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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

der wirtschaftlichen Interessen verabschiedeter
Offiziere zu schaffen und zu unterhalten.

Selbst die Küsten zu decken, geht über
unsere Kraft. Aus praktischer Erfahrung
durch Mitarbeit an Schaffung von Interessen-
Verbänden warne ich hartnäckig vor Ver¬
suchen mit unzureichenden Geldmitteln!

Unsere Offiziere müssen durch fortlaufende
Abhandlungen berufener Fachleute mit der
Materie befreundet werden, die für sie in
Frage kommt, wenn sie im Verabschiedungs¬
falle einen bürgerlichen Beruf ergreifen
wollen oder müssen. Nur so werden sie be¬
fähigt, sich ruhig auf ihre Sonderbcfähigung
zu Prüfen und gründlich vorzuarbeiten.
Die Ablehnung ans Jndustriekreisen, Offiziere
anzustellen, betont, daß ihnen erfahrungs¬
gemäß breite, praktisch wissenschaftliche Unter¬
lage fehle. Durch ununterbrochene Fühlung
mit Behörden und Privatbetrieben müssen
in bestehenden Organisationen Stellen er¬
obert, müssen Neubildungen angeregt und
ausgenutzt werden. Burenukratischer Schema¬
tismus, der Stellenausgebote von Arbeit¬
gebern lediglich den Bewerbern zuschreibt,
ihnen das Weitere überlassend, ist auf jedem
Gebiete unfruchtbar, hier besonders, wo un¬
streitig Mißtrauen herrscht. Endlich muß Hilfe
mit Rat und Tat in Rechts- und Wirtschafts¬
fragen geschaffen werden. Die Unerfahrenheit
ist hier bedenklich groß.

Meine Werbetätigkeit hat mir manche
Zuschrift eingetragene "Ich glaube, daß ein
Zusammenschluß der inaktiven Offiziere zu
dem beregten Zwecke einem tatsächlichen Be¬
dürfnis entspricht; ich habe mich oft gefragt,
warum in einer Zeit, wo sämtliche Berufe
und Stände sich zu gegenseitiger Fürsorge
und zur Vertretung ihrer Interessen zu¬
sammengeschlossen haben, ein derartiger Zu¬
sammenschluß der inaktiven Offiziere bis jetzt
nicht stattgefunden hat. Ich bin gewiß, daß
einer Vereinigung in dein angeregten Sinne,
die in enger Fühlung mit dem Kriegs¬
ministerium arbeitet, sich die allergrößte
Zahl der inaktiven Offiziere anschließen
würde, und daß eine solche eine segensreiche
Tätigkeit entwickeln könnte."

Einer für viele: "Fühlung mit dem
Kriegsministerium." Das erlösende Wort!
Individuelle Verbissenheit gegen die Behörde

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hat Anspruch auf menschliches Verständnis,
aber nicht auf taktische Verwertung. Ein
Arbeitnehmerschutzverband unter dieser Flagge
hätte es mit mehr als einem Arbeitgeber
von vornherein verspielt. Wir werden ohnehin
die Schnüffler bald genug auf unserer
Fährte spüren. -- Und das Kriegsministerium
soll zunächst nichts tun als uns glauben,
daß wir es ehrlich und verständig meinen;
was wir zuwege bringen, wird sich ja zeigen.
Major a. D. von Brixen-Düsseldorf

Tagesfragen

Die Presse im overschlesischen Jndustrie-
bezirk. Daß der oberschlesische Jndustriebezirk
im Laufe der letzten Jahre zu einer Hoch¬
burg der polnischen Bestrebungen geworden
ist, ist bekannt, ebenso, daß die Gefahr
weiterer Erstarkung des Polentums als recht
dringend anzusehen ist. Dein entspricht auch,
daß sich das Deutschtum auf allen möglichen
Gebieten bemüht, diesem Vordringen einen
Damm entgegenzusetzen. Zweck dieser Zeilen
ist, auf ein Gebiet aufmerksam zu machen,
auf dem bisher nicht das mindeste geschehen
ist, aber Wohl manches geschehen könnte.
Ich meine die Verhältnisse der Presse in
Oberschlesien.

