Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Reichsspiegel Innere und auswärtige Politik Guter Fortgang der Verhandlungen -- Deutsche Ziele in Marokko -- Schaffung einer t'crantwortlichon Stelle -- Falsche Grundlagen der Algecirasakte -- Die Konse- twenzen daraus -- l^s masous ckörikien -- Analogie mit Ägypten -- Voraussichtliche Vorteile für den deutschen Handel -- Die Kompensationen -- Togo -- Der nasus belli -- Die "Mannesmannpresse" und die Grenzboten Wenn man sich die Mühe nimmt, alles französische und deutsche Material, Was Deutschland in Marokko erstreben sollte, ist an dieser Stelle schon Wir brauchen in Marokko eine dem Reich verantwortliche Stelle, der wir den Reichsspiegel Innere und auswärtige Politik Guter Fortgang der Verhandlungen — Deutsche Ziele in Marokko — Schaffung einer t'crantwortlichon Stelle — Falsche Grundlagen der Algecirasakte — Die Konse- twenzen daraus — l^s masous ckörikien — Analogie mit Ägypten — Voraussichtliche Vorteile für den deutschen Handel — Die Kompensationen — Togo — Der nasus belli — Die „Mannesmannpresse" und die Grenzboten Wenn man sich die Mühe nimmt, alles französische und deutsche Material, Was Deutschland in Marokko erstreben sollte, ist an dieser Stelle schon Wir brauchen in Marokko eine dem Reich verantwortliche Stelle, der wir den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0536" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319483"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341893_318948/figures/grenzboten_341893_318948_319483_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Reichsspiegel<lb/></head><lb/> <div n="2"> <head> Innere und auswärtige Politik</head><lb/> <note type="argument"> Guter Fortgang der Verhandlungen — Deutsche Ziele in Marokko — Schaffung<lb/> einer t'crantwortlichon Stelle — Falsche Grundlagen der Algecirasakte — Die Konse-<lb/> twenzen daraus — l^s masous ckörikien — Analogie mit Ägypten — Voraussichtliche<lb/> Vorteile für den deutschen Handel — Die Kompensationen — Togo — Der nasus belli<lb/> — Die „Mannesmannpresse" und die Grenzboten</note><lb/> <p xml:id="ID_2542"> Wenn man sich die Mühe nimmt, alles französische und deutsche Material,<lb/> das in Sachen Marokko der Öffentlichkeit übergeben worden ist, zu sichten und es<lb/> von allen sensationellen Schlacken zu säubern, dann muß man zu der Überzeugung<lb/> gelangen, daß entgegen anderen Auffassungen die Verhandlungen zwischen Berlin<lb/> undParis bisher einen durchaus normalen, Frieden verheißenden Verlauf<lb/> genommen haben. Die seitens eines Teiles der Presse als „Abbruch der Ver¬<lb/> handlungen" gekennzeichneten Pausen der mündlichen Aussprachen zwischen Herrn<lb/> v. Kiderlen und Herrn Cambon erweisen sich als die selbstverständlichen Unter¬<lb/> brechungen, die bei allen, auch bei privaten Vertragsverhandlungen entstehen<lb/> müssen, um Überlegungen und Beratungen der einzelnen Parteien unter sich gesondert,<lb/> im vorliegenden Falle auch um Rückfragen bei den übergeordneten Stellen zu<lb/> ermöglichen. Auch von einem „Ultimatum" ist die Rede gewesen. Bisher läßt<lb/> sich noch in keinem Stadium der Verhandlung eine Note feststellen, die den<lb/> Charakter eines Ultimatums gehabt oder auch nur daran erinnert hätte. Man<lb/> soll doch nicht vergessen, daß es sich bei den Konversationen um nichts geringeres<lb/> als um den Abschluß eines Staatsvertrages handelt, der den in der Entwicklung<lb/> eines halben Jahrhunderts wurzelnden Interessen gerecht werden soll. Man über¬<lb/> sehe auch nicht, daß, nachdem einmal die Besprechungen in Fluß gekommen sind,<lb/> sowohl in Deutschland wie in Frankreich gleichmäßig die Notwendigkeit anerkannt<lb/> wird, die Dinge in Nordwestafrika für alle Zukunft ins Reine zu bringen. Imi<lb/> Rahmen dieser Notwendigkeit liegen auch die besonderen deutschen Absichten<lb/> und Pläne.