Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Am Arankenlager Aaiser Friedrichs Carl Niebuhr- von äst ein Vierteljahrhundert trennt uns bellte schon von den Begebnissen Am 2ix März 1907 starb Ernst v. Bergmann, reich an verdienten Ehren, der Am Arankenlager Aaiser Friedrichs Carl Niebuhr- von äst ein Vierteljahrhundert trennt uns bellte schon von den Begebnissen Am 2ix März 1907 starb Ernst v. Bergmann, reich an verdienten Ehren, der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0242" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319843"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341893_319600/figures/grenzboten_341893_319600_319843_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Am Arankenlager Aaiser Friedrichs<lb/><note type="byline"> Carl Niebuhr-</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_985"> äst ein Vierteljahrhundert trennt uns bellte schon von den Begebnissen<lb/> ! der ersten Hälfte des Jahres 1888, ein Zeitraum gleich der frideri-<lb/> ^ zianischen Periode nach dem Hubertsburger Frieden, die ihren Mit-<lb/> lebenden so lang erschien und die noch jetzt in den historischen Dar-<lb/> l Stellungen diesen Eindruck erweckt. Aus der Ferne haben sich die<lb/> Empfindungen und Meinungen, vor dreiundzwanzig Jahren so heftig erregt, wohl¬<lb/> tätig beruhigt; die Macht des Lebens, ausgedrückt durch eine rastlose, ungeahnte<lb/> Entwicklung auf allen Gebieten, wob den Schleier pietätvoller Erinnerung auch<lb/> über großes Leid und ungestüme Trauer. Doch nur ungern versetzt sich, wer<lb/> immer jene bangen Monate deutsckier Geschichte mit Bewußtsein verfließen sah, in<lb/> ihre wiedererweckte Folge von Furcht und Hoffnung zurück. Zum Schmerzgefühl<lb/> eines alten Wundmals gesellt sich dann die Scheu vor dem Heraufbeschwören einer<lb/> Düsternis, die noch nach Generationen nicht verblaßt sein wird. Helligkeit zuvor<lb/> und hernach, sie vertieft einen Schatten mitteninne um so mehr.</p><lb/> <p xml:id="ID_986" next="#ID_987"> Am 2ix März 1907 starb Ernst v. Bergmann, reich an verdienten Ehren, der<lb/> Doyen deutscher Chirurgie und einer der Hauptträger ihres Weltruhms. Die<lb/> Familie, im Besitz eines eigenen Archivs und des gesamten handschriftlichen<lb/> Nachlasses — Bergmann führte die Feder mit hervorragendem Geschick —, faßte<lb/> den Entschluß, schon jetzt ein Lebensbild des Hingeschiedenen zur Darstellung und<lb/> Veröffentlichung zu bringen. Angesichts der günstigen Vorbedingungen, unter denen<lb/> dies geschehen konnte und durchgeführt worden ist, darf man Wohl aussprechen,<lb/> daß damit einmal ein schlagendes Beispiel aufgestellt wurde gegen sonst herrschende<lb/> wissenschaftliche Bedenken. Steht doch ohnehin der generalisierenden Warnung vor<lb/> „verfrühten" Biographien die Erfahrung gegenüber, daß mit sozusagen kaltgewordenen<lb/> Arbeiten, denen binnen fünfzig oder noch mehr Jahren nur Zweifelsfragen nach¬<lb/> wuchsen, eigentlich der Erwartung weit seltener entsprochen werden kann. Und<lb/> wenn auch bereitwillig zuzugeben ist, daß Taktfragen bei Publikation der Erlebnisse<lb/> und Aufzeichnungen Jüngstverstorbener wiederum ihre Rolle spielen, wodurch gewiß<lb/> manche Angabe konventioneller werden mag als sie aussieht, so gewinnt dafür der<lb/> Zusammenhang doch an Klarheit — vorausgesetzt, daß der