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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Durch das Leben eines modernen Rechts¬
staates, durch die Entwicklung allgemein
menschlicher Kultur ist die Jugend mit
ihrem Führer gewandert. Aber ehe er sie,
die schaffensfrcudigc, hoffuuugsfrohe, entläßt
ins Leben hinaus, weist er sie vorwärts in
die Lande, die bor ihr liegen, und zeigt ihr
die Wege und das Ziel weit draußen in der
Ferne und die Brücken, die über hindernde
Ströme hinweg zum Endziel der Wanderung,
zum Glück führen, die Brücken "Licht, Liebe,
Leben". Zu ernstem Schaffen und frohem
Schauen will der "Führer ins Leben" die
deutsche Jugend begeistern, zu echt mensch¬
licher innerer und äußerer Lebensbetätigung
i L, m Geiste Goethes.

Herders Konversations-Lexiko".

Vor drei
Jahren wurde ich bernnlaßt, in den Grenz¬
boten Herders Konversations-Lexikon anzu¬
zeigen! da muß ich denn Wohl auch den
Lesern mitteilen, daß jetzt ein Ergänzungsband
(gebunden 16 M,) erschienen ist. Eine sehr
sorgfaltig gearbeitete, man darf sagen er¬
schöpfende Ergänzung. Die Ereignisse werden
so vollständig up to cZate gebracht, daß wir
nicht allein den Stand der deutschen Gesetz¬
gebung und die Politischen Umwälzungen bis
zum Herbst 10,10 verzeichnet finde,?, sondern
auch Begebenheiten wie des Historikers
Friedjnng Hineinfall mit den gefälschten
Aktenstücken über serbo-krontische Umtriebe
"ut (unter "Goethe") die Auffindung des
Ur-Meister. Deu neuesten Erfindungen n"d
Verbesserungen auf den Gebieten der Mechanik,
der Dampfmaschine, der Elektrotechnik, der
Motorwagcnindustrie, der Aviatik ist eine
Menge Artikel gewidmet; die brennenden
Fragen der Stadtmilagc, der Gartenstadt,
des Wohuungswesens, der Architektur werden
von allen Seiten beleuchtet und mit Illustra¬
tionen veranschnulichi, eine Statistik des
Fremdenverkehrs und seiner volkswirtschaft¬
lichen Bedeutung erteilt alle wünschenswerten
Aufschlüsse, der Ostgiebel des Tempels von
Ägina wird uns nach Fnrtwnnglers Nekon-
siniktwn mit den von diesem Forscher aus¬
gegrabenen neuen Figuren vorgeführt. Den
beiden Riesenwerken von Brockhnus und
Meyer ein Konkurrenzunternehmen um die
Seite zu stellen, IM kein katholischer Verlag
gewagt. Aber daS Wagnis würde anch iiber-

