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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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MernVurger Straße 22s/23.

Das neue Aamerun
Rudolf Wagner von

er Kongovertrag mit Frankreich hat uns an der Ost- und Süd¬
grenze von Kamerun einen Landzuwachs von 275000 Geviert¬
kilometern, viermal so groß wie das Königreich Bayern, gebracht,
wogegenDeutschland den Franzosen den sogenannten "Entenschnabel",
das Gebiet zwischen dem Schari und Logone (12000 Geviertkilo¬
meter) abgetreten hat. Die neuen Grenzen Kameruns, wie sie in dem Über¬
einkommen in großen Zügen festgelegt sind, dürfen wohl als bekannt voraus¬
gesetzt werden; sie umfassen eine Fläche von 761000 Geviertkilometer. Zum
Verständnis ihrer Wirtschafts-geographischen Bedeutung gelangen wir aber erst,
wenn wir das neue Kamerun zusammen mit dem alten betrachten.

In den Presseerörterungen der letzten Wochen über den Wert oder Unwert
der neugewonnenen Gebiete und in den Verhandlungen des Reichstags treten
fast durchweg falsche Vorstellungen über deren geographische Verhältnisse zutage.
Es ist da vielfach generell von "Kongosümpfen" und "Wüsten" gesprochen
worden, und man konnte den Anschein gewinnen, als ob das ganze lang¬
gestreckte Gebiet, das wir von den Franzosen bekommen haben, einen gleich¬
artigen Landschaftscharakter aufweise. Das ist ganz und gar nicht der Fall.

Unsere Kolonie Kamerun gehört zwei grundverschiedenen geographischen
Regionen an. Das südliche Viertel gehört zu dem Urwaldgelnet des Kongo¬
beckens, das übrige zu der großen Steppenregion, die sich vom westlichen Sudan
quer durch ganz Afrika bis an die Ostküste und an den Sambesi hinzieht, in
seinen Formen aber wesentliche Verschiedenheiten zeigt, vom lichten Wald oder
der Parklandschaft bis zur trockenen Grassteppe. Natürlich darf man sich nun
nicht vorstellen, daß die Waldgrenze scharf ausgeprägt W und die Steppe da
beginnt, wo der Urwald aufhört. Von der Nordwestgrenze beginnend ist die
ganze Küste von Kamerun durchschnittlich 100 bis 150 Kilometer landeinwärts
bis hinauf an den Rand des Hochlandes mit Urwald bedeckt. Vom Sanaga-


Grenzboten IV 1911 39


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Rudolf Wagner von

er Kongovertrag mit Frankreich hat uns an der Ost- und Süd¬
grenze von Kamerun einen Landzuwachs von 275000 Geviert¬
kilometern, viermal so groß wie das Königreich Bayern, gebracht,
wogegenDeutschland den Franzosen den sogenannten „Entenschnabel",
das Gebiet zwischen dem Schari und Logone (12000 Geviertkilo¬
meter) abgetreten hat. Die neuen Grenzen Kameruns, wie sie in dem Über¬
einkommen in großen Zügen festgelegt sind, dürfen wohl als bekannt voraus¬
gesetzt werden; sie umfassen eine Fläche von 761000 Geviertkilometer. Zum
Verständnis ihrer Wirtschafts-geographischen Bedeutung gelangen wir aber erst,
wenn wir das neue Kamerun zusammen mit dem alten betrachten.

In den Presseerörterungen der letzten Wochen über den Wert oder Unwert
der neugewonnenen Gebiete und in den Verhandlungen des Reichstags treten
fast durchweg falsche Vorstellungen über deren geographische Verhältnisse zutage.
Es ist da vielfach generell von „Kongosümpfen" und „Wüsten" gesprochen
worden, und man konnte den Anschein gewinnen, als ob das ganze lang¬
gestreckte Gebiet, das wir von den Franzosen bekommen haben, einen gleich¬
artigen Landschaftscharakter aufweise. Das ist ganz und gar nicht der Fall.

Unsere Kolonie Kamerun gehört zwei grundverschiedenen geographischen
Regionen an. Das südliche Viertel gehört zu dem Urwaldgelnet des Kongo¬
beckens, das übrige zu der großen Steppenregion, die sich vom westlichen Sudan
quer durch ganz Afrika bis an die Ostküste und an den Sambesi hinzieht, in
seinen Formen aber wesentliche Verschiedenheiten zeigt, vom lichten Wald oder
der Parklandschaft bis zur trockenen Grassteppe. Natürlich darf man sich nun
nicht vorstellen, daß die Waldgrenze scharf ausgeprägt W und die Steppe da
beginnt, wo der Urwald aufhört. Von der Nordwestgrenze beginnend ist die
ganze Küste von Kamerun durchschnittlich 100 bis 150 Kilometer landeinwärts
bis hinauf an den Rand des Hochlandes mit Urwald bedeckt. Vom Sanaga-


Grenzboten IV 1911 39
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/313>, abgerufen am 03.07.2024.