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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Die Begabung der Rassen und Völker

Wenn wir alle diese Verhältnisse mit Unbefangenheit und Sachkenntnis
uns klar machen, so gelangen wir zu dem Schluß, daß die Frage einer Einengung
des Privatbetriebes im Bereiche des Versicherungswesens von Fall zu Fall mit
großer Sorgfalt studiert und entschieden werden muß, wenn soziale Mißwirkungen
vermieden werden sollen. Da mag jene Mahnung beherzigt werden, die das
Eidgenössische Versicherungsamt, die oberste Schweizer Aufsichtsbehörde, in seinem
neuesten Jahresbericht ausspricht: "Vergessen wir nicht: Die Arbeit, die von
den Versicherungsinstitutionen, ihren Zentral- und ihren Außenorganen, geleistet
wird, ist eine Kulturarbeit." Wer den sozialen Gesamteffekt unseres deutschen
Versicherungswesens heben will, der darf nicht blindlings von allgemeinen
Theoremen über die Minderwertigkeit des Privatbetriebes und die hochentwickelte
Gemeinnützlichkeit des Staatsbetriebes ausgehen, der muß vielmehr das wirkliche
Wesen und die wirklichen Entwicklungsbedingungen echten Kulturfortschrittes auf
Grund eigener Tatsachenbeobachtung und eigener Denkarbeit mit in Rechnung
ziehen. Da wird manches Rezept, nach dem man heute das Versicherungswesen
zuni Nutzen der Allgemeinheit "sanieren" möchte, als ein höchst fragwürdiges,
auf die Dauer durchaus schädliches Kulturmittel sich erweisen. Gewiß soll unser
deutsches Gesamtversicherungswesen noch weitgehender Fortschritte in technischer
und sozialer Beziehung sich erfreuen. Zu dieser Freude aber wird es nur
gelangen, wenn Wissenschaft und Politik, Presse und öffentliche Meinung bei
ihrer Kritik und ihren Reformbestrebungen über ein klares Verständnis verfügen
für Wesen, Wert und rechtes Gedeihen der Kulturarbeit des Privatversicherungs-
wescns.




Die Begabung der Rassen und Völker
von Prof. Dr. s. R> Steinmetz

as Problem von der gleichen oder ungleichen Begabung der ver¬
schiedenen Menschenrassen gehört zu den wichtigsten, die es über¬
haupt zu lösen gibt, theoretisch ebensowohl wie praktisch. Theoretisch:
Hat der geographische Materialismus recht, der die ganze Geschichte
der Völker aus den drei Faktoren Boden, Klima. Lage ableiten
will, der ihre Wohlfahrt, ihr Glück, ihre Leistungen auch auf den höchsten
Gebieten allein aus diesen Umständen oder aus solchen, die auf sie zurückzuführen
sind, erklären zu können meint, wie dies als letzte Professor Tower besonders
mit Rücksicht auf die Zukunft der Großstaaten und Professor Huntington hin-
sichtlich der Türkei getan haben? Sind Volk und Geschichte im Grunde weiter
nichts als die Funktion des Wohnortes, oder gesellt sich hierzu als ein neuer,
mächtiger Faktor die Rasse mit ihrer Eigenart und ihrer besonderen Begabung?
Derjenige Teil der Soziologie, welcher vor seiner empirischen Zeit den Namen


Grenzboten III 1911 63
Die Begabung der Rassen und Völker

Wenn wir alle diese Verhältnisse mit Unbefangenheit und Sachkenntnis
uns klar machen, so gelangen wir zu dem Schluß, daß die Frage einer Einengung
des Privatbetriebes im Bereiche des Versicherungswesens von Fall zu Fall mit
großer Sorgfalt studiert und entschieden werden muß, wenn soziale Mißwirkungen
vermieden werden sollen. Da mag jene Mahnung beherzigt werden, die das
Eidgenössische Versicherungsamt, die oberste Schweizer Aufsichtsbehörde, in seinem
neuesten Jahresbericht ausspricht: „Vergessen wir nicht: Die Arbeit, die von
den Versicherungsinstitutionen, ihren Zentral- und ihren Außenorganen, geleistet
wird, ist eine Kulturarbeit." Wer den sozialen Gesamteffekt unseres deutschen
Versicherungswesens heben will, der darf nicht blindlings von allgemeinen
Theoremen über die Minderwertigkeit des Privatbetriebes und die hochentwickelte
Gemeinnützlichkeit des Staatsbetriebes ausgehen, der muß vielmehr das wirkliche
Wesen und die wirklichen Entwicklungsbedingungen echten Kulturfortschrittes auf
Grund eigener Tatsachenbeobachtung und eigener Denkarbeit mit in Rechnung
ziehen. Da wird manches Rezept, nach dem man heute das Versicherungswesen
zuni Nutzen der Allgemeinheit „sanieren" möchte, als ein höchst fragwürdiges,
auf die Dauer durchaus schädliches Kulturmittel sich erweisen. Gewiß soll unser
deutsches Gesamtversicherungswesen noch weitgehender Fortschritte in technischer
und sozialer Beziehung sich erfreuen. Zu dieser Freude aber wird es nur
gelangen, wenn Wissenschaft und Politik, Presse und öffentliche Meinung bei
ihrer Kritik und ihren Reformbestrebungen über ein klares Verständnis verfügen
für Wesen, Wert und rechtes Gedeihen der Kulturarbeit des Privatversicherungs-
wescns.