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flüssig gewesen sein, wenn es unternommen
worden wäre; für ein drittes solches Werk
ist kein Bedürfnis, kein Raum vorhanden.
Der Herdersche Verlag hat sich darum, indem
er den Katholiken lieferte, was sie brauchen:
ein Lexikon, das religiös-kirchliche Dinge vom
katholischen Standpunkte ans behandelt,
klugerweise auf den Umfang des sogenannten
Kleinen Meder beschränkt, bei dem sich die
Bezeichnung "klein" einigermaßen komisch
ausnimmt. Ein Lexikon in diesem Umfange
(Herder mit Ergänzungsband 9, Meyer 6
"in die Hälfte dickere Bände) ist anch schon
eine Fundgrube alles Wissenswerten und
genügt den Ansprüchen und Bedürfnissen der
ungeheuren Mehrzahl der Benutzer vollständig.
Da der "kleine" Meyer existiert, wird Herder
natürlich nur von Katholiken gekauft, aber
Protestanten, die sich für unsere konfessionellen
Zustände interessieren, sollten nicht versnnmen,
daS Herdersche Lexikon kennen zu lernen.
Man überzeugt sich beim Durchblättern, daß
die konfessionellen Dinge, in denen Katholiken
und Protestanten einander nicht verstehen
und über die sie streiten, nur einen winzigem
Teil ihres KulturbcsitzeS ausmachen, während
die gewaltige Masse diese? KnlturvesitzeS
beiden gemeinsam ist: das ganze Gebiet der
.Naturwissenschaften, der Technik, der Volks¬
wirtschaft, der Sozialpolitik, der Philosophie,
der Länder- und Völkerkunde, der bildenden
Künste; der bei weitem größte Teil der
Weltgeschichte ist weder katholisch noch evan¬
gelisch, sondern als Wisscnsobjekt ohne eine
Spur konfessioneller Färbung einfach gegeben.
Bei so überwiegender Gemeinsamkeit deS
geistigen Besitzes ist eine Zerreißung unseres
Volkes in zwei einander völlig entfremdete
kirchliche Parteien, so eifrig sie auch vom
kirchlichen -- und vom nntikirchlichen --
Fanatismus erstrebt werden mag heule
,
<L. I. glücklicherweise nicht mehr möglich.

Bildende Kunst

Die Berliner Sezession wird hoffentlich
aus dem Zustande des "Kriselns", wie Max
Liebermann in seiner Abschiedsrede als Präsi¬
dent gesagt, jetzt herausgekommen sein.
Lotus Corinth bringt als Leiter zwei gute
Eigenschaften mit. Er ist ein guter Kenner
und ein glänzender Körner, um mich eines

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Grenzboten I 191132
Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Durch das Leben eines modernen Rechts¬
staates, durch die Entwicklung allgemein
menschlicher Kultur ist die Jugend mit
ihrem Führer gewandert. Aber ehe er sie,
die schaffensfrcudigc, hoffuuugsfrohe, entläßt
ins Leben hinaus, weist er sie vorwärts in
die Lande, die bor ihr liegen, und zeigt ihr
die Wege und das Ziel weit draußen in der
Ferne und die Brücken, die über hindernde
Ströme hinweg zum Endziel der Wanderung,
zum Glück führen, die Brücken „Licht, Liebe,
Leben". Zu ernstem Schaffen und frohem
Schauen will der „Führer ins Leben" die
deutsche Jugend begeistern, zu echt mensch¬
licher innerer und äußerer Lebensbetätigung
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Vor drei
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schöpfende Ergänzung. Die Ereignisse werden
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gebung und die Politischen Umwälzungen bis
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Aktenstücken über serbo-krontische Umtriebe
»ut (unter „Goethe") die Auffindung des
Ur-Meister. Deu neuesten Erfindungen n»d
Verbesserungen auf den Gebieten der Mechanik,
der Dampfmaschine, der Elektrotechnik, der
Motorwagcnindustrie, der Aviatik ist eine
Menge Artikel gewidmet; die brennenden
Fragen der Stadtmilagc, der Gartenstadt,
des Wohuungswesens, der Architektur werden
von allen Seiten beleuchtet und mit Illustra¬
tionen veranschnulichi, eine Statistik des
Fremdenverkehrs und seiner volkswirtschaft¬
lichen Bedeutung erteilt alle wünschenswerten
Aufschlüsse, der Ostgiebel des Tempels von
Ägina wird uns nach Fnrtwnnglers Nekon-
siniktwn mit den von diesem Forscher aus¬
gegrabenen neuen Figuren vorgeführt. Den
beiden Riesenwerken von Brockhnus und
Meyer ein Konkurrenzunternehmen um die
Seite zu stellen, IM kein katholischer Verlag
gewagt. Aber daS Wagnis würde anch iiber-

