Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Degas als Impressionist) Dr. Werner Weisbach von egas (geb. 1834) nimmt innerhalb des modernen Impressionismus Zwei Faktoren sind dann vornehmlich für seine weitere Entwicklung bedeut¬ Zu einer bildmäßigen Zusammenfassung seiner Beobachtungen gelangte er *) Dieser Aufsatz ist ein Kapitel aus dem in diesen Tagen bei G, Grote-Berlin
erscheinenden zweiten Bande des Werkes "Impressionismus. Ein Problem der Malerei in der Antike und Neuzeit." Der erste Band ist bereits in Heft 22 dieses Jahrgangs angezeigt worden; eine ausführliche Besprechung des ganzen Werkes wird in einiger Zeit erfolgen. Die Schriftltg. Degas als Impressionist) Dr. Werner Weisbach von egas (geb. 1834) nimmt innerhalb des modernen Impressionismus Zwei Faktoren sind dann vornehmlich für seine weitere Entwicklung bedeut¬ Zu einer bildmäßigen Zusammenfassung seiner Beobachtungen gelangte er *) Dieser Aufsatz ist ein Kapitel aus dem in diesen Tagen bei G, Grote-Berlin
erscheinenden zweiten Bande des Werkes „Impressionismus. Ein Problem der Malerei in der Antike und Neuzeit." Der erste Band ist bereits in Heft 22 dieses Jahrgangs angezeigt worden; eine ausführliche Besprechung des ganzen Werkes wird in einiger Zeit erfolgen. Die Schriftltg. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0412" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/320013"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341893_319600/figures/grenzboten_341893_319600_320013_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Degas als Impressionist)<lb/><note type="byline"> Dr. Werner Weisbach</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_1736"> egas (geb. 1834) nimmt innerhalb des modernen Impressionismus<lb/> eine Sonderstellung ein. Sun Ausgangspunkt und die Bedingungen<lb/> für seine Entwicklung waren andere als fürMonet oder Renoir.<lb/> Er begann als Schüler der öools clss Keaux-^res und hat sich<lb/> gegen die strenge formale Schulung, die er dort erhielt, nicht auf¬<lb/> gelehnt. Zu Ingres fühlt er sich besonders hingezogen. Er steht zunächst ganz<lb/> im Banne der Tradition. Seine ersten Bilder behandeln antike Vorwürfe. Was<lb/> streng in der Form und im Aufbau ist, hat am meisten Reiz für ihn. Während<lb/> seines Aufenthaltes in Rom 1857 besitzt er schon eine erstaunliche Formbeherrschung.<lb/> Man kennt aus dieser Zeit einige Figurenbilder nach dem Leben, die in ihrer<lb/> schlichten Natürlichkeit, Klarheit der Anlage und Subtilität der Durchführung etwas<lb/> Fesselndes haben. Er zeigt sich als ein genau beobachtender Formzergliederer,<lb/> ohne dabei in Kleinigkeiten aufzugehen. Durch Analyse der Sichtbarkeiten sucht<lb/> er sich eine gründliche Naturkenntnis zu verschaffen. Wie er durch das „realistische"<lb/> Verfahren Ingres', das dieser bei seinen Porträtgemälden und -Zeichnungen anwendet,<lb/> beeinflußt wurde, tritt hier und da zutage. Im ganzen ist man über das frühe<lb/> Schaffen von Degas nicht gut unterrichtet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1737"> Zwei Faktoren sind dann vornehmlich für seine weitere Entwicklung bedeut¬<lb/> sam geworden: das Bekanntwerden mit Marcks Kunst und das Studium der<lb/> Japaner. Durch Manet wurde er auf den spezifisch modernen Darstellungskreis<lb/> gewiesen: auf die Vorgänge der Straße, in Cafes, Theatern, Kabarets, Konzerten,<lb/> auf Nennplätzen und Tanzböden. Er stellt sein Auge jetzt auch auf die Reize<lb/> dieser Art von Aktualität ein. Sein Beobachtungsfeld wurde in das durch Manet<lb/> erschlossene Gebiet verlegt. Und auch in der Art, wie er seine Beobachtungen<lb/> registriert, finden