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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Der junge Pleiten

blieben, und daß sie erst dann größere Aussicht auf Verwirklichung zu gewinnen
schienen, als es bereits zu spät war. Eine führende Rolle hat es infolgedessen
in den Vermittlungsverhnndlungen nicht zu spielen vermocht, hat sie vielmehr der
geschäftigen Tätigkeit des englischen Kabinetts überlassen müssen. Daß sie dessen
Plänen zu folgen sich geneigt zeigte, verhütete die zwischen beiden Regierungen
bestehende Verstimmung. Anders wie England verlegte daher Frankreich den
Schauplatz seiner vermittelnden Tätigkeit nach Kopenhagen, wo es immer wieder
zur Zurücknahme der Verfassung und zu weitgehendem Entgegenkommen riet. Die
französische Regierung ließ sich auch durch die englischen Kriegsdrohungen und
Vorschläge, die ein Heranziehen der SignatarmKchte bezweckten, nicht fortreißen
und blieb gleichmäßig darauf bedacht, nicht in den Konflikt verwickelt zu werden,
bei dein Frankreich in seiner kontinentalen Lage wesentlich mehr hätte aufs Spiel
setzen müssen als England.

Besondere Aufmerksamkeit verdient auch das Bild, das die hier mitgeteilten
Aktenstücke von dem Verhältnis zwischen Frankreich und Preußen geben. Frankreich
hatte schon einige Zeit vorher Preußen gegenüber eine besonders freundliche Haltung
eingenommen und ihm zu nachdrücklichem Vorgehen in der dänischen Frage geraten;
es suchte eben an Preußen einen Bundesgenossen gegen Österreich und England.
Diese Wendung der französischen Politik mußte Preußen schon mit Rücksicht auf
die gesamte politische Lage willkommen sein, und es wies die Annäherung nicht
zurück, ohne freilich besondere Neigung für sie zu empfinden; mehr als unverbindliche
Aufmerksamkeiten gab daher die preußische Regierung auf die Liebenswürdigkeiten
Frankreichs nicht zurück, und einem unmittelbaren Hinweis auf die Möglichkeit
und die Vorteile eines Bündnisses begegnete sie mit einer ausweichenden Antwort.
Mit wachsendem Mißtrauen verfolgte Frankreich die Besserung der Beziehungen
zwischen Preußen und Österreich, die seine Hoffnung, schließlich die eine Macht
gegen die andere zu gebrauchen, zu vernichten schien. Auch hier zeigte sich wieder
die gewaltige diplomatische Überlegenheit Bismarcks, der jede Veränderung der
politischen Lage zu seinen Gunsten auszunutzen wußte. Daß in ihm der Mann
erstanden war, der die Kraft und den Mut hatte, der gesamten europäischen
Politik die Wege zu weisen, und der entschlossen war, an eine gründliche Lösung
der deutschen Frage heranzutreten -- das ist der Eindruck, mit dem man den
ersten Band dieser bedeutsamen Veröffentlichung aus der Hand legt, ein Eindruck,
den die folgenden Bände werden erweitern und vertiefen müssen!




Der junge plater
!v. Schonebo hin von

an dem Erscheinen der Tagebücher des Grafen August v. Platen ist
das Interesse für diesen von seinen Zeitgenossen und auch später
verkannten und von seinen nächsten Angehörigen nicht verstandenen
Dichter lebhafter geworden. Die Tagebücher erst gewährten uns einen
tieferen Einblick in seine problematische Natur. Inzwischen ist uns
ja nun auch seine eigenartige Veranlagung, die wie ein Fluch auf seinem Leben


Der junge Pleiten

blieben, und daß sie erst dann größere Aussicht auf Verwirklichung zu gewinnen
schienen, als es bereits zu spät war. Eine führende Rolle hat es infolgedessen
in den Vermittlungsverhnndlungen nicht zu spielen vermocht, hat sie vielmehr der
geschäftigen Tätigkeit des englischen Kabinetts überlassen müssen. Daß sie dessen
Plänen zu folgen sich geneigt zeigte, verhütete die zwischen beiden Regierungen
bestehende Verstimmung. Anders wie England verlegte daher Frankreich den
Schauplatz seiner vermittelnden Tätigkeit nach Kopenhagen, wo es immer wieder
zur Zurücknahme der Verfassung und zu weitgehendem Entgegenkommen riet. Die
französische Regierung ließ sich auch durch die englischen Kriegsdrohungen und
Vorschläge, die ein Heranziehen der SignatarmKchte bezweckten, nicht fortreißen
und blieb gleichmäßig darauf bedacht, nicht in den Konflikt verwickelt zu werden,
bei dein Frankreich in seiner kontinentalen Lage wesentlich mehr hätte aufs Spiel
setzen müssen als England.

