Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel (Der Besuch des Königