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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen
und die Preußenkasse
von spectator

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1/n der Kreditorganisation des deutschen ländlichen Genossenschafts¬
wesens spielen sich zurzeit Vorgänge ab, die, wenn sie noch keine
Krisis darstellen, doch einer solchen sehr ähnlich sehen. Es handelt
l sich um ein tiefgehendes Zerwürfnis zwischen der preußischen
Zentralgenossenschaftskasse und dem Geldinstitut der Raiffeisenschen
Genossenschaften, der landwirtschaftlichen Zentraldarlehenskasse Neuwied, welches
zum Abbruch der beiderseitigen geschäftlichen Beziehungen geführt hat. Ursprünglich
schien es sich dabei um einen häuslichen Zwist zu handeln, der nach einigen
Plänkeleien wieder beigelegt werden würde. Derlei Kleinkrieg war ja schon
öfter zwischen dem staatlichen Zentralinstitut und seinen Kostgängern geführt
worden. Erst der völlige Abbruch der gegenseitigen Beziehungen und die
solenne Art, in der die Preußenkasse diese Tatsache urbi et orbi in der offiziösen
Berliner Korrespondenz verkündete, nicht ohne sich zugleich gegen angebliche
Angriffe zu verteidigen, von denen in der größeren Öffentlichkeit bisher noch
niemand etwas gehört hatte, lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese
Vorgänge. Und nachdem auf dem kürzlich abgehaltenen Deutschen landwirt¬
schaftlichen Genossenschaftstag in Hannover der Generalanwalt und unverkennbar
auch der Genossenschaftstag selbst eine Frontstellung gegen die Preußenkasse ein¬
genommen haben, die zu einem außerordentlich scharfen persönlichen Zusammen¬
stoß mit dem Vertreter der Preußenkasse und des Finanzministeriums führte,
liegt es klar zutage, daß hier ein wirtschaftlicher Prinzipienkampf ausgefochten
wird, der die allergrößte Tragweite besitzt und bei dem anscheinend unversöhnliche
Gegensätze sich gegenüberstehen: auf der einen Seite das genossenschaftliche


Grenzboten III 1911 19


Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen
und die Preußenkasse
von spectator

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1/n der Kreditorganisation des deutschen ländlichen Genossenschafts¬
wesens spielen sich zurzeit Vorgänge ab, die, wenn sie noch keine
Krisis darstellen, doch einer solchen sehr ähnlich sehen. Es handelt
l sich um ein tiefgehendes Zerwürfnis zwischen der preußischen
Zentralgenossenschaftskasse und dem Geldinstitut der Raiffeisenschen
Genossenschaften, der landwirtschaftlichen Zentraldarlehenskasse Neuwied, welches
zum Abbruch der beiderseitigen geschäftlichen Beziehungen geführt hat. Ursprünglich
schien es sich dabei um einen häuslichen Zwist zu handeln, der nach einigen
Plänkeleien wieder beigelegt werden würde. Derlei Kleinkrieg war ja schon
öfter zwischen dem staatlichen Zentralinstitut und seinen Kostgängern geführt
worden. Erst der völlige Abbruch der gegenseitigen Beziehungen und die
solenne Art, in der die Preußenkasse diese Tatsache urbi et orbi in der offiziösen
Berliner Korrespondenz verkündete, nicht ohne sich zugleich gegen angebliche
Angriffe zu verteidigen, von denen in der größeren Öffentlichkeit bisher noch
niemand etwas gehört hatte, lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese
Vorgänge. Und nachdem auf dem kürzlich abgehaltenen Deutschen landwirt¬
schaftlichen Genossenschaftstag in Hannover der Generalanwalt und unverkennbar
auch der Genossenschaftstag selbst eine Frontstellung gegen die Preußenkasse ein¬
genommen haben, die zu einem außerordentlich scharfen persönlichen Zusammen¬
stoß mit dem Vertreter der Preußenkasse und des Finanzministeriums führte,
liegt es klar zutage, daß hier ein wirtschaftlicher Prinzipienkampf ausgefochten
wird, der die allergrößte Tragweite besitzt und bei dem anscheinend unversöhnliche
Gegensätze sich gegenüberstehen: auf der einen Seite das genossenschaftliche


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[0157] [Abbildung] Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen und die Preußenkasse von spectator ^MW> 1/n der Kreditorganisation des deutschen ländlichen Genossenschafts¬ wesens spielen sich zurzeit Vorgänge ab, die, wenn sie noch keine Krisis darstellen, doch einer solchen sehr ähnlich sehen. Es handelt l sich um ein tiefgehendes Zerwürfnis zwischen der preußischen Zentralgenossenschaftskasse und dem Geldinstitut der Raiffeisenschen Genossenschaften, der landwirtschaftlichen Zentraldarlehenskasse Neuwied, welches zum Abbruch der beiderseitigen geschäftlichen Beziehungen geführt hat. Ursprünglich schien es sich dabei um einen häuslichen Zwist zu handeln, der nach einigen Plänkeleien wieder beigelegt werden würde. Derlei Kleinkrieg war ja schon öfter zwischen dem staatlichen Zentralinstitut und seinen Kostgängern geführt worden. Erst der völlige Abbruch der gegenseitigen Beziehungen und die solenne Art, in der die Preußenkasse diese Tatsache urbi et orbi in der offiziösen Berliner Korrespondenz verkündete, nicht ohne sich zugleich gegen angebliche Angriffe zu verteidigen, von denen in der größeren Öffentlichkeit bisher noch niemand etwas gehört hatte, lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese Vorgänge. Und nachdem auf dem kürzlich abgehaltenen Deutschen landwirt¬ schaftlichen Genossenschaftstag in Hannover der Generalanwalt und unverkennbar auch der Genossenschaftstag selbst eine Frontstellung gegen die Preußenkasse ein¬ genommen haben, die zu einem außerordentlich scharfen persönlichen Zusammen¬ stoß mit dem Vertreter der Preußenkasse und des Finanzministeriums führte, liegt es klar zutage, daß hier ein wirtschaftlicher Prinzipienkampf ausgefochten wird, der die allergrößte Tragweite besitzt und bei dem anscheinend unversöhnliche Gegensätze sich gegenüberstehen: auf der einen Seite das genossenschaftliche Grenzboten III 1911 19

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/157>, abgerufen am 29.12.2024.