Besondere Aufmerksamkeit verdient auch das Bild, das die hier mitgeteilten
Aktenstücke von dem Verhältnis zwischen Frankreich und Preußen geben. Frankreich
hatte schon einige Zeit vorher Preußen gegenüber eine besonders freundliche Haltung
eingenommen und ihm zu nachdrücklichem Vorgehen in der dänischen Frage geraten;
es suchte eben an Preußen einen Bundesgenossen gegen Österreich und England.
Diese Wendung der französischen Politik mußte Preußen schon mit Rücksicht auf
die gesamte politische Lage willkommen sein, und es wies die Annäherung nicht
zurück, ohne freilich besondere Neigung für sie zu empfinden; mehr als unverbindliche
Aufmerksamkeiten gab daher die preußische Regierung auf die Liebenswürdigkeiten
Frankreichs nicht zurück, und einem unmittelbaren Hinweis auf die Möglichkeit
und die Vorteile eines Bündnisses begegnete sie mit einer ausweichenden Antwort.
Mit wachsendem Mißtrauen verfolgte Frankreich die Besserung der Beziehungen
zwischen Preußen und Österreich, die seine Hoffnung, schließlich die eine Macht
gegen die andere zu gebrauchen, zu vernichten schien. Auch hier zeigte sich wieder
die gewaltige diplomatische Überlegenheit Bismarcks, der jede Veränderung der
politischen Lage zu seinen Gunsten auszunutzen wußte. Daß in ihm der Mann
erstanden war, der die Kraft und den Mut hatte, der gesamten europäischen
Politik die Wege zu weisen, und der entschlossen war, an eine gründliche Lösung
der deutschen Frage heranzutreten — das ist der Eindruck, mit dem man den
ersten Band dieser bedeutsamen Veröffentlichung aus der Hand legt, ein Eindruck,
den die folgenden Bände werden erweitern und vertiefen müssen!




Der junge plater
!v. Schonebo hin von

an dem Erscheinen der Tagebücher des Grafen August v. Platen ist
das Interesse für diesen von seinen Zeitgenossen und auch später
verkannten und von seinen nächsten Angehörigen nicht verstandenen
Dichter lebhafter geworden. Die Tagebücher erst gewährten uns einen
tieferen Einblick in seine problematische Natur. Inzwischen ist uns
ja nun auch seine eigenartige Veranlagung, die wie ein Fluch auf seinem Leben


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[0597] Der junge Pleiten blieben, und daß sie erst dann größere Aussicht auf Verwirklichung zu gewinnen schienen, als es bereits zu spät war. Eine führende Rolle hat es infolgedessen in den Vermittlungsverhnndlungen nicht zu spielen vermocht, hat sie vielmehr der geschäftigen Tätigkeit des englischen Kabinetts überlassen müssen. Daß sie dessen Plänen zu folgen sich geneigt zeigte, verhütete die zwischen beiden Regierungen bestehende Verstimmung. Anders wie England verlegte daher Frankreich den Schauplatz seiner vermittelnden Tätigkeit nach Kopenhagen, wo es immer wieder zur Zurücknahme der Verfassung und zu weitgehendem Entgegenkommen riet. Die französische Regierung ließ sich auch durch die englischen Kriegsdrohungen und Vorschläge, die ein Heranziehen der SignatarmKchte bezweckten, nicht fortreißen und blieb gleichmäßig darauf bedacht, nicht in den Konflikt verwickelt zu werden, bei dein Frankreich in seiner kontinentalen Lage wesentlich mehr hätte aufs Spiel setzen müssen als England. Besondere Aufmerksamkeit verdient auch das Bild, das die hier mitgeteilten Aktenstücke von dem Verhältnis zwischen Frankreich und Preußen geben. Frankreich hatte schon einige Zeit vorher Preußen gegenüber eine besonders freundliche Haltung eingenommen und ihm zu nachdrücklichem Vorgehen in der dänischen Frage geraten; es suchte eben an Preußen einen Bundesgenossen gegen Österreich und England. Diese Wendung der französischen Politik mußte Preußen schon mit Rücksicht auf die gesamte politische Lage willkommen sein, und es wies die Annäherung nicht zurück, ohne freilich besondere Neigung für sie zu empfinden; mehr als unverbindliche Aufmerksamkeiten gab daher die preußische Regierung auf die Liebenswürdigkeiten Frankreichs nicht zurück, und einem unmittelbaren Hinweis auf die Möglichkeit und die Vorteile eines Bündnisses begegnete sie mit einer ausweichenden Antwort. Mit wachsendem Mißtrauen verfolgte Frankreich die Besserung der Beziehungen zwischen Preußen und Österreich, die seine Hoffnung, schließlich die eine Macht gegen die andere zu gebrauchen, zu vernichten schien. Auch hier zeigte sich wieder die gewaltige diplomatische Überlegenheit Bismarcks, der jede Veränderung der politischen Lage zu seinen Gunsten auszunutzen wußte. Daß in ihm der Mann erstanden war, der die Kraft und den Mut hatte, der gesamten europäischen Politik die Wege zu weisen, und der entschlossen war, an eine gründliche Lösung der deutschen Frage heranzutreten — das ist der Eindruck, mit dem man den ersten Band dieser bedeutsamen Veröffentlichung aus der Hand legt, ein Eindruck, den die folgenden Bände werden erweitern und vertiefen müssen! Der junge plater !v. Schonebo hin von an dem Erscheinen der Tagebücher des Grafen August v. Platen ist das Interesse für diesen von seinen Zeitgenossen und auch später verkannten und von seinen nächsten Angehörigen nicht verstandenen Dichter lebhafter geworden. Die Tagebücher erst gewährten uns einen tieferen Einblick in seine problematische Natur. Inzwischen ist uns ja nun auch seine eigenartige Veranlagung, die wie ein Fluch auf seinem Leben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/597>, abgerufen am 27.12.2024.