Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.Reichsspiegel Aciiser und Reich Rückkehr aus Korfil -- Die Besprechung in Stuttgart -- Der Kaiser in Straßburg -- Ausbeutung der Kaiserworte durch Demokraten -- Unzulässigkeit des Vergleichs mit 1903 -- Konsequenzen -- Bethmann im Glück -- Zentrum und Nationalliberale über Besitzsteuern Nach sechswöchentlicher Abwesenheit hat der Kaiser am Sonnabend, den Von Stuttgart hat sich der Kaiser zunächst nach Straßburg begeben, wo Den Feinden eines auf Vertrauen beruhenden Verhältnisses zwischen Kaiser Reichsspiegel Aciiser und Reich Rückkehr aus Korfil — Die Besprechung in Stuttgart — Der Kaiser in Straßburg — Ausbeutung der Kaiserworte durch Demokraten — Unzulässigkeit des Vergleichs mit 1903 — Konsequenzen — Bethmann im Glück — Zentrum und Nationalliberale über Besitzsteuern Nach sechswöchentlicher Abwesenheit hat der Kaiser am Sonnabend, den Von Stuttgart hat sich der Kaiser zunächst nach Straßburg begeben, wo Den Feinden eines auf Vertrauen beruhenden Verhältnisses zwischen Kaiser <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/321493"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341895_321082/figures/grenzboten_341895_321082_321493_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Reichsspiegel<lb/></head><lb/> <div n="2"> <head> Aciiser und Reich</head><lb/> <note type="argument"> Rückkehr aus Korfil — Die Besprechung in Stuttgart — Der Kaiser in Straßburg —<lb/> Ausbeutung der Kaiserworte durch Demokraten — Unzulässigkeit des Vergleichs mit<lb/> 1903 — Konsequenzen — Bethmann im Glück — Zentrum und Nationalliberale<lb/> über Besitzsteuern</note><lb/> <p xml:id="ID_1761"> Nach sechswöchentlicher Abwesenheit hat der Kaiser am Sonnabend, den<lb/> 11. d. Mes., wieder deutschen Boden betreten, erwartet von der Ungeduld derer,<lb/> die sich von seiner Rückkehr die Entscheidung über verschiedene schwebende Fragen<lb/> der auswärtigen Politik versprachen. So hat denn auch sein erstes Zusammen¬<lb/> treffen mit den verantwortlichen Leitern der deutschen auswärtigen Politik, mit<lb/> dein Reichskanzler und dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts, denen sich<lb/> Freiherr Marschall von Bieberstein, nunmehriger Botschafter in London, angeschlossen<lb/> hatte, eine ganz besondere Aufmerksamkeit gefunden. Was in Stuttgart im<lb/> einzelnen zwischen dem Monarchen und seinen obersten Vertrauensmännern be¬<lb/> sprochen wurde, entzieht sich naturgemäß unserer Kenntnis.</p><lb/> <p xml:id="ID_1762"> Von Stuttgart hat sich der Kaiser zunächst nach Straßburg begeben, wo<lb/> er durch eine unvorhergesehene Kundgebung die Aufmerksamkeit des gesamten Jn-<lb/> und Auslandes auf eine Frage gelenkt hat, die schon lange einen wunden Punkt<lb/> an Deutschlands innerer Politik bedeutet: auf die elsaß-lothringische. Vom<lb/> Kanzler, aber auch von den zuständigen kommandierender Gsneralen davon unter¬<lb/> richtet, daß die jüngste Entwicklung der Stimmung in den Reichslanden die<lb/> Warnungen aller derer rechtfertigt, die seinerzeit gegen die Einführung einer neuen<lb/> Verfassung Einspruch erhoben, unterrichtet von den Taktlosigkeiten gegen die Person<lb/> des Monarchen selbst, dessen Initiative die Elsaß-Lothringer doch in erster Linie<lb/> die neue Verfassung zu danken haben, hat der Kaiser seinem Unwillen in einem<lb/> Gespräch privaten Charakters mit dem Oberbürgermeister von Straßburg kräftigen,<lb/> seinem Temperament entsprechenden Ausdruck verliehen. Die laut gesprochenen<lb/> Worte des Kaisers sind auch von solchen Personen gehört worden, für die sie<lb/> vielleicht nicht bestimmt waren, und diese haben sie mit starken Übertreibungen an<lb/> die französische Presse weitergegeben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1763" next="#ID_1764"> Den Feinden eines auf Vertrauen beruhenden Verhältnisses zwischen Kaiser<lb/> und Nation kommen die Äußerungen des Monarchen naturgemäß sehr gelegen,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
[Abbildung]
Reichsspiegel
Aciiser und Reich
Rückkehr aus Korfil — Die Besprechung in Stuttgart — Der Kaiser in Straßburg —
Ausbeutung der Kaiserworte durch Demokraten — Unzulässigkeit des Vergleichs mit
1903 — Konsequenzen — Bethmann im Glück — Zentrum und Nationalliberale
über Besitzsteuern
Nach sechswöchentlicher Abwesenheit hat der Kaiser am Sonnabend, den
11. d. Mes., wieder deutschen Boden betreten, erwartet von der Ungeduld derer,
die sich von seiner Rückkehr die Entscheidung über verschiedene schwebende Fragen
der auswärtigen Politik versprachen. So hat denn auch sein erstes Zusammen¬
treffen mit den verantwortlichen Leitern der deutschen auswärtigen Politik, mit
dein Reichskanzler und dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts, denen sich
Freiherr Marschall von Bieberstein, nunmehriger Botschafter in London, angeschlossen
hatte, eine ganz besondere Aufmerksamkeit gefunden. Was in Stuttgart im
einzelnen zwischen dem Monarchen und seinen obersten Vertrauensmännern be¬
sprochen wurde, entzieht sich naturgemäß unserer Kenntnis.
Von Stuttgart hat sich der Kaiser zunächst nach Straßburg begeben, wo
er durch eine unvorhergesehene Kundgebung die Aufmerksamkeit des gesamten Jn-
und Auslandes auf eine Frage gelenkt hat, die schon lange einen wunden Punkt
an Deutschlands innerer Politik bedeutet: auf die elsaß-lothringische. Vom
Kanzler, aber auch von den zuständigen kommandierender Gsneralen davon unter¬
richtet, daß die jüngste Entwicklung der Stimmung in den Reichslanden die
Warnungen aller derer rechtfertigt, die seinerzeit gegen die Einführung einer neuen
Verfassung Einspruch erhoben, unterrichtet von den Taktlosigkeiten gegen die Person
des Monarchen selbst, dessen Initiative die Elsaß-Lothringer doch in erster Linie
die neue Verfassung zu danken haben, hat der Kaiser seinem Unwillen in einem
Gespräch privaten Charakters mit dem Oberbürgermeister von Straßburg kräftigen,
seinem Temperament entsprechenden Ausdruck verliehen. Die laut gesprochenen
Worte des Kaisers sind auch von solchen Personen gehört worden, für die sie
vielleicht nicht bestimmt waren, und diese haben sie mit starken Übertreibungen an
die französische Presse weitergegeben.
Den Feinden eines auf Vertrauen beruhenden Verhältnisses zwischen Kaiser
und Nation kommen die Äußerungen des Monarchen naturgemäß sehr gelegen,
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