Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Reformvorschläge für die deutschen Universitäten ist das zuletzt gedachte Bedürfnis bei den medizinischen und naturwissenschaftlichen Da eine so große Zahl nicht wohl von einem einzigen Lehrer praktisch III. Da die Assistenz in den größeren Instituten zum Teil in den Händen von Reformvorschläge für die deutschen Universitäten ist das zuletzt gedachte Bedürfnis bei den medizinischen und naturwissenschaftlichen Da eine so große Zahl nicht wohl von einem einzigen Lehrer praktisch III. Da die Assistenz in den größeren Instituten zum Teil in den Händen von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0262" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318545"/> <fw type="header" place="top"> Reformvorschläge für die deutschen Universitäten</fw><lb/> <p xml:id="ID_1284" prev="#ID_1283"> ist das zuletzt gedachte Bedürfnis bei den medizinischen und naturwissenschaftlichen<lb/> Fächern, bei denen die praktische Ergänzung des theoretischen Unterrichts schon<lb/> seit langer Zeit als unentbehrlich gilt. Die Institute für allgemeine Anatomie,<lb/> für Physiologie, für Physik und Chemie, für Pathologie und pathologische<lb/> Anatomie und die klinischen Anstalten haben auf den größten deutschen Uni¬<lb/> versitäten jetzt einen außerordentlichen Umfang angenommen. Sie besitzen Hörsäle<lb/> und Arbeitsräume für Hunderte von Studenten, und diese Räume sind gefüllt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1285"> Da eine so große Zahl nicht wohl von einem einzigen Lehrer praktisch<lb/> unterrichtet werden kann, hat man in den großen Laboratorien dadurch zu<lb/> helfen gesucht, daß Gruppen der Praktikanten und Laboranten gebildet worden<lb/> sind. Während eine dieser Gruppen vom Institutsdirektor selbst geführt und<lb/> beaufsichtigt wird, werden die übrigen unter der Oberleitung des Direktors<lb/> seinen Assistenten überwiesen. Da auch diese Oberleitung in sehr stark frequen¬<lb/> tierten Laboratorien die Kräfte des Direktors überschreitet, hat man Abteilungen<lb/> unter mehr oder weniger selbständigen Abteilungsvorständen, meist älteren<lb/> Assistenten oder außerordentlichen Professoren, eingerichtet. Zuweilen haben sich<lb/> dann solche Abteilungen sogar zu vollständig neuen Instituten ausgewachsen,<lb/> die nur räumlich mit dem Mutterinstitut verbunden, in: übrigen aber selbständig<lb/> sind, und deren Leiter dann auch ein Ordinarius sein kann. Es fragt sich nun<lb/> aber, ob es sich nicht im Hinblick auf den Unterrichtszweck empfehlen würde,<lb/> die zuletzt geschilderte Entwicklung allgemein anzubahnen und Institute, deren<lb/> Umfang die unterrichtliche Überwachung durch eine einzige Lehrkraft überschreitet,<lb/> regelmäßig in Abteilungen unter mehr oder weniger selbständigen Abteilungs¬<lb/> vorständen zu zerlegen. Außer den etwaigen Besoldungen dieser Abteilungs¬<lb/> vorstände brauchten besondere Unkosten mit einer solchen Einrichtung nicht ver¬<lb/> bunden zu sein. Denn die Abteilungen könnten ja recht gut in demselben<lb/> Gebäude und in einer solchen räumlichen Verbindung bleiben, daß wegen ihrer<lb/> Versorgung mit Gas, Wasser, elektrischer Kraft usw. kein Mehraufwand ent¬<lb/> stünde. Auch kann, wie dies meistens jetzt der Fall ist, dem obersten Leiter<lb/> des ganzen Instituts immer noch eine bevorzugte Stellung gelassen werden,<lb/> insofern ihm ein besonders großer Teil der Jnstitutsräume für seine meistens<lb/> den höheren Semestern angehörenden Schüler, wie auch für seine etwaigen<lb/> Privatstudien eingeräumt würde.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> III.</head><lb/> <p xml:id="ID_1286" next="#ID_1287"> Da die Assistenz in den größeren Instituten zum Teil in den Händen von<lb/> Privatdozenten und außerordentlichen Professoren liegt, so leitet dies auf den<lb/> dritten der Lamprechtschen Reformvorschläge über: die Erweiterung der Be¬<lb/> fugnisse der nicht ordentlichen Lehrkräfte, worunter die außerordentlichen<lb/> Professoren und die Privatdozenten zu verstehen sind. Beide unterscheiden sich<lb/> darin, daß, während die außerordentliche Professur ein durch amtliche Ernennung<lb/> verliehenes Amt ist, die Privatdozentur durch die Verleihung der venia leMnäl<lb/> seitens der Fakultät erworben wird. Beiden aber ist gemeinsam das Recht,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0262]
Reformvorschläge für die deutschen Universitäten
ist das zuletzt gedachte Bedürfnis bei den medizinischen und naturwissenschaftlichen
Fächern, bei denen die praktische Ergänzung des theoretischen Unterrichts schon
seit langer Zeit als unentbehrlich gilt. Die Institute für allgemeine Anatomie,
für Physiologie, für Physik und Chemie, für Pathologie und pathologische
Anatomie und die klinischen Anstalten haben auf den größten deutschen Uni¬
versitäten jetzt einen außerordentlichen Umfang angenommen. Sie besitzen Hörsäle
und Arbeitsräume für Hunderte von Studenten, und diese Räume sind gefüllt.
Da eine so große Zahl nicht wohl von einem einzigen Lehrer praktisch
unterrichtet werden kann, hat man in den großen Laboratorien dadurch zu
helfen gesucht, daß Gruppen der Praktikanten und Laboranten gebildet worden
sind. Während eine dieser Gruppen vom Institutsdirektor selbst geführt und
beaufsichtigt wird, werden die übrigen unter der Oberleitung des Direktors
seinen Assistenten überwiesen. Da auch diese Oberleitung in sehr stark frequen¬
tierten Laboratorien die Kräfte des Direktors überschreitet, hat man Abteilungen
unter mehr oder weniger selbständigen Abteilungsvorständen, meist älteren
Assistenten oder außerordentlichen Professoren, eingerichtet. Zuweilen haben sich
dann solche Abteilungen sogar zu vollständig neuen Instituten ausgewachsen,
die nur räumlich mit dem Mutterinstitut verbunden, in: übrigen aber selbständig
sind, und deren Leiter dann auch ein Ordinarius sein kann. Es fragt sich nun
aber, ob es sich nicht im Hinblick auf den Unterrichtszweck empfehlen würde,
die zuletzt geschilderte Entwicklung allgemein anzubahnen und Institute, deren
Umfang die unterrichtliche Überwachung durch eine einzige Lehrkraft überschreitet,
regelmäßig in Abteilungen unter mehr oder weniger selbständigen Abteilungs¬
vorständen zu zerlegen. Außer den etwaigen Besoldungen dieser Abteilungs¬
vorstände brauchten besondere Unkosten mit einer solchen Einrichtung nicht ver¬
bunden zu sein. Denn die Abteilungen könnten ja recht gut in demselben
Gebäude und in einer solchen räumlichen Verbindung bleiben, daß wegen ihrer
Versorgung mit Gas, Wasser, elektrischer Kraft usw. kein Mehraufwand ent¬
stünde. Auch kann, wie dies meistens jetzt der Fall ist, dem obersten Leiter
des ganzen Instituts immer noch eine bevorzugte Stellung gelassen werden,
insofern ihm ein besonders großer Teil der Jnstitutsräume für seine meistens
den höheren Semestern angehörenden Schüler, wie auch für seine etwaigen
Privatstudien eingeräumt würde.
III.
Da die Assistenz in den größeren Instituten zum Teil in den Händen von
Privatdozenten und außerordentlichen Professoren liegt, so leitet dies auf den
dritten der Lamprechtschen Reformvorschläge über: die Erweiterung der Be¬
fugnisse der nicht ordentlichen Lehrkräfte, worunter die außerordentlichen
Professoren und die Privatdozenten zu verstehen sind. Beide unterscheiden sich
darin, daß, während die außerordentliche Professur ein durch amtliche Ernennung
verliehenes Amt ist, die Privatdozentur durch die Verleihung der venia leMnäl
seitens der Fakultät erworben wird. Beiden aber ist gemeinsam das Recht,
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