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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Volksdichtungen aus Capri
I^In iumo me ietto mare, mare;
percletts u eoio mmiexo all' arön'. --
^ello spisnno Ä tanto nmiinklri,
L rice, alte l'bsnno visto mbistto a de-,

(^ello ---- altes Jmpcrf. von ire; spianno spi-lnuci; rice ^- aine)

Ich ging einmal am Strande viele Stunden:
Verloren hab ich da mein Herz im Sand.
Die Fischer fragt' ich rings: "Habt ihr's gefunden?" --
Man meint, das; eS in deiner Brust verschwand.

10.

Unverhohlener äußert sich die überschwängliche Huldigung eines anderen,
und zwar in vollen reinen Reimen, was auf höheren Bildungsgrad hindeuten
dürfte, trotz des selbst beigelegten "povero amante":

Leila kiAliola en sti rieei in ironte,
i^si murir a ML, povero smante;
l^si allLZro in solo, quanno spontv,
K la >An2 qusnno mette allu livantv.

^incl cerneLeliio; Haarlocke um den Schläfen; sponto emporsteigt)

Du schöne Maid mit deinem Lockenkranze,
Schaffst mir, dem armen Liebsten, Todesqualen;
Die Sonne hebt sich, froh in deinem Glänze,
Den Mond im Osten laßt nur dn erstrahlen.

11.

Feineres Wesen, gepaart mit vornehmer Bescheidenheit, ziert auch den Sänger
des folgenden Zehnzeilers, der schon durch die geschickte Handhabung dieser seltener
auftretenden, schwierigeren Versform geschulleres Kunstverständnis verrät, wenn
auch die mangelhafte, offenbar im Volksgedächtnis verwischte Überlieferung dem
zu widersprechen scheint:

Vurrio siriventa un risignuolv,
Volaio ti vurrio nöt tuo Lisrctino.
3i mi vulissi bene, fuore, parlsmi,
IZ co^Iiero mi vurrio nu Ziesummino.
/^Ila mattins ti svvgliorio on canto,
IZ sita sera ta rurmintsrio.
K tu, KEntile, ano in'smssti tanto,
^> vssi duoi mie vssi alio:
^bkrils nun S abbrilo SLlixii Sciuri,
I^fuore sonxil vahl nun amorel

(Oiesummino ---- gelsomino ^ssmin; runnintaiio - ^ cloimentsrio; edle cnieue
von enieäere, begehren)

In eine Nachtigall möcht' ich mich wandeln!
Wohl flog' ich dann in deines Gartens Lauben.
Und wärst du mir dann gut, riefst du mich zärtlich,
Und ein Jasmin wollt' ich bescheiden rauben.
Dann weckt' ich morgens dich mit meinem Sänge,
Sanft einzuschlummern würdest abends lauschen,
Und wechselnd wollten wir im LiebeSdrange
Dann Küsse süß beglückt um Küsse tauschen;

Volksdichtungen aus Capri
I^In iumo me ietto mare, mare;
percletts u eoio mmiexo all' arön'. —
^ello spisnno Ä tanto nmiinklri,
L rice, alte l'bsnno visto mbistto a de-,

(^ello ---- altes Jmpcrf. von ire; spianno spi-lnuci; rice ^- aine)

Ich ging einmal am Strande viele Stunden:
Verloren hab ich da mein Herz im Sand.
Die Fischer fragt' ich rings: „Habt ihr's gefunden?" —
Man meint, das; eS in deiner Brust verschwand.

10.

Unverhohlener äußert sich die überschwängliche Huldigung eines anderen,
und zwar in vollen reinen Reimen, was auf höheren Bildungsgrad hindeuten
dürfte, trotz des selbst beigelegten „povero amante":

Leila kiAliola en sti rieei in ironte,
i^si murir a ML, povero smante;
l^si allLZro in solo, quanno spontv,
K la >An2 qusnno mette allu livantv.

^incl cerneLeliio; Haarlocke um den Schläfen; sponto emporsteigt)

Du schöne Maid mit deinem Lockenkranze,
Schaffst mir, dem armen Liebsten, Todesqualen;
Die Sonne hebt sich, froh in deinem Glänze,
Den Mond im Osten laßt nur dn erstrahlen.

11.