Zunächst eins: Dem overschlesischen
Jndustriebezirk fehlt eine große "liberale"
Zeitung, liberal in den: Sinne, in dem das
Wort hier gebraucht wird. Praktisch kommen
hier nur drei große politische Gruppen in
Betracht, nämlich erstens das Zentrum,
zweitens die Polen in ihren verschiedenen
Schattierungen, und drittens alle die, die
deutsch und nicht zentrumSangehörig sind
und meist kurz mit dem Sammelnamen
"liberal" bezeichnet werden. Keine dieser
drei Gruppen verfügt über eine wirklich
großzügige Zeitung, vielmehr sind die Partei¬
organe durchweg kleine Blätter mit ent¬
sprechendem Gesichtskreise. Damit braucht
gar kein Vorwurf gegen die betreffenden
Blätter erhoben zu sein. Es liegt dies viel¬
mehr an der unwirtschaftlichen Kraft-
zersplitteruug, als die das Nebeneinander¬
bestehen zahlreicher kleiner Zeitungen im
selben Gebiete anzusehen ist, die natürlich
nicht dasselbe leisten können wie ein großes
Blatt. Ob dieser Zustand ihrer Presse den:

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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der wirtschaftlichen Interessen verabschiedeter
Offiziere zu schaffen und zu unterhalten.

Selbst die Küsten zu decken, geht über
unsere Kraft. Aus praktischer Erfahrung
durch Mitarbeit an Schaffung von Interessen-
Verbänden warne ich hartnäckig vor Ver¬
suchen mit unzureichenden Geldmitteln!

Unsere Offiziere müssen durch fortlaufende
Abhandlungen berufener Fachleute mit der
Materie befreundet werden, die für sie in
Frage kommt, wenn sie im Verabschiedungs¬
falle einen bürgerlichen Beruf ergreifen
wollen oder müssen. Nur so werden sie be¬
fähigt, sich ruhig auf ihre Sonderbcfähigung
zu Prüfen und gründlich vorzuarbeiten.
Die Ablehnung ans Jndustriekreisen, Offiziere
anzustellen, betont, daß ihnen erfahrungs¬
gemäß breite, praktisch wissenschaftliche Unter¬
lage fehle. Durch ununterbrochene Fühlung
mit Behörden und Privatbetrieben müssen
in bestehenden Organisationen Stellen er¬
obert, müssen Neubildungen angeregt und
ausgenutzt werden. Burenukratischer Schema¬
tismus, der Stellenausgebote von Arbeit¬
gebern lediglich den Bewerbern zuschreibt,
ihnen das Weitere überlassend, ist auf jedem
Gebiete unfruchtbar, hier besonders, wo un¬
streitig Mißtrauen herrscht. Endlich muß Hilfe
mit Rat und Tat in Rechts- und Wirtschafts¬
fragen geschaffen werden. Die Unerfahrenheit
ist hier bedenklich groß.

Meine Werbetätigkeit hat mir manche
Zuschrift eingetragene „Ich glaube, daß ein
Zusammenschluß der inaktiven Offiziere zu
dem beregten Zwecke einem tatsächlichen Be¬
dürfnis entspricht; ich habe mich oft gefragt,
warum in einer Zeit, wo sämtliche Berufe
und Stände sich zu gegenseitiger Fürsorge
und zur Vertretung ihrer Interessen zu¬
sammengeschlossen haben, ein derartiger Zu¬
sammenschluß der inaktiven Offiziere bis jetzt
nicht stattgefunden hat. Ich bin gewiß, daß
einer Vereinigung in dein angeregten Sinne,
die in enger Fühlung mit dem Kriegs¬
ministerium arbeitet, sich die allergrößte
Zahl der inaktiven Offiziere anschließen
würde, und daß eine solche eine segensreiche
Tätigkeit entwickeln könnte."

