Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.Fränkisch - schwäbische Grenzwanderungen diese Baustoffe wirklich auch nur wie Atome verwandt hat, die heute in der Fränkisch - schwäbische Grenzwanderungen von Fritz Gräntz 2 in Morgen erreiche ich Dombühl. Es ist ein heiterer Tag. Das Die Waldstraße führt mich bald nach Schillingsfürst hinauf, das auf einer Fränkisch - schwäbische Grenzwanderungen diese Baustoffe wirklich auch nur wie Atome verwandt hat, die heute in der Fränkisch - schwäbische Grenzwanderungen von Fritz Gräntz 2 in Morgen erreiche ich Dombühl. Es ist ein heiterer Tag. Das Die Waldstraße führt mich bald nach Schillingsfürst hinauf, das auf einer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0376" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314079"/> <fw type="header" place="top"> Fränkisch - schwäbische Grenzwanderungen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1725" prev="#ID_1724"> diese Baustoffe wirklich auch nur wie Atome verwandt hat, die heute in der<lb/> Träne eines Menschen, morgen im Meere und übermorgen im Dufte der<lb/> Rose ihr ewiges Leben weiterleben. So verschieden wie diese sind auch die<lb/> Erzeugnisse eines dichterischen Geistes von denen eines andern, dem er Ge¬<lb/> danken, Worte, Stoffe entlehnt. Wie anders, wie viel tiefer und problematischer<lb/> schauen uns die Situationen aus den tiefen Denkeraugen Hebbels an, als wenn<lb/> sie von der Laute des schwäbischen Sängers einschmeichelnd in unser Ohr<lb/> dringen! Uhland ist immer der reine, mit sich und der Welt in Einklang<lb/> stehende, friedenvolle Geist, wo Hebbel stolz auf sein herbes Leid und seine<lb/> qualvolle Gedankenarbeit den Gegensatz hervorkehrt und uns nur durch feind¬<lb/> liche Strebungen und dramatische Konflikte zur Versöhnung gelangen läßt. Nur<lb/> wenige seiner Gedichte haben so reine, milde Klänge wie bei Uhland jedes<lb/> einzelne. Dafür fehlt diesem die geistige Größe des nordischen Dichters. Merk¬<lb/> würdig wird es immer bleiben, daß zwei von Hebbels schönsten und bekanntesten<lb/> Gedichten, die noch dazu durch die melodramatische Bearbeitung Robert<lb/> Schumanns Gegenstand der großen Vortragskunst geworden sind: „Schön<lb/> Hedwig" und „DerHeideknabe" in halbvergeßnen Klängen der reichen Uhlandschen<lb/> Liederharfe ihren Ursprung haben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Fränkisch - schwäbische Grenzwanderungen<lb/><note type="byline"> von Fritz Gräntz</note> 2 </head><lb/> <p xml:id="ID_1726"> in Morgen erreiche ich Dombühl. Es ist ein heiterer Tag. Das<lb/> Dörflein könnte nicht stolzer und anmutiger heißen. Inmitten<lb/> seiner Häuschenschar steht der „Dom", die kleine Kirche, auf<lb/> einem Buhl. Morgenfriedlich hebt sich das Bild vom niedern,<lb/> waldigen Zug der Frankenhöhe ab. Ein Schnellzug, von Stutt¬<lb/> gart nach Nürnberg unterwegs, rasselt vorüber. Sein rasches Entfliehn be¬<lb/> wirkt, daß ich die Ruhe des Landschaftsbildes noch tiefer empfinde als vorher.<lb/> Dem ansteigenden Walde der Höhe entgegenwandernd, denke ich daran, in welch<lb/> verschwiegnen Winkel Süddeutschlands, in welchem Ländchen der Mitte ich bin.<lb/> Hier scheidet sich das Wasser zwischen Donau und Main. Hier fließen, unfern<lb/> meinem Wege, Wörnitz und Altmühl als junge Bäche. Drüben in jenem Walde<lb/> ist die Quelle der Tauber.</p><lb/> <p xml:id="ID_1727" next="#ID_1728"> Die Waldstraße führt mich bald nach Schillingsfürst hinauf, das auf einer<lb/> Art Sattel der schmalen Frankenhöhe liegt und mit den vielen Fensteraugen<lb/> seines turmlosen, stattlichen Schloßgebäudes weit nach der andern Seite in das<lb/> offne obere Tauberland blickt. Das Schloß schaut mir, sich immer stattlicher</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0376]
Fränkisch - schwäbische Grenzwanderungen
diese Baustoffe wirklich auch nur wie Atome verwandt hat, die heute in der
Träne eines Menschen, morgen im Meere und übermorgen im Dufte der
Rose ihr ewiges Leben weiterleben. So verschieden wie diese sind auch die
Erzeugnisse eines dichterischen Geistes von denen eines andern, dem er Ge¬
danken, Worte, Stoffe entlehnt. Wie anders, wie viel tiefer und problematischer
schauen uns die Situationen aus den tiefen Denkeraugen Hebbels an, als wenn
sie von der Laute des schwäbischen Sängers einschmeichelnd in unser Ohr
dringen! Uhland ist immer der reine, mit sich und der Welt in Einklang
stehende, friedenvolle Geist, wo Hebbel stolz auf sein herbes Leid und seine
qualvolle Gedankenarbeit den Gegensatz hervorkehrt und uns nur durch feind¬
liche Strebungen und dramatische Konflikte zur Versöhnung gelangen läßt. Nur
wenige seiner Gedichte haben so reine, milde Klänge wie bei Uhland jedes
einzelne. Dafür fehlt diesem die geistige Größe des nordischen Dichters. Merk¬
würdig wird es immer bleiben, daß zwei von Hebbels schönsten und bekanntesten
Gedichten, die noch dazu durch die melodramatische Bearbeitung Robert
Schumanns Gegenstand der großen Vortragskunst geworden sind: „Schön
Hedwig" und „DerHeideknabe" in halbvergeßnen Klängen der reichen Uhlandschen
Liederharfe ihren Ursprung haben.
Fränkisch - schwäbische Grenzwanderungen
von Fritz Gräntz 2
in Morgen erreiche ich Dombühl. Es ist ein heiterer Tag. Das
Dörflein könnte nicht stolzer und anmutiger heißen. Inmitten
seiner Häuschenschar steht der „Dom", die kleine Kirche, auf
einem Buhl. Morgenfriedlich hebt sich das Bild vom niedern,
waldigen Zug der Frankenhöhe ab. Ein Schnellzug, von Stutt¬
gart nach Nürnberg unterwegs, rasselt vorüber. Sein rasches Entfliehn be¬
wirkt, daß ich die Ruhe des Landschaftsbildes noch tiefer empfinde als vorher.
Dem ansteigenden Walde der Höhe entgegenwandernd, denke ich daran, in welch
verschwiegnen Winkel Süddeutschlands, in welchem Ländchen der Mitte ich bin.
Hier scheidet sich das Wasser zwischen Donau und Main. Hier fließen, unfern
meinem Wege, Wörnitz und Altmühl als junge Bäche. Drüben in jenem Walde
ist die Quelle der Tauber.
Die Waldstraße führt mich bald nach Schillingsfürst hinauf, das auf einer
Art Sattel der schmalen Frankenhöhe liegt und mit den vielen Fensteraugen
seines turmlosen, stattlichen Schloßgebäudes weit nach der andern Seite in das
offne obere Tauberland blickt. Das Schloß schaut mir, sich immer stattlicher
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |