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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr.

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Petra
Reiseerinnerungen aus der Hauptstadt der Nabatäer
von Heinrich Wolfgang Truhen
Mitglied des deutsch-archäologischen Institut- in Jerusalem

cum der deutsche Jerusalempilger Sonntags, sich vom Jaffator
zur sogenannten Jaffavorstadt wendend, den stattlichen Nussenbau
passiert hat, wird er von einem unerwarteten Anblick freudig
überrascht. Eine ganze Anzahl lustig im Winde wehender deutscher
Fahnen grüßt ihn. Da ist gleich rechter Hand vom Wege auf dem
^ Platze, der im Oktober 1898 dem Zeltlager des Deutschen Kaisers
^ente, das deutsche Pfarrhaus mit seinem mächtigen Reichsadler in der Vorder¬
front, nebst der deutschen Schule. Geht man weiter, kommt man linker Hand zum
deutschen Kousnlat und kurz vorher zum deutschen Hospital, worin ebenso wie
'" der bekannten, etwas abseits liegenden deutschen Mädchenerziehungsanstalt
"Talitha kumi" Kaiserswerther Diakonissen in reich gesegneter Arbeit stehn. Seit
ewigen Jahren ist zu diesen stattlichen Gebäuden, die, der Jerusalemer Bauart
entsprechend, alle in massivem weißem Kalkstein aufgeführt sind, noch ein neues
hinzugekommen, etwas oberhalb der deutschen Pfarre und Schule: eine Pflege¬
stätte deutscher Wissenschaft. Es ist das "Deutsche Evangelische Institut für
Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem". So der etwas lang¬
atmige offizielle Titel. Gewissermaßen ist diese Anstalt auch als eine Frucht
der Kaiserreise vom Jahre 1893 anzusehen. Damals wurde von den Ver¬
tretern der hohen evangelischen Kirchenregierungen Deutschlands der Gedanke
gefaßt, der sich des vollen kaiserlichen Interesses erfreuen durfte, der Pflege
evangelischer Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem ein Heim
Zu bereiten. Auf der Eisenacher Kirchenkonferenz vom Sommer 1900 wurde
das Institut als eine von den deutschen evangelischen Kirchenregierungen ge¬
meinsam unterhaltne Stiftung begründet. Deren Zweck soll nach der Stiftungs-
Mkunde sein, "auf dem Gebiet der biblischen und kirchlichen Altertumswissen¬
schaft die Beziehung zwischen den Stätten der heiligen Geschichte und zwischen
°er gelehrten Forschung und dem Interesse der christlichen Frömmigkeit in der
evangelischen Kirche zu pflegen, zu beleben und zu regeln".

. Nach Erledigung der notwendigsten Vorarbeiten, und nachdem insonder¬
heit der jetzt dauernd in Jerusalem'wohnhafte 0. Dr. Dalman, Professor an
ver Universität Leipzig, einer der ersten und gründlichsten Kenner des Heiligen
Landes, als Vorsteher gewonnen worden war, konnte das Institut am 15. No¬
vember 1903 in der feierlichsten Weise unter einmütiger Beteiligung der ver¬
schiedensten Nationen und Konfessionen eröffnet werden.

Nach den ersten Versuchen hat sich als fruchtbare Arbeitspraxis nun er¬
geben, daß alljährlich im Frühjahr vom Vorstande sechs junge, dafür qualifiziert


Grenzboten IV 1909 47


Petra
Reiseerinnerungen aus der Hauptstadt der Nabatäer
von Heinrich Wolfgang Truhen
Mitglied des deutsch-archäologischen Institut- in Jerusalem

cum der deutsche Jerusalempilger Sonntags, sich vom Jaffator
zur sogenannten Jaffavorstadt wendend, den stattlichen Nussenbau
passiert hat, wird er von einem unerwarteten Anblick freudig
überrascht. Eine ganze Anzahl lustig im Winde wehender deutscher
Fahnen grüßt ihn. Da ist gleich rechter Hand vom Wege auf dem
^ Platze, der im Oktober 1898 dem Zeltlager des Deutschen Kaisers
^ente, das deutsche Pfarrhaus mit seinem mächtigen Reichsadler in der Vorder¬
front, nebst der deutschen Schule. Geht man weiter, kommt man linker Hand zum
deutschen Kousnlat und kurz vorher zum deutschen Hospital, worin ebenso wie
'" der bekannten, etwas abseits liegenden deutschen Mädchenerziehungsanstalt
"Talitha kumi" Kaiserswerther Diakonissen in reich gesegneter Arbeit stehn. Seit
ewigen Jahren ist zu diesen stattlichen Gebäuden, die, der Jerusalemer Bauart
entsprechend, alle in massivem weißem Kalkstein aufgeführt sind, noch ein neues
hinzugekommen, etwas oberhalb der deutschen Pfarre und Schule: eine Pflege¬
stätte deutscher Wissenschaft. Es ist das „Deutsche Evangelische Institut für
Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem". So der etwas lang¬
atmige offizielle Titel. Gewissermaßen ist diese Anstalt auch als eine Frucht
der Kaiserreise vom Jahre 1893 anzusehen. Damals wurde von den Ver¬
tretern der hohen evangelischen Kirchenregierungen Deutschlands der Gedanke
gefaßt, der sich des vollen kaiserlichen Interesses erfreuen durfte, der Pflege
evangelischer Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem ein Heim
Zu bereiten. Auf der Eisenacher Kirchenkonferenz vom Sommer 1900 wurde
das Institut als eine von den deutschen evangelischen Kirchenregierungen ge¬
meinsam unterhaltne Stiftung begründet. Deren Zweck soll nach der Stiftungs-
Mkunde sein, „auf dem Gebiet der biblischen und kirchlichen Altertumswissen¬
schaft die Beziehung zwischen den Stätten der heiligen Geschichte und zwischen
°er gelehrten Forschung und dem Interesse der christlichen Frömmigkeit in der
evangelischen Kirche zu pflegen, zu beleben und zu regeln".