Einer für viele: „Fühlung mit dem
Kriegsministerium." Das erlösende Wort!
Individuelle Verbissenheit gegen die Behörde

[Spaltenumbruch]

hat Anspruch auf menschliches Verständnis,
aber nicht auf taktische Verwertung. Ein
Arbeitnehmerschutzverband unter dieser Flagge
hätte es mit mehr als einem Arbeitgeber
von vornherein verspielt. Wir werden ohnehin
die Schnüffler bald genug auf unserer
Fährte spüren. — Und das Kriegsministerium
soll zunächst nichts tun als uns glauben,
daß wir es ehrlich und verständig meinen;
was wir zuwege bringen, wird sich ja zeigen.
Major a. D. von Brixen-Düsseldorf

Tagesfragen

Die Presse im overschlesischen Jndustrie-
bezirk. Daß der oberschlesische Jndustriebezirk
im Laufe der letzten Jahre zu einer Hoch¬
burg der polnischen Bestrebungen geworden
ist, ist bekannt, ebenso, daß die Gefahr
weiterer Erstarkung des Polentums als recht
dringend anzusehen ist. Dein entspricht auch,
daß sich das Deutschtum auf allen möglichen
Gebieten bemüht, diesem Vordringen einen
Damm entgegenzusetzen. Zweck dieser Zeilen
ist, auf ein Gebiet aufmerksam zu machen,
auf dem bisher nicht das mindeste geschehen
ist, aber Wohl manches geschehen könnte.
Ich meine die Verhältnisse der Presse in
Oberschlesien.

Zunächst eins: Dem overschlesischen
Jndustriebezirk fehlt eine große „liberale"
Zeitung, liberal in den: Sinne, in dem das
Wort hier gebraucht wird. Praktisch kommen
hier nur drei große politische Gruppen in
Betracht, nämlich erstens das Zentrum,
zweitens die Polen in ihren verschiedenen
Schattierungen, und drittens alle die, die
deutsch und nicht zentrumSangehörig sind
und meist kurz mit dem Sammelnamen
„liberal" bezeichnet werden. Keine dieser
drei Gruppen verfügt über eine wirklich
großzügige Zeitung, vielmehr sind die Partei¬
organe durchweg kleine Blätter mit ent¬
sprechendem Gesichtskreise. Damit braucht
gar kein Vorwurf gegen die betreffenden
Blätter erhoben zu sein. Es liegt dies viel¬
mehr an der unwirtschaftlichen Kraft-
zersplitteruug, als die das Nebeneinander¬
bestehen zahlreicher kleiner Zeitungen im
selben Gebiete anzusehen ist, die natürlich
nicht dasselbe leisten können wie ein großes
Blatt. Ob dieser Zustand ihrer Presse den:

