihres Sohnes, er wäre mit dem
geliebten Weibe nicht getraut, nicht anders
empfindet, als ob ihr Bub wieder einmal
bei einer Prüfung durchgefallen wärel Das
ist Poesie: wenn sich zu so einem Zug die
Wahrheiten eines ganzen Lebens verdichten.
Und an solcher Poesie ist dieses breitspurig¬
deutsche, geistreich-schwerfällige Buch nicht arm.

Max Meil [Ende Spaltensatz]
E.G.Kolvenheyer: „Montsalvasch." Ein
Roman für Individualisten. München 1911,
Georg Müller.

beruf zu finden glaubt, der Philosophie, die


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[0342] Maßgebliches und Unmaßgebliches Mineralogie. Es scheint in der Tat, als sollten die Voigtschen Veröffentlichungen zur Genesis dieser Seite Goethescher Naturkunde von Bedeutung werden. Ob der — nicht glückliche — Verlauf des Jlmenauer Unter¬ nehmens, das den „Schatzgräber" hervorrief, auch die „Solideszenztheorie" Goethes ihrer ganzen Idee nach beeinflußte? Völlig un¬ bekannt aber ist bisher Wohl Goethes Verdienst um die Gesundung des Ilmenauer Steuer- Wirrwarrs gewesen; er hat hier einen echt zvpfzeitlichen Rattenkönig von vetterschaftlicher Unredlichkeit ausgehoben, was die Geduld vieler Jahre brauchte und zuletzt nicht ohne kriminales Durchgreifen abging. Reben diesen beiden forscherlichen Leistungen Jul. Voigts besteht sein Kapitel über „Goethes Schützlinge in Ilmenau" weniger glänzend. ES lehnt sich allzusehr an das leider obwaltende Schema der zuvielen an, die heute bei uns von Goethe leben. Namentlich der Fall des Schweizerknaben Peter im Baumgarten — Goethe suchte die erzieherische Marotte eines verstorbenen Freundes, deren Objekt jener Unglücksjunge war, ehrlich ins Gleis zu bringen — leidet Adiaphora im Text, die sich dort gar zu kümmerlich ausnehmen. Dabei geht natürlich auch das Lehrreiche dieser Episode in die Brüche. Sie gewährt einen bemerkenswerten Beitrag zu der seitdem er¬ härteten Erfahrung, daß hervorstechend typische Exemplare des Allemannenschlages für die Verpflanzung in den Norden ganz besonders L, N. ungeeignet zu sein Pflegen. im Wesen „unumschreiblich und unverlautbnr" ist, deren Herz ihm Kunst im höchsten Sinne bleibt, oder, wie der junge Ulrich Bihander in naturnahen berauschton Stunden empfindet: Mittlerin und Botin zu einer großen Schlicht¬ heit des Lebens. Der Lebensernst, mit dem dieser junge Mann aus einem kleinen böh¬ mischen Kurort in die Weltstadt, an die ^.Jena after kommt, von dein sein ganzes Werden, Lernen und Lieben erfüllt ist, wird sein Glück und seine Tragik. Eine solche Natur kann ihr Liobesschicksal nur in einem Mädchen finden, das seine Schönheit selbst von einen: ähnlich planvollen Lebenswillen empfängt; aber in der Betonung, welche sie auf diese ihre persönliche Unabhängigkeit, auf die Ver¬ fechtung der Sache legt, der sie sich gewidmet hat, den Frauen Gleichberechtigung mit den Männern zu erringen, wird auch der Konflikt verborgen liegen. Sie will nicht Verräterin an ihrer Sache werden, will nicht durch die Ehe der Banalität und Geistesarmut des All¬ tags verfallen, will nicht Mutter seines Kindes werden. Darin wird der Lebensernst des jungen Mannes am tiefsten verwundet» so daß er auf sein Glück verzichten lernen muß. Die ganze Darstellung dieses Lebens um eines inneren Zieles willen gibt dem Buch seinen Wert. Sein Beginn ist nicht eben geschmack¬ voll, die Darstellung der Katastrophe etwas kraß, und die ganze Handlung eigentlich die einer Novelle, die nur durch Schilderungen und durch Wiedergabe umfänglicher Gespräche zum Volumen eines Romans gediehen ist. Allein die Schilderungen sind voll feinen Empfindens, und wahr und tiefsinnig ist fast alles, was jene Gespräche ausführen. Die wenigen Figuren sind scharf umrissen und liebevoll ins Kleine ausgemalt. Wunderbar dieser Zug der Mutter, die in ihrer betreuen¬ den, gutherzigen Beschränktheit bei dem Be¬ kenntnis ihres Sohnes, er wäre mit dem geliebten Weibe nicht getraut, nicht anders empfindet, als ob ihr Bub wieder einmal bei einer Prüfung durchgefallen wärel Das ist Poesie: wenn sich zu so einem Zug die Wahrheiten eines ganzen Lebens verdichten. Und an solcher Poesie ist dieses breitspurig¬ deutsche, geistreich-schwerfällige Buch nicht arm. Max Meil E.G.Kolvenheyer: „Montsalvasch." Ein Roman für Individualisten. München 1911, Georg Müller. beruf zu finden glaubt, der Philosophie, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/342>, abgerufen am 29.06.2024.