sich um die Wende der sechziger und siebziger Jahre manche<lb/> Anklänge an Manet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1738" next="#ID_1739"> Zu einer bildmäßigen Zusammenfassung seiner Beobachtungen gelangte er<lb/> unter Benutzung von Erfahrungen, die er an der ostasiatischen Kunst gemacht<lb/> hatte. Das Prinzip einer dekorativen Flächenfüllung im Sinne der Japaner ver¬<lb/> tritt er vielleicht am konsequentesten. Die dekorativen Elemente, die er sich aneignet,</p><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> *) Dieser Aufsatz ist ein Kapitel aus dem in diesen Tagen bei G, Grote-Berlin<lb/> erscheinenden zweiten Bande des Werkes „Impressionismus. Ein Problem der Malerei in<lb/> der Antike und Neuzeit." Der erste Band ist bereits in Heft 22 dieses Jahrgangs angezeigt<lb/> worden; eine ausführliche Besprechung des ganzen Werkes wird in einiger Zeit erfolgen.<lb/><note type="byline"> Die Schriftltg.</note></note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0412]
[Abbildung]
Degas als Impressionist)
Dr. Werner Weisbach von
egas (geb. 1834) nimmt innerhalb des modernen Impressionismus
eine Sonderstellung ein. Sun Ausgangspunkt und die Bedingungen
für seine Entwicklung waren andere als fürMonet oder Renoir.
Er begann als Schüler der öools clss Keaux-^res und hat sich
gegen die strenge formale Schulung, die er dort erhielt, nicht auf¬
gelehnt. Zu Ingres fühlt er sich besonders hingezogen. Er steht zunächst ganz
im Banne der Tradition. Seine ersten Bilder behandeln antike Vorwürfe. Was
streng in der Form und im Aufbau ist, hat am meisten Reiz für ihn. Während
seines Aufenthaltes in Rom 1857 besitzt er schon eine erstaunliche Formbeherrschung.
Man kennt aus dieser Zeit einige Figurenbilder nach dem Leben, die in ihrer
schlichten Natürlichkeit, Klarheit der Anlage und Subtilität der Durchführung etwas
Fesselndes haben. Er zeigt sich als ein genau beobachtender Formzergliederer,
ohne dabei in Kleinigkeiten aufzugehen. Durch Analyse der Sichtbarkeiten sucht
er sich eine gründliche Naturkenntnis zu verschaffen. Wie er durch das „realistische"
Verfahren Ingres', das dieser bei seinen Porträtgemälden und -Zeichnungen anwendet,
beeinflußt wurde, tritt hier und da zutage. Im ganzen ist man über das frühe
Schaffen von Degas nicht gut unterrichtet.
Zwei Faktoren sind dann vornehmlich für seine weitere Entwicklung bedeut¬
sam geworden: das Bekanntwerden mit Marcks Kunst und das Studium der
Japaner. Durch Manet wurde er auf den spezifisch modernen Darstellungskreis
gewiesen: auf die Vorgänge der Straße, in Cafes, Theatern, Kabarets, Konzerten,
auf Nennplätzen und Tanzböden. Er stellt sein Auge jetzt auch auf die Reize
dieser Art von Aktualität ein. Sein Beobachtungsfeld wurde in das durch Manet
erschlossene Gebiet verlegt. Und auch in der Art, wie er seine Beobachtungen
registriert, finden sich um die Wende der sechziger und siebziger Jahre manche
Anklänge an Manet.
Zu einer bildmäßigen Zusammenfassung seiner Beobachtungen gelangte er
unter Benutzung von Erfahrungen, die er an der ostasiatischen Kunst gemacht
hatte. Das Prinzip einer dekorativen Flächenfüllung im Sinne der Japaner ver¬
tritt er vielleicht am konsequentesten. Die dekorativen Elemente, die er sich aneignet,
*) Dieser Aufsatz ist ein Kapitel aus dem in diesen Tagen bei G, Grote-Berlin
erscheinenden zweiten Bande des Werkes „Impressionismus. Ein Problem der Malerei in
der Antike und Neuzeit." Der erste Band ist bereits in Heft 22 dieses Jahrgangs angezeigt
worden; eine ausführliche Besprechung des ganzen Werkes wird in einiger Zeit erfolgen.
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