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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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zu ersetzen, wenn es in zwanzig bis dreißig Jahren verbraucht sein würde.
Das ist ein ernsthaftes Argument, dem sich kein Diplomat und keine einiger¬
maßen weitschauende Regierung verschließen dürfte. Den Abbau dieses
Erzes gilt es somit ebenso sicher zu stellen wie seine ungehinderte Aus¬
fuhr. Erst in zweiter Linie steht die Forderung, daß die Ausfuhr von
deutschen Firmen zu besorgen ist. Sind deutsche Firmen konkurrenz¬
fähig, dann werden sie das Geschäft an sich bringen; gibt es solche
konkurrenzfähige Firmen nicht, dann wäre auch der günstigste Vertrag, ja dann
wäre auch die Besitzergreifung Marokkos nicht imstande, den Deutschen das
Geschäft zu erhalten. Von irgendwelcher Bedeutung für die Preisbildung auf
Erz wäre es im übrigen nicht, wenn die Ausfuhr in deutschen Händen läge.
Aus reinem Patriotismus hat Krupp die Preise für Panzerplatten nicht niedriger
gesetzt, als es die Konkurrenz erforderte, und aus Patriotismus werden die
Gebrüder Mannesmann ihr marokkanisches Erz an die Gute-Hoffnungshütte
nicht billiger verkaufen wie an den Franzosen Schneider. Der Weltmarkt bestimmt
den Preis, gleichgültig in wessen Händen die Ware liegt, und die Handels- und
Tarifverträge der Staaten sichern vor Repressalien und sonstigen Übergriffen.
Einen Vertrag mit Frankreich abzuschließen, der uns in dieser Beziehung
Handels- und Handlungsfreiheit gewährleistet, das erscheint mir der Kernpunkt
der Aufgabe, die unsere Diplomatie gegenwärtig in Marokko in wirtschaftlicher
Beziehung zu lösen hat. Natürlich darf dies unter weitestgehender Berücksichtigung
der Wünsche der bereits in Marokko eingesessener Deutschen geschehen.
Dabei wird man aber gut tun, sich stets zu vergegenwärtigen, daß wir
politisch in Marokko nichts zu suchen haben. Mag Frankreich hundert Mauren¬
bataillone in Marokko aufstellen, -- sie werden die wirtschaftlichen Verträge
ebensowenig gefährden, wie die französischen Armeekorps an unserer Westgrenze
den Fortbestand des deutsch-französischen Handelsvertrages irgendwie beeinflussen.
Wir leben nicht mehr im Zeitalter des Faustrechts, wo internationale Wirtschafts¬
verträge einseitig gebrochen werden können. Dazu ist Handel und Wandel viel zu
international und viel zu abhängig von den Bedürfnissen sowie von der Kontrolle
aller Staaten der Erde. Frankreich konnte, gestützt auf England und Spanien,
die politische Algecirasakte durchlöchern, Frankreich könnte aber seinen Handels
vertrag mit uus nicht brechen, ohne dadurch den ca8us bslli heraufzubeschwören,
bei dem es Angreifer wird; ebenso wird es nach Abschluß des Marokkovertrages
sein, und Frankreich wird sich alsdann hüten, sich wegen Marokko der Gefahr
eines Krieges mit Deutsch land auszusetzen, in dem es auf die Mitwirkung
G. Li, Rußlands nicht rechnen dürfte.


Bank und Geld

Die Junibilnnzen der Großbanken -- Bankguthaben -- Depositen und deren Ver¬
zinsung -- Konkurrenz zwischen Banken, Genossenschaften und Sparkassen -- Lösung
des Kalikonfliktcs -- Kaufmännische Einrichtungen bei der Staatsverwaltung

Die Berliner Großbanken haben ihre Junibilanzen veröffentlicht. Nächst


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zu ersetzen, wenn es in zwanzig bis dreißig Jahren verbraucht sein würde.
Das ist ein ernsthaftes Argument, dem sich kein Diplomat und keine einiger¬
maßen weitschauende Regierung verschließen dürfte. Den Abbau dieses
Erzes gilt es somit ebenso sicher zu stellen wie seine ungehinderte Aus¬
fuhr. Erst in zweiter Linie steht die Forderung, daß die Ausfuhr von
deutschen Firmen zu besorgen ist. Sind deutsche Firmen konkurrenz¬
fähig, dann werden sie das Geschäft an sich bringen; gibt es solche
konkurrenzfähige Firmen nicht, dann wäre auch der günstigste Vertrag, ja dann
wäre auch die Besitzergreifung Marokkos nicht imstande, den Deutschen das
Geschäft zu erhalten. Von irgendwelcher Bedeutung für die Preisbildung auf
Erz wäre es im übrigen nicht, wenn die Ausfuhr in deutschen Händen läge.
Aus reinem Patriotismus hat Krupp die Preise für Panzerplatten nicht niedriger
gesetzt, als es die Konkurrenz erforderte, und aus Patriotismus werden die
Gebrüder Mannesmann ihr marokkanisches Erz an die Gute-Hoffnungshütte
nicht billiger verkaufen wie an den Franzosen Schneider. Der Weltmarkt bestimmt
den Preis, gleichgültig in wessen Händen die Ware liegt, und die Handels- und
Tarifverträge der Staaten sichern vor Repressalien und sonstigen Übergriffen.
Einen Vertrag mit Frankreich abzuschließen, der uns in dieser Beziehung
Handels- und Handlungsfreiheit gewährleistet, das erscheint mir der Kernpunkt
der Aufgabe, die unsere Diplomatie gegenwärtig in Marokko in wirtschaftlicher
Beziehung zu lösen hat. Natürlich darf dies unter weitestgehender Berücksichtigung
der Wünsche der bereits in Marokko eingesessener Deutschen geschehen.
Dabei wird man aber gut tun, sich stets zu vergegenwärtigen, daß wir
politisch in Marokko nichts zu suchen haben. Mag Frankreich hundert Mauren¬
bataillone in Marokko aufstellen, — sie werden die wirtschaftlichen Verträge
ebensowenig gefährden, wie die französischen Armeekorps an unserer Westgrenze
den Fortbestand des deutsch-französischen Handelsvertrages irgendwie beeinflussen.
Wir leben nicht mehr im Zeitalter des Faustrechts, wo internationale Wirtschafts¬
verträge einseitig gebrochen werden können. Dazu ist Handel und Wandel viel zu
international und viel zu abhängig von den Bedürfnissen sowie von der Kontrolle
aller Staaten der Erde. Frankreich konnte, gestützt auf England und Spanien,
die politische Algecirasakte durchlöchern, Frankreich könnte aber seinen Handels
vertrag mit uus nicht brechen, ohne dadurch den ca8us bslli heraufzubeschwören,
bei dem es Angreifer wird; ebenso wird es nach Abschluß des Marokkovertrages
sein, und Frankreich wird sich alsdann hüten, sich wegen Marokko der Gefahr
eines Krieges mit Deutsch land auszusetzen, in dem es auf die Mitwirkung
G. Li, Rußlands nicht rechnen dürfte.