. Nach Erledigung der notwendigsten Vorarbeiten, und nachdem insonder¬
heit der jetzt dauernd in Jerusalem'wohnhafte 0. Dr. Dalman, Professor an
ver Universität Leipzig, einer der ersten und gründlichsten Kenner des Heiligen
Landes, als Vorsteher gewonnen worden war, konnte das Institut am 15. No¬
vember 1903 in der feierlichsten Weise unter einmütiger Beteiligung der ver¬
schiedensten Nationen und Konfessionen eröffnet werden.

Nach den ersten Versuchen hat sich als fruchtbare Arbeitspraxis nun er¬
geben, daß alljährlich im Frühjahr vom Vorstande sechs junge, dafür qualifiziert


Grenzboten IV 1909 47
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[0373] [Abbildung] Petra Reiseerinnerungen aus der Hauptstadt der Nabatäer von Heinrich Wolfgang Truhen Mitglied des deutsch-archäologischen Institut- in Jerusalem cum der deutsche Jerusalempilger Sonntags, sich vom Jaffator zur sogenannten Jaffavorstadt wendend, den stattlichen Nussenbau passiert hat, wird er von einem unerwarteten Anblick freudig überrascht. Eine ganze Anzahl lustig im Winde wehender deutscher Fahnen grüßt ihn. Da ist gleich rechter Hand vom Wege auf dem ^ Platze, der im Oktober 1898 dem Zeltlager des Deutschen Kaisers ^ente, das deutsche Pfarrhaus mit seinem mächtigen Reichsadler in der Vorder¬ front, nebst der deutschen Schule. Geht man weiter, kommt man linker Hand zum deutschen Kousnlat und kurz vorher zum deutschen Hospital, worin ebenso wie '" der bekannten, etwas abseits liegenden deutschen Mädchenerziehungsanstalt "Talitha kumi" Kaiserswerther Diakonissen in reich gesegneter Arbeit stehn. Seit ewigen Jahren ist zu diesen stattlichen Gebäuden, die, der Jerusalemer Bauart entsprechend, alle in massivem weißem Kalkstein aufgeführt sind, noch ein neues hinzugekommen, etwas oberhalb der deutschen Pfarre und Schule: eine Pflege¬ stätte deutscher Wissenschaft. Es ist das „Deutsche Evangelische Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem". So der etwas lang¬ atmige offizielle Titel. Gewissermaßen ist diese Anstalt auch als eine Frucht der Kaiserreise vom Jahre 1893 anzusehen. Damals wurde von den Ver¬ tretern der hohen evangelischen Kirchenregierungen Deutschlands der Gedanke gefaßt, der sich des vollen kaiserlichen Interesses erfreuen durfte, der Pflege evangelischer Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem ein Heim Zu bereiten. Auf der Eisenacher Kirchenkonferenz vom Sommer 1900 wurde das Institut als eine von den deutschen evangelischen Kirchenregierungen ge¬ meinsam unterhaltne Stiftung begründet. Deren Zweck soll nach der Stiftungs- Mkunde sein, „auf dem Gebiet der biblischen und kirchlichen Altertumswissen¬ schaft die Beziehung zwischen den Stätten der heiligen Geschichte und zwischen °er gelehrten Forschung und dem Interesse der christlichen Frömmigkeit in der evangelischen Kirche zu pflegen, zu beleben und zu regeln". . Nach Erledigung der notwendigsten Vorarbeiten, und nachdem insonder¬ heit der jetzt dauernd in Jerusalem'wohnhafte 0. Dr. Dalman, Professor an ver Universität Leipzig, einer der ersten und gründlichsten Kenner des Heiligen Landes, als Vorsteher gewonnen worden war, konnte das Institut am 15. No¬ vember 1903 in der feierlichsten Weise unter einmütiger Beteiligung der ver¬ schiedensten Nationen und Konfessionen eröffnet werden. Nach den ersten Versuchen hat sich als fruchtbare Arbeitspraxis nun er¬ geben, daß alljährlich im Frühjahr vom Vorstande sechs junge, dafür qualifiziert Grenzboten IV 1909 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_314346/373>, abgerufen am 24.07.2024.