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flüssig gewesen sein, wenn es unternommen
worden wäre; für ein drittes solches Werk
ist kein Bedürfnis, kein Raum vorhanden.
Der Herdersche Verlag hat sich darum, indem
er den Katholiken lieferte, was sie brauchen:
ein Lexikon, das religiös-kirchliche Dinge vom
katholischen Standpunkte ans behandelt,
klugerweise auf den Umfang des sogenannten
Kleinen Meder beschränkt, bei dem sich die
Bezeichnung „klein" einigermaßen komisch
ausnimmt. Ein Lexikon in diesem Umfange
(Herder mit Ergänzungsband 9, Meyer 6
»in die Hälfte dickere Bände) ist anch schon
eine Fundgrube alles Wissenswerten und
genügt den Ansprüchen und Bedürfnissen der
ungeheuren Mehrzahl der Benutzer vollständig.
Da der „kleine" Meyer existiert, wird Herder
natürlich nur von Katholiken gekauft, aber
Protestanten, die sich für unsere konfessionellen
Zustände interessieren, sollten nicht versnnmen,
daS Herdersche Lexikon kennen zu lernen.
Man überzeugt sich beim Durchblättern, daß
die konfessionellen Dinge, in denen Katholiken
und Protestanten einander nicht verstehen
und über die sie streiten, nur einen winzigem
Teil ihres KulturbcsitzeS ausmachen, während
die gewaltige Masse diese? KnlturvesitzeS
beiden gemeinsam ist: das ganze Gebiet der
.Naturwissenschaften, der Technik, der Volks¬
wirtschaft, der Sozialpolitik, der Philosophie,
der Länder- und Völkerkunde, der bildenden
Künste; der bei weitem größte Teil der
Weltgeschichte ist weder katholisch noch evan¬
gelisch, sondern als Wisscnsobjekt ohne eine
Spur konfessioneller Färbung einfach gegeben.
Bei so überwiegender Gemeinsamkeit deS
geistigen Besitzes ist eine Zerreißung unseres
Volkes in zwei einander völlig entfremdete
kirchliche Parteien, so eifrig sie auch vom
kirchlichen — und vom nntikirchlichen —
Fanatismus erstrebt werden mag heule
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<L. I. glücklicherweise nicht mehr möglich.

Bildende Kunst

Die Berliner Sezession wird hoffentlich
aus dem Zustande des „Kriselns", wie Max
Liebermann in seiner Abschiedsrede als Präsi¬
dent gesagt, jetzt herausgekommen sein.
Lotus Corinth bringt als Leiter zwei gute
Eigenschaften mit. Er ist ein guter Kenner
und ein glänzender Körner, um mich eines

