Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.Reichsspiegel Bank und Geld Politische Ruhe und sommerliche Stille -- Die wirtschaftliche Seite der militärischen Rüstungen -- Hochkonjunktur im Schiffsbau -- Die günstige Lage der deutschen Reederei -- Die Verkehrssteigerung der Eisenbahnen -- Vorteile und Nachteile der Industrialisierung -- Die Verschuldung der Städte -- Kommunale Expansions¬ politik Der Geldmarkt -- Die Ernte Mit den Ferien ist die übliche Geschäftsstille in den Börsensälen ein¬ Reichsspiegel Bank und Geld Politische Ruhe und sommerliche Stille — Die wirtschaftliche Seite der militärischen Rüstungen — Hochkonjunktur im Schiffsbau — Die günstige Lage der deutschen Reederei — Die Verkehrssteigerung der Eisenbahnen — Vorteile und Nachteile der Industrialisierung — Die Verschuldung der Städte — Kommunale Expansions¬ politik Der Geldmarkt — Die Ernte Mit den Ferien ist die übliche Geschäftsstille in den Börsensälen ein¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0200" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/321947"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341895_321746/figures/grenzboten_341895_321746_321947_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Reichsspiegel<lb/></head><lb/> <div n="2"> <head> Bank und Geld</head><lb/> <note type="argument"> Politische Ruhe und sommerliche Stille — Die wirtschaftliche Seite der militärischen<lb/> Rüstungen — Hochkonjunktur im Schiffsbau — Die günstige Lage der deutschen<lb/> Reederei — Die Verkehrssteigerung der Eisenbahnen — Vorteile und Nachteile der<lb/> Industrialisierung — Die Verschuldung der Städte — Kommunale Expansions¬<lb/> politik Der Geldmarkt — Die Ernte</note><lb/> <p xml:id="ID_814" next="#ID_815"> Mit den Ferien ist die übliche Geschäftsstille in den Börsensälen ein¬<lb/> gezogen. Keinerlei Aufregung und Besorgnis stört diesmal den sommerlichen<lb/> Frieden. Nicht ohne das Gefühl einer angenehmen Erleichterung denkt man<lb/> an die gleiche Zeit des Vorjahres zurück, die durch die Aktion von Agadir<lb/> eine so sorgenvolle, an Gefahren und Strömungen für das Wirtschaftsleben so<lb/> ergiebige Periode einleitete. Heute stellt man mit Befriedigung fest, daß der<lb/> politische Himmel wolkenlos ist. Die Verständigung zwischen Rußland<lb/> und Deutschland wird wohl mit Recht allenthalben als ein starkes Bollwerk<lb/> des europäischen Friedens angesehen und so hat man die Nervosität, welche<lb/> das in diesem Jahre so augenfällig in die Erscheinung tretende Wettrüsten der<lb/> Staaten erzeugt hatte, allmählich abzustreifen gelernt. Da man bei den starken<lb/> Flotten- und Heeresvermehrungen Deutschlands, Englands und Frankreichs, an<lb/> denen nunmehr auch unser Verbündeter Österreich-Ungarn teilnimmt, nicht mehr<lb/> eine unmittelbare Gefahr für den Frieden vor Augen hat, kommt die günstige<lb/> wirtschaftliche Wirkung, welche so bedeutende staatliche Aufwendungen für<lb/> die Industrie der beteiligten Länder im Gefolge haben, ungehindert zur<lb/> Geltung. Diese Rückwirkung darf man nicht gering einschätzen; die Hunderte<lb/> von Millionen, welche jeder einzelne Staat für die Beschaffung von Panzer¬<lb/> schiffen, von Kriegsmaterial aller Art aufwendet, würden ausreichen, ganzen<lb/> Industriezweigen bei sonst darntederliegender Konjunktur einen neuen Impuls<lb/> zu verleihen. Danach läßt sich leicht ermessen, um wieviel schwächer diese<lb/> stimulierende Wirkung sich geltend machen muß, wo sie mit einer ohnehin<lb/> günstigen Wirtschaftslage und einer ohnehin schon fieberhaft angespannten Pro¬<lb/> duktion zusammentrifft. Am unmittelbarsten ist der Einfluß natürlich bei den<lb/> Industrien festzustellen, denen die staatlichen Aufträge direkt zufließen. Unter<lb/> diesen stehen augenscheinlich die Schiffswerften in erster Reihe. Denn die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0200]
[Abbildung]
Reichsspiegel
Bank und Geld
Politische Ruhe und sommerliche Stille — Die wirtschaftliche Seite der militärischen
Rüstungen — Hochkonjunktur im Schiffsbau — Die günstige Lage der deutschen
Reederei — Die Verkehrssteigerung der Eisenbahnen — Vorteile und Nachteile der
Industrialisierung — Die Verschuldung der Städte — Kommunale Expansions¬
politik Der Geldmarkt — Die Ernte
Mit den Ferien ist die übliche Geschäftsstille in den Börsensälen ein¬
gezogen. Keinerlei Aufregung und Besorgnis stört diesmal den sommerlichen
Frieden. Nicht ohne das Gefühl einer angenehmen Erleichterung denkt man
an die gleiche Zeit des Vorjahres zurück, die durch die Aktion von Agadir
eine so sorgenvolle, an Gefahren und Strömungen für das Wirtschaftsleben so
ergiebige Periode einleitete. Heute stellt man mit Befriedigung fest, daß der
politische Himmel wolkenlos ist. Die Verständigung zwischen Rußland
und Deutschland wird wohl mit Recht allenthalben als ein starkes Bollwerk
des europäischen Friedens angesehen und so hat man die Nervosität, welche
das in diesem Jahre so augenfällig in die Erscheinung tretende Wettrüsten der
Staaten erzeugt hatte, allmählich abzustreifen gelernt. Da man bei den starken
Flotten- und Heeresvermehrungen Deutschlands, Englands und Frankreichs, an
denen nunmehr auch unser Verbündeter Österreich-Ungarn teilnimmt, nicht mehr
eine unmittelbare Gefahr für den Frieden vor Augen hat, kommt die günstige
wirtschaftliche Wirkung, welche so bedeutende staatliche Aufwendungen für
die Industrie der beteiligten Länder im Gefolge haben, ungehindert zur
Geltung. Diese Rückwirkung darf man nicht gering einschätzen; die Hunderte
von Millionen, welche jeder einzelne Staat für die Beschaffung von Panzer¬
schiffen, von Kriegsmaterial aller Art aufwendet, würden ausreichen, ganzen
Industriezweigen bei sonst darntederliegender Konjunktur einen neuen Impuls
zu verleihen. Danach läßt sich leicht ermessen, um wieviel schwächer diese
stimulierende Wirkung sich geltend machen muß, wo sie mit einer ohnehin
günstigen Wirtschaftslage und einer ohnehin schon fieberhaft angespannten Pro¬
duktion zusammentrifft. Am unmittelbarsten ist der Einfluß natürlich bei den
Industrien festzustellen, denen die staatlichen Aufträge direkt zufließen. Unter
diesen stehen augenscheinlich die Schiffswerften in erster Reihe. Denn die
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