Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Der Jüngling und das Weib "Nein, Frau Priorin", erwiderte die junge Frau stockend, "ich dachte nur Die mater reverenäa lächelte nachsichtig. "Daß du nicht auch zu lesen und zu schreiben verstehst, ist deine Schuld, ins "Dazumal war ich auch noch dumm", meinte Merge. "Aber jetzt bist du wohl gescheit?" "Ach nein, gescheit noch lange nicht. Aber ich sehe doch bei Euch und Eurer "So, sol Wenn dir diese Einsicht nur früher gekommen wäre!" "Glaubt Ihr, daß es jetzt zu spät ist? "Zum Lernen ist es nie zu spät. Man muß nur mit applieation daran gehen." "Ach, Frau Priorin, wenn Ihr mich im Lesen, sonderlich aber im Schreiben "Ich? Warum denn gerade ich?" fragte Schwester Felicitas überrascht. "Wenn man etwas lernen will, soll man sich immer zum besten Meister in Diesem Beweisgründe vermochte die alte Dame nicht zu widerstehen. Sie (Fortsetzung folgt) Der Jüngling und das Weib Line moderne Parabel Lothar Bringer-Wasservogel- von i bu Notrms, Arabiens größter Dichter, dessen Lieder die Krieger zum Der Jüngling und das Weib „Nein, Frau Priorin", erwiderte die junge Frau stockend, „ich dachte nur Die mater reverenäa lächelte nachsichtig. „Daß du nicht auch zu lesen und zu schreiben verstehst, ist deine Schuld, ins „Dazumal war ich auch noch dumm", meinte Merge. „Aber jetzt bist du wohl gescheit?" „Ach nein, gescheit noch lange nicht. Aber ich sehe doch bei Euch und Eurer „So, sol Wenn dir diese Einsicht nur früher gekommen wäre!" „Glaubt Ihr, daß es jetzt zu spät ist? „Zum Lernen ist es nie zu spät. Man muß nur mit applieation daran gehen." „Ach, Frau Priorin, wenn Ihr mich im Lesen, sonderlich aber im Schreiben „Ich? Warum denn gerade ich?" fragte Schwester Felicitas überrascht. „Wenn man etwas lernen will, soll man sich immer zum besten Meister in Diesem Beweisgründe vermochte die alte Dame nicht zu widerstehen. 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Der Jüngling und das Weib
„Nein, Frau Priorin", erwiderte die junge Frau stockend, „ich dachte nur
dran, wie schön es sein muß, so gelehrt zu sein wie Ihr und alles Geschriebene
und Gedruckte lesen zu können."
Die mater reverenäa lächelte nachsichtig.
„Daß du nicht auch zu lesen und zu schreiben verstehst, ist deine Schuld, ins
onöre," sagte sie. „Hat Salentin nicht den Pastor um die oomMisanLe gebeten,
dir Lektionen zu erteilen? Nun? Aber eine gewisse Jungfer war zu Lvmmocle,
sich Mühe zu geben, und prätendierte, die Wissenschaften sollten ihr wie gebratene
Tauben in den Mund fliegen."
„Dazumal war ich auch noch dumm", meinte Merge.
„Aber jetzt bist du wohl gescheit?"
„Ach nein, gescheit noch lange nicht. Aber ich sehe doch bei Euch und Eurer
Schwester, wozu es gut ist, wenn man lesen und schreiben kann."
„So, sol Wenn dir diese Einsicht nur früher gekommen wäre!"
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„Glaubt Ihr, daß es jetzt zu spät ist?
„Zum Lernen ist es nie zu spät. Man muß nur mit applieation daran gehen."
„Ach, Frau Priorin, wenn Ihr mich im Lesen, sonderlich aber im Schreiben
unterweisen wolltet! Ich würde mir auch die größte Mühe geben."
„Ich? Warum denn gerade ich?" fragte Schwester Felicitas überrascht.
„Wenn man etwas lernen will, soll man sich immer zum besten Meister in
die Lehre geben."
Diesem Beweisgründe vermochte die alte Dame nicht zu widerstehen. Sie
gab der Schwägerin das Versprechen, sie mit der Kunst des Lesens und Schreibens
vertraut zu machen. Da sie jedoch selbst von der Sache ein kleines Vergnügen
haben wollte, nahm sie Merge das Wort ab, ihre Studien vor aller Welt geheim
zu halten und erst, wenn sie es bis zu einer gewissen Meisterschaft gebracht haben
würde, Salentin und Frau v. Ödinghoven mit ihren Kenntnissen zu überraschen.
(Fortsetzung folgt)
Der Jüngling und das Weib
Line moderne Parabel
Lothar Bringer-Wasservogel- von
i bu Notrms, Arabiens größter Dichter, dessen Lieder die Krieger zum
Kampfe begeisterten und die Frauen zur Liebe, hatte sich, dem
rosigen Lächeln des Lebens zum Trotz, eine überaus pessimistische
und ironische Anschauung von Welt und Menschen zurecht gemacht.
^Jn seine feurigsten Lieder schlich sie sich ein, und oft genug endete
ein selig begonnener Hymnus in schneidender Satire. Güte, Liebe, Treue galten
dem Dichter selten für echt, meist hielt er sie für Deckmantel häßlicher Gelüste.
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