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[0263] Maßgebliches und Unmaßgebliches Durch das Leben eines modernen Rechts¬ staates, durch die Entwicklung allgemein menschlicher Kultur ist die Jugend mit ihrem Führer gewandert. Aber ehe er sie, die schaffensfrcudigc, hoffuuugsfrohe, entläßt ins Leben hinaus, weist er sie vorwärts in die Lande, die bor ihr liegen, und zeigt ihr die Wege und das Ziel weit draußen in der Ferne und die Brücken, die über hindernde Ströme hinweg zum Endziel der Wanderung, zum Glück führen, die Brücken „Licht, Liebe, Leben". Zu ernstem Schaffen und frohem Schauen will der „Führer ins Leben" die deutsche Jugend begeistern, zu echt mensch¬ licher innerer und äußerer Lebensbetätigung i L, m Geiste Goethes. Herders Konversations-Lexiko». Vor drei Jahren wurde ich bernnlaßt, in den Grenz¬ boten Herders Konversations-Lexikon anzu¬ zeigen! da muß ich denn Wohl auch den Lesern mitteilen, daß jetzt ein Ergänzungsband (gebunden 16 M,) erschienen ist. Eine sehr sorgfaltig gearbeitete, man darf sagen er¬ schöpfende Ergänzung. Die Ereignisse werden so vollständig up to cZate gebracht, daß wir nicht allein den Stand der deutschen Gesetz¬ gebung und die Politischen Umwälzungen bis zum Herbst 10,10 verzeichnet finde,?, sondern auch Begebenheiten wie des Historikers Friedjnng Hineinfall mit den gefälschten Aktenstücken über serbo-krontische Umtriebe »ut (unter „Goethe") die Auffindung des Ur-Meister. Deu neuesten Erfindungen n»d Verbesserungen auf den Gebieten der Mechanik, der Dampfmaschine, der Elektrotechnik, der Motorwagcnindustrie, der Aviatik ist eine Menge Artikel gewidmet; die brennenden Fragen der Stadtmilagc, der Gartenstadt, des Wohuungswesens, der Architektur werden von allen Seiten beleuchtet und mit Illustra¬ tionen veranschnulichi, eine Statistik des Fremdenverkehrs und seiner volkswirtschaft¬ lichen Bedeutung erteilt alle wünschenswerten Aufschlüsse, der Ostgiebel des Tempels von Ägina wird uns nach Fnrtwnnglers Nekon- siniktwn mit den von diesem Forscher aus¬ gegrabenen neuen Figuren vorgeführt. Den beiden Riesenwerken von Brockhnus und Meyer ein Konkurrenzunternehmen um die Seite zu stellen, IM kein katholischer Verlag gewagt. Aber daS Wagnis würde anch iiber- flüssig gewesen sein, wenn es unternommen worden wäre; für ein drittes solches Werk ist kein Bedürfnis, kein Raum vorhanden. Der Herdersche Verlag hat sich darum, indem er den Katholiken lieferte, was sie brauchen: ein Lexikon, das religiös-kirchliche Dinge vom katholischen Standpunkte ans behandelt, klugerweise auf den Umfang des sogenannten Kleinen Meder beschränkt, bei dem sich die Bezeichnung „klein" einigermaßen komisch ausnimmt. Ein Lexikon in diesem Umfange (Herder mit Ergänzungsband 9, Meyer 6 »in die Hälfte dickere Bände) ist anch schon eine Fundgrube alles Wissenswerten und genügt den Ansprüchen und Bedürfnissen der ungeheuren Mehrzahl der Benutzer vollständig. Da der „kleine" Meyer existiert, wird Herder natürlich nur von Katholiken gekauft, aber Protestanten, die sich für unsere konfessionellen Zustände interessieren, sollten nicht versnnmen, daS Herdersche Lexikon kennen zu lernen. Man überzeugt sich beim Durchblättern, daß die konfessionellen Dinge, in denen Katholiken und Protestanten einander nicht verstehen und über die sie streiten, nur einen winzigem Teil ihres KulturbcsitzeS ausmachen, während die gewaltige Masse diese? KnlturvesitzeS beiden gemeinsam ist: das ganze Gebiet der .Naturwissenschaften, der Technik, der Volks¬ wirtschaft, der Sozialpolitik, der Philosophie, der Länder- und Völkerkunde, der bildenden Künste; der bei weitem größte Teil der Weltgeschichte ist weder katholisch noch evan¬ gelisch, sondern als Wisscnsobjekt ohne eine Spur konfessioneller Färbung einfach gegeben. Bei so überwiegender Gemeinsamkeit deS geistigen Besitzes ist eine Zerreißung unseres Volkes in zwei einander völlig entfremdete kirchliche Parteien, so eifrig sie auch vom kirchlichen — und vom nntikirchlichen — Fanatismus erstrebt werden mag heule , <L. I. glücklicherweise nicht mehr möglich. Bildende Kunst Die Berliner Sezession wird hoffentlich aus dem Zustande des „Kriselns", wie Max Liebermann in seiner Abschiedsrede als Präsi¬ dent gesagt, jetzt herausgekommen sein. Lotus Corinth bringt als Leiter zwei gute Eigenschaften mit. Er ist ein guter Kenner und ein glänzender Körner, um mich eines Grenzboten I 191132

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/263>, abgerufen am 24.07.2024.