</p><lb/> <p xml:id="ID_2543"> Was Deutschland in Marokko erstreben sollte, ist an dieser Stelle schon<lb/> wiederholt angedeutet worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2544" next="#ID_2545"> Wir brauchen in Marokko eine dem Reich verantwortliche Stelle, der wir den<lb/> Schutz des deutschen Handels anvertrauen können. Als solche verantwortliche<lb/> Stelle galt bis zu einem gewissen Zeitpunkte die Regierung des Sultans. Sie<lb/> mußte ausgenutzt werden, wenn auch nur als Hebel, um in Marokko überhaupt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0536]
[Abbildung]
Reichsspiegel
Innere und auswärtige Politik
Guter Fortgang der Verhandlungen — Deutsche Ziele in Marokko — Schaffung
einer t'crantwortlichon Stelle — Falsche Grundlagen der Algecirasakte — Die Konse-
twenzen daraus — l^s masous ckörikien — Analogie mit Ägypten — Voraussichtliche
Vorteile für den deutschen Handel — Die Kompensationen — Togo — Der nasus belli
— Die „Mannesmannpresse" und die Grenzboten
Wenn man sich die Mühe nimmt, alles französische und deutsche Material,
das in Sachen Marokko der Öffentlichkeit übergeben worden ist, zu sichten und es
von allen sensationellen Schlacken zu säubern, dann muß man zu der Überzeugung
gelangen, daß entgegen anderen Auffassungen die Verhandlungen zwischen Berlin
undParis bisher einen durchaus normalen, Frieden verheißenden Verlauf
genommen haben. Die seitens eines Teiles der Presse als „Abbruch der Ver¬
handlungen" gekennzeichneten Pausen der mündlichen Aussprachen zwischen Herrn
v. Kiderlen und Herrn Cambon erweisen sich als die selbstverständlichen Unter¬
brechungen, die bei allen, auch bei privaten Vertragsverhandlungen entstehen
müssen, um Überlegungen und Beratungen der einzelnen Parteien unter sich gesondert,
im vorliegenden Falle auch um Rückfragen bei den übergeordneten Stellen zu
ermöglichen. Auch von einem „Ultimatum" ist die Rede gewesen. Bisher läßt
sich noch in keinem Stadium der Verhandlung eine Note feststellen, die den
Charakter eines Ultimatums gehabt oder auch nur daran erinnert hätte. Man
soll doch nicht vergessen, daß es sich bei den Konversationen um nichts geringeres
als um den Abschluß eines Staatsvertrages handelt, der den in der Entwicklung
eines halben Jahrhunderts wurzelnden Interessen gerecht werden soll. Man über¬
sehe auch nicht, daß, nachdem einmal die Besprechungen in Fluß gekommen sind,
sowohl in Deutschland wie in Frankreich gleichmäßig die Notwendigkeit anerkannt
wird, die Dinge in Nordwestafrika für alle Zukunft ins Reine zu bringen. Imi
Rahmen dieser Notwendigkeit liegen auch die besonderen deutschen Absichten
und Pläne.
Was Deutschland in Marokko erstreben sollte, ist an dieser Stelle schon
wiederholt angedeutet worden.
Wir brauchen in Marokko eine dem Reich verantwortliche Stelle, der wir den
Schutz des deutschen Handels anvertrauen können. Als solche verantwortliche
Stelle galt bis zu einem gewissen Zeitpunkte die Regierung des Sultans. Sie
mußte ausgenutzt werden, wenn auch nur als Hebel, um in Marokko überhaupt
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