Feineres Wesen, gepaart mit vornehmer Bescheidenheit, ziert auch den Sänger
des folgenden Zehnzeilers, der schon durch die geschickte Handhabung dieser seltener
auftretenden, schwierigeren Versform geschulleres Kunstverständnis verrät, wenn
auch die mangelhafte, offenbar im Volksgedächtnis verwischte Überlieferung dem
zu widersprechen scheint:

Vurrio siriventa un risignuolv,
Volaio ti vurrio nöt tuo Lisrctino.
3i mi vulissi bene, fuore, parlsmi,
IZ co^Iiero mi vurrio nu Ziesummino.
/^Ila mattins ti svvgliorio on canto,
IZ sita sera ta rurmintsrio.
K tu, KEntile, ano in'smssti tanto,
^> vssi duoi mie vssi alio:
^bkrils nun S abbrilo SLlixii Sciuri,
I^fuore sonxil vahl nun amorel

(Oiesummino ---- gelsomino ^ssmin; runnintaiio - ^ cloimentsrio; edle cnieue
von enieäere, begehren)

In eine Nachtigall möcht' ich mich wandeln!
Wohl flog' ich dann in deines Gartens Lauben.
Und wärst du mir dann gut, riefst du mich zärtlich,
Und ein Jasmin wollt' ich bescheiden rauben.
Dann weckt' ich morgens dich mit meinem Sänge,
Sanft einzuschlummern würdest abends lauschen,
Und wechselnd wollten wir im LiebeSdrange
Dann Küsse süß beglückt um Küsse tauschen;

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[0514] Volksdichtungen aus Capri I^In iumo me ietto mare, mare; percletts u eoio mmiexo all' arön'. — ^ello spisnno Ä tanto nmiinklri, L rice, alte l'bsnno visto mbistto a de-, (^ello ---- altes Jmpcrf. von ire; spianno spi-lnuci; rice ^- aine) Ich ging einmal am Strande viele Stunden: Verloren hab ich da mein Herz im Sand. Die Fischer fragt' ich rings: „Habt ihr's gefunden?" — Man meint, das; eS in deiner Brust verschwand. 10. Unverhohlener äußert sich die überschwängliche Huldigung eines anderen, und zwar in vollen reinen Reimen, was auf höheren Bildungsgrad hindeuten dürfte, trotz des selbst beigelegten „povero amante": Leila kiAliola en sti rieei in ironte, i^si murir a ML, povero smante; l^si allLZro in solo, quanno spontv, K la >An2 qusnno mette allu livantv. ^incl cerneLeliio; Haarlocke um den Schläfen; sponto emporsteigt) Du schöne Maid mit deinem Lockenkranze, Schaffst mir, dem armen Liebsten, Todesqualen; Die Sonne hebt sich, froh in deinem Glänze, Den Mond im Osten laßt nur dn erstrahlen. 11. Feineres Wesen, gepaart mit vornehmer Bescheidenheit, ziert auch den Sänger des folgenden Zehnzeilers, der schon durch die geschickte Handhabung dieser seltener auftretenden, schwierigeren Versform geschulleres Kunstverständnis verrät, wenn auch die mangelhafte, offenbar im Volksgedächtnis verwischte Überlieferung dem zu widersprechen scheint: Vurrio siriventa un risignuolv, Volaio ti vurrio nöt tuo Lisrctino. 3i mi vulissi bene, fuore, parlsmi, IZ co^Iiero mi vurrio nu Ziesummino. /^Ila mattins ti svvgliorio on canto, IZ sita sera ta rurmintsrio. K tu, KEntile, ano in'smssti tanto, ^> vssi duoi mie vssi alio: ^bkrils nun S abbrilo SLlixii Sciuri, I^fuore sonxil vahl nun amorel (Oiesummino ---- gelsomino ^ssmin; runnintaiio - ^ cloimentsrio; edle cnieue von enieäere, begehren) In eine Nachtigall möcht' ich mich wandeln! Wohl flog' ich dann in deines Gartens Lauben. Und wärst du mir dann gut, riefst du mich zärtlich, Und ein Jasmin wollt' ich bescheiden rauben. Dann weckt' ich morgens dich mit meinem Sänge, Sanft einzuschlummern würdest abends lauschen, Und wechselnd wollten wir im LiebeSdrange Dann Küsse süß beglückt um Küsse tauschen;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/514>, abgerufen am 03.07.2024.