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[0050] Maßgebliches und Unmaßgebliches der wirtschaftlichen Interessen verabschiedeter Offiziere zu schaffen und zu unterhalten. Selbst die Küsten zu decken, geht über unsere Kraft. Aus praktischer Erfahrung durch Mitarbeit an Schaffung von Interessen- Verbänden warne ich hartnäckig vor Ver¬ suchen mit unzureichenden Geldmitteln! Unsere Offiziere müssen durch fortlaufende Abhandlungen berufener Fachleute mit der Materie befreundet werden, die für sie in Frage kommt, wenn sie im Verabschiedungs¬ falle einen bürgerlichen Beruf ergreifen wollen oder müssen. Nur so werden sie be¬ fähigt, sich ruhig auf ihre Sonderbcfähigung zu Prüfen und gründlich vorzuarbeiten. Die Ablehnung ans Jndustriekreisen, Offiziere anzustellen, betont, daß ihnen erfahrungs¬ gemäß breite, praktisch wissenschaftliche Unter¬ lage fehle. Durch ununterbrochene Fühlung mit Behörden und Privatbetrieben müssen in bestehenden Organisationen Stellen er¬ obert, müssen Neubildungen angeregt und ausgenutzt werden. Burenukratischer Schema¬ tismus, der Stellenausgebote von Arbeit¬ gebern lediglich den Bewerbern zuschreibt, ihnen das Weitere überlassend, ist auf jedem Gebiete unfruchtbar, hier besonders, wo un¬ streitig Mißtrauen herrscht. Endlich muß Hilfe mit Rat und Tat in Rechts- und Wirtschafts¬ fragen geschaffen werden. Die Unerfahrenheit ist hier bedenklich groß. Meine Werbetätigkeit hat mir manche Zuschrift eingetragene „Ich glaube, daß ein Zusammenschluß der inaktiven Offiziere zu dem beregten Zwecke einem tatsächlichen Be¬ dürfnis entspricht; ich habe mich oft gefragt, warum in einer Zeit, wo sämtliche Berufe und Stände sich zu gegenseitiger Fürsorge und zur Vertretung ihrer Interessen zu¬ sammengeschlossen haben, ein derartiger Zu¬ sammenschluß der inaktiven Offiziere bis jetzt nicht stattgefunden hat. Ich bin gewiß, daß einer Vereinigung in dein angeregten Sinne, die in enger Fühlung mit dem Kriegs¬ ministerium arbeitet, sich die allergrößte Zahl der inaktiven Offiziere anschließen würde, und daß eine solche eine segensreiche Tätigkeit entwickeln könnte." Einer für viele: „Fühlung mit dem Kriegsministerium." Das erlösende Wort! Individuelle Verbissenheit gegen die Behörde hat Anspruch auf menschliches Verständnis, aber nicht auf taktische Verwertung. Ein Arbeitnehmerschutzverband unter dieser Flagge hätte es mit mehr als einem Arbeitgeber von vornherein verspielt. Wir werden ohnehin die Schnüffler bald genug auf unserer Fährte spüren. — Und das Kriegsministerium soll zunächst nichts tun als uns glauben, daß wir es ehrlich und verständig meinen; was wir zuwege bringen, wird sich ja zeigen. Major a. D. von Brixen-Düsseldorf Tagesfragen Die Presse im overschlesischen Jndustrie- bezirk. Daß der oberschlesische Jndustriebezirk im Laufe der letzten Jahre zu einer Hoch¬ burg der polnischen Bestrebungen geworden ist, ist bekannt, ebenso, daß die Gefahr weiterer Erstarkung des Polentums als recht dringend anzusehen ist. Dein entspricht auch, daß sich das Deutschtum auf allen möglichen Gebieten bemüht, diesem Vordringen einen Damm entgegenzusetzen. Zweck dieser Zeilen ist, auf ein Gebiet aufmerksam zu machen, auf dem bisher nicht das mindeste geschehen ist, aber Wohl manches geschehen könnte. Ich meine die Verhältnisse der Presse in Oberschlesien. Zunächst eins: Dem overschlesischen Jndustriebezirk fehlt eine große „liberale" Zeitung, liberal in den: Sinne, in dem das Wort hier gebraucht wird. Praktisch kommen hier nur drei große politische Gruppen in Betracht, nämlich erstens das Zentrum, zweitens die Polen in ihren verschiedenen Schattierungen, und drittens alle die, die deutsch und nicht zentrumSangehörig sind und meist kurz mit dem Sammelnamen „liberal" bezeichnet werden. Keine dieser drei Gruppen verfügt über eine wirklich großzügige Zeitung, vielmehr sind die Partei¬ organe durchweg kleine Blätter mit ent¬ sprechendem Gesichtskreise. Damit braucht gar kein Vorwurf gegen die betreffenden Blätter erhoben zu sein. Es liegt dies viel¬ mehr an der unwirtschaftlichen Kraft- zersplitteruug, als die das Nebeneinander¬ bestehen zahlreicher kleiner Zeitungen im selben Gebiete anzusehen ist, die natürlich nicht dasselbe leisten können wie ein großes Blatt. Ob dieser Zustand ihrer Presse den:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/50>, abgerufen am 29.12.2024.