Bank und Geld

Die Junibilnnzen der Großbanken — Bankguthaben — Depositen und deren Ver¬
zinsung — Konkurrenz zwischen Banken, Genossenschaften und Sparkassen — Lösung
des Kalikonfliktcs — Kaufmännische Einrichtungen bei der Staatsverwaltung

Die Berliner Großbanken haben ihre Junibilanzen veröffentlicht. Nächst


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[0295] Reichsspiegcl zu ersetzen, wenn es in zwanzig bis dreißig Jahren verbraucht sein würde. Das ist ein ernsthaftes Argument, dem sich kein Diplomat und keine einiger¬ maßen weitschauende Regierung verschließen dürfte. Den Abbau dieses Erzes gilt es somit ebenso sicher zu stellen wie seine ungehinderte Aus¬ fuhr. Erst in zweiter Linie steht die Forderung, daß die Ausfuhr von deutschen Firmen zu besorgen ist. Sind deutsche Firmen konkurrenz¬ fähig, dann werden sie das Geschäft an sich bringen; gibt es solche konkurrenzfähige Firmen nicht, dann wäre auch der günstigste Vertrag, ja dann wäre auch die Besitzergreifung Marokkos nicht imstande, den Deutschen das Geschäft zu erhalten. Von irgendwelcher Bedeutung für die Preisbildung auf Erz wäre es im übrigen nicht, wenn die Ausfuhr in deutschen Händen läge. Aus reinem Patriotismus hat Krupp die Preise für Panzerplatten nicht niedriger gesetzt, als es die Konkurrenz erforderte, und aus Patriotismus werden die Gebrüder Mannesmann ihr marokkanisches Erz an die Gute-Hoffnungshütte nicht billiger verkaufen wie an den Franzosen Schneider. Der Weltmarkt bestimmt den Preis, gleichgültig in wessen Händen die Ware liegt, und die Handels- und Tarifverträge der Staaten sichern vor Repressalien und sonstigen Übergriffen. Einen Vertrag mit Frankreich abzuschließen, der uns in dieser Beziehung Handels- und Handlungsfreiheit gewährleistet, das erscheint mir der Kernpunkt der Aufgabe, die unsere Diplomatie gegenwärtig in Marokko in wirtschaftlicher Beziehung zu lösen hat. Natürlich darf dies unter weitestgehender Berücksichtigung der Wünsche der bereits in Marokko eingesessener Deutschen geschehen. Dabei wird man aber gut tun, sich stets zu vergegenwärtigen, daß wir politisch in Marokko nichts zu suchen haben. Mag Frankreich hundert Mauren¬ bataillone in Marokko aufstellen, — sie werden die wirtschaftlichen Verträge ebensowenig gefährden, wie die französischen Armeekorps an unserer Westgrenze den Fortbestand des deutsch-französischen Handelsvertrages irgendwie beeinflussen. Wir leben nicht mehr im Zeitalter des Faustrechts, wo internationale Wirtschafts¬ verträge einseitig gebrochen werden können. Dazu ist Handel und Wandel viel zu international und viel zu abhängig von den Bedürfnissen sowie von der Kontrolle aller Staaten der Erde. Frankreich konnte, gestützt auf England und Spanien, die politische Algecirasakte durchlöchern, Frankreich könnte aber seinen Handels vertrag mit uus nicht brechen, ohne dadurch den ca8us bslli heraufzubeschwören, bei dem es Angreifer wird; ebenso wird es nach Abschluß des Marokkovertrages sein, und Frankreich wird sich alsdann hüten, sich wegen Marokko der Gefahr eines Krieges mit Deutsch land auszusetzen, in dem es auf die Mitwirkung G. Li, Rußlands nicht rechnen dürfte. Bank und Geld Die Junibilnnzen der Großbanken — Bankguthaben — Depositen und deren Ver¬ zinsung — Konkurrenz zwischen Banken, Genossenschaften und Sparkassen — Lösung des Kalikonfliktcs — Kaufmännische Einrichtungen bei der Staatsverwaltung Die Berliner Großbanken haben ihre Junibilanzen veröffentlicht. Nächst

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/295>, abgerufen am 29.12.2024.