Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Nun haben die Samoaner gegenwärtig noch durch unsre Gnade ein etwas Sonst gibts in der Südsee im Augenblick wenig neues. Dasselbe ist hin¬ Aus dem Wirtschaftsleben (Die Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten von Amerika. Konzentrations¬ tendenzen. Postscheckverkehr.) Präsident Roosevelt hat während seiner Amtsperiode so starken Einfluß auf Zunächst wird jede Wahl, gleichgiltig, ob Republikaner oder Demokraten Von weit größerer Bedeutung war jedoch für Deutschland die Frage, wie Grenzboten I 1909 8
Maßgebliches und Unmaßgebliches Nun haben die Samoaner gegenwärtig noch durch unsre Gnade ein etwas Sonst gibts in der Südsee im Augenblick wenig neues. Dasselbe ist hin¬ Aus dem Wirtschaftsleben (Die Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten von Amerika. Konzentrations¬ tendenzen. Postscheckverkehr.) Präsident Roosevelt hat während seiner Amtsperiode so starken Einfluß auf Zunächst wird jede Wahl, gleichgiltig, ob Republikaner oder Demokraten Von weit größerer Bedeutung war jedoch für Deutschland die Frage, wie Grenzboten I 1909 8
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Maßgebliches und Unmaßgebliches
Nun haben die Samoaner gegenwärtig noch durch unsre Gnade ein etwas
gefährliches Spielzeug, die Tita-Tita, eine eingeborne Schutztruppe, gebildet aus
Häuptlingssöhnen und bewaffnet mit deutschen Militärgewehren. Wir meinen, im
Gedanken an etwaige Unruhen müßte uns wegen dieser Truppe angst und bange
werden, denn wir sind nicht in der Lage, ihr eine weiße Truppe entgegenzustellen,
denn auch die Polizeitruppe besteht aus Samoanern. Und bis die Stationsschiffe
eintreffen, kann viel passieren. Die Samoaner können auch weniger harmlos sein,
als sie sich gewöhnlich geben. Verschleime Marinegräber aus der Zeit der Er¬
werbung der Kolonie geben Zeugnis davon. Es wäre eine Beruhigung für alle
Kolonialfreunde, wenn die Tita-Tita durch eine weiße Truppe ersetzt würde, die
auch nicht viel mehr kosten würde. Für die Samoaner ließe sich sicher eine andre
Gelegenheit finden, ihrer Neigung zu Prunk und äußrer Repräsentation zu frönen.
Sonst gibts in der Südsee im Augenblick wenig neues. Dasselbe ist hin¬
sichtlich Kiautschou der Fall. Wir hoffen aber, in der nächsten Rundschau mit¬
teilen zu können, daß unser Kolonialbesitz im allgemeinen im verflossenen Jahr
erfreuliche Fortschritte auf wirtschaftlichem Gebiet unter dem Einfluß Dernburgischer
Verwaltung aufzuweisen habe, die mancherlei Unglücksfälle in Südwest und Un¬
Rudolf Wagner stimmigkeiten in Ostafrika aufzuwiegen vermögen.
Aus dem Wirtschaftsleben
(Die Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten von Amerika. Konzentrations¬
tendenzen. Postscheckverkehr.)
Präsident Roosevelt hat während seiner Amtsperiode so starken Einfluß auf
die Wirtschaftsgesetzgebung Amerikas ausgeübt, daß die Bedeutung der Präsidenten¬
wahl für das Wirtschaftsleben wenn möglich noch gesteigert worden ist. Amerika
übt heute auf die gesamte Weltwirtschaft einen so starken Einfluß aus, auf den
Geldmarkt, den Kapitalmarkt und den Warenmarkt in gleicher Weise, daß die Welt
an einer ruhigen Entwicklung des amerikanischen Wirtschaftslebens das größte
Interesse hat. Für Deutschland war die Präsidentenwahl, die am 3. November
stattfand, in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung.
Zunächst wird jede Wahl, gleichgiltig, ob Republikaner oder Demokraten
Aussicht auf Erfolg haben, von den bekannten Newyorker Großspekulanten als will¬
kommner Anlaß zu Spekulationen in größtem Stile betrachtet. Bei den engen Be¬
ziehungen, in denen die Newyorker Börse zu allen europäischen Börsen steht, können
diese Börsenmanöver nicht ohne Wirkung auf die Kursgestaltung in Europa bleiben.
So hat auch diesmal die Spekulation, obwohl der Ausgang der Wahl nicht
zweifelhaft sein konnte, die öffentliche Meinung eine Zeit lang irregeführt, es gelang
ihr, den Ausgang der Wahl als zweifelhaft hinzustellen und dadurch Verwirrung
zu schaffen.
Von weit größerer Bedeutung war jedoch für Deutschland die Frage, wie
sich die Präsidentschaftskandidaten zu den Trusts stellen werden. Bei dem unheil¬
vollen Einfluß, den die Trustmagnaten in Amerika auf das wirtschaftliche und poli¬
tische Leben ausüben, war es selbstverständlich, daß sich jeder Kandidat als Gegner
der Trusts bekennen mußte, wenn er überhaupt Aussicht auf Erfolg haben wollte.
Demnach kam es darauf an, festzustellen, welcher Kandidat seine Gegnerschaft auch
durch Taten stärker bekunden würde. Es war klar, daß der Demokrat Bryan mit
Rücksicht auf seine Wähler energischer hätte vorgehn müssen als der Republikaner
William H. Taft, der zwar dem von Roosevelt eingeschlagnen Wege folgen wird,
doch, wie man annimmt, weniger geräuschvoll. Was hilft es auch, die Standard
Grenzboten I 1909 8
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