Die Begabung der Rassen und Völker
von Prof. Dr. s. R> Steinmetz

as Problem von der gleichen oder ungleichen Begabung der ver¬
schiedenen Menschenrassen gehört zu den wichtigsten, die es über¬
haupt zu lösen gibt, theoretisch ebensowohl wie praktisch. Theoretisch:
Hat der geographische Materialismus recht, der die ganze Geschichte
der Völker aus den drei Faktoren Boden, Klima. Lage ableiten
will, der ihre Wohlfahrt, ihr Glück, ihre Leistungen auch auf den höchsten
Gebieten allein aus diesen Umständen oder aus solchen, die auf sie zurückzuführen
sind, erklären zu können meint, wie dies als letzte Professor Tower besonders
mit Rücksicht auf die Zukunft der Großstaaten und Professor Huntington hin-
sichtlich der Türkei getan haben? Sind Volk und Geschichte im Grunde weiter
nichts als die Funktion des Wohnortes, oder gesellt sich hierzu als ein neuer,
mächtiger Faktor die Rasse mit ihrer Eigenart und ihrer besonderen Begabung?
Derjenige Teil der Soziologie, welcher vor seiner empirischen Zeit den Namen


Grenzboten III 1911 63
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[0505] Die Begabung der Rassen und Völker Wenn wir alle diese Verhältnisse mit Unbefangenheit und Sachkenntnis uns klar machen, so gelangen wir zu dem Schluß, daß die Frage einer Einengung des Privatbetriebes im Bereiche des Versicherungswesens von Fall zu Fall mit großer Sorgfalt studiert und entschieden werden muß, wenn soziale Mißwirkungen vermieden werden sollen. Da mag jene Mahnung beherzigt werden, die das Eidgenössische Versicherungsamt, die oberste Schweizer Aufsichtsbehörde, in seinem neuesten Jahresbericht ausspricht: „Vergessen wir nicht: Die Arbeit, die von den Versicherungsinstitutionen, ihren Zentral- und ihren Außenorganen, geleistet wird, ist eine Kulturarbeit." Wer den sozialen Gesamteffekt unseres deutschen Versicherungswesens heben will, der darf nicht blindlings von allgemeinen Theoremen über die Minderwertigkeit des Privatbetriebes und die hochentwickelte Gemeinnützlichkeit des Staatsbetriebes ausgehen, der muß vielmehr das wirkliche Wesen und die wirklichen Entwicklungsbedingungen echten Kulturfortschrittes auf Grund eigener Tatsachenbeobachtung und eigener Denkarbeit mit in Rechnung ziehen. Da wird manches Rezept, nach dem man heute das Versicherungswesen zuni Nutzen der Allgemeinheit „sanieren" möchte, als ein höchst fragwürdiges, auf die Dauer durchaus schädliches Kulturmittel sich erweisen. Gewiß soll unser deutsches Gesamtversicherungswesen noch weitgehender Fortschritte in technischer und sozialer Beziehung sich erfreuen. Zu dieser Freude aber wird es nur gelangen, wenn Wissenschaft und Politik, Presse und öffentliche Meinung bei ihrer Kritik und ihren Reformbestrebungen über ein klares Verständnis verfügen für Wesen, Wert und rechtes Gedeihen der Kulturarbeit des Privatversicherungs- wescns. Die Begabung der Rassen und Völker von Prof. Dr. s. R> Steinmetz as Problem von der gleichen oder ungleichen Begabung der ver¬ schiedenen Menschenrassen gehört zu den wichtigsten, die es über¬ haupt zu lösen gibt, theoretisch ebensowohl wie praktisch. Theoretisch: Hat der geographische Materialismus recht, der die ganze Geschichte der Völker aus den drei Faktoren Boden, Klima. Lage ableiten will, der ihre Wohlfahrt, ihr Glück, ihre Leistungen auch auf den höchsten Gebieten allein aus diesen Umständen oder aus solchen, die auf sie zurückzuführen sind, erklären zu können meint, wie dies als letzte Professor Tower besonders mit Rücksicht auf die Zukunft der Großstaaten und Professor Huntington hin- sichtlich der Türkei getan haben? Sind Volk und Geschichte im Grunde weiter nichts als die Funktion des Wohnortes, oder gesellt sich hierzu als ein neuer, mächtiger Faktor die Rasse mit ihrer Eigenart und ihrer besonderen Begabung? Derjenige Teil der Soziologie, welcher vor seiner empirischen Zeit den Namen Grenzboten III 1911 63

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/505>, abgerufen am 29.12.2024.