Bearbeiter über die<lb/> entsprechend nötigen Fähigkeiten gebot. Das war hier der Fall. Dr. Arend Buchholtz,<lb/> der Berliner Stadtbibliothekar, hat die Ausgabe mit seinem soeben erschienenen<lb/> Buche: „Ernst von Bergmann" (Leipzig. Verlag von F. C. W. Vogel. Preis<lb/> 13,75> M.) höchst ansprechend gelöst. Er wußte den scheinbaren Nachteil, nicht der<lb/> medizinischen Fakultät anzugehören, durch die hier in der Tat weit notwendigeren</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0242]
[Abbildung]
Am Arankenlager Aaiser Friedrichs
Carl Niebuhr- von
äst ein Vierteljahrhundert trennt uns bellte schon von den Begebnissen
! der ersten Hälfte des Jahres 1888, ein Zeitraum gleich der frideri-
^ zianischen Periode nach dem Hubertsburger Frieden, die ihren Mit-
lebenden so lang erschien und die noch jetzt in den historischen Dar-
l Stellungen diesen Eindruck erweckt. Aus der Ferne haben sich die
Empfindungen und Meinungen, vor dreiundzwanzig Jahren so heftig erregt, wohl¬
tätig beruhigt; die Macht des Lebens, ausgedrückt durch eine rastlose, ungeahnte
Entwicklung auf allen Gebieten, wob den Schleier pietätvoller Erinnerung auch
über großes Leid und ungestüme Trauer. Doch nur ungern versetzt sich, wer
immer jene bangen Monate deutsckier Geschichte mit Bewußtsein verfließen sah, in
ihre wiedererweckte Folge von Furcht und Hoffnung zurück. Zum Schmerzgefühl
eines alten Wundmals gesellt sich dann die Scheu vor dem Heraufbeschwören einer
Düsternis, die noch nach Generationen nicht verblaßt sein wird. Helligkeit zuvor
und hernach, sie vertieft einen Schatten mitteninne um so mehr.
Am 2ix März 1907 starb Ernst v. Bergmann, reich an verdienten Ehren, der
Doyen deutscher Chirurgie und einer der Hauptträger ihres Weltruhms. Die
Familie, im Besitz eines eigenen Archivs und des gesamten handschriftlichen
Nachlasses — Bergmann führte die Feder mit hervorragendem Geschick —, faßte
den Entschluß, schon jetzt ein Lebensbild des Hingeschiedenen zur Darstellung und
Veröffentlichung zu bringen. Angesichts der günstigen Vorbedingungen, unter denen
dies geschehen konnte und durchgeführt worden ist, darf man Wohl aussprechen,
daß damit einmal ein schlagendes Beispiel aufgestellt wurde gegen sonst herrschende
wissenschaftliche Bedenken. Steht doch ohnehin der generalisierenden Warnung vor
„verfrühten" Biographien die Erfahrung gegenüber, daß mit sozusagen kaltgewordenen
Arbeiten, denen binnen fünfzig oder noch mehr Jahren nur Zweifelsfragen nach¬
wuchsen, eigentlich der Erwartung weit seltener entsprochen werden kann. Und
wenn auch bereitwillig zuzugeben ist, daß Taktfragen bei Publikation der Erlebnisse
und Aufzeichnungen Jüngstverstorbener wiederum ihre Rolle spielen, wodurch gewiß
manche Angabe konventioneller werden mag als sie aussieht, so gewinnt dafür der
Zusammenhang doch an Klarheit — vorausgesetzt, daß der Bearbeiter über die
entsprechend nötigen Fähigkeiten gebot. Das war hier der Fall. Dr. Arend Buchholtz,
der Berliner Stadtbibliothekar, hat die Ausgabe mit seinem soeben erschienenen
Buche: „Ernst von Bergmann" (Leipzig. Verlag von F. C. W. Vogel. Preis
13,75> M.) höchst ansprechend gelöst. Er wußte den scheinbaren Nachteil, nicht der
medizinischen Fakultät anzugehören, durch die hier in der Tat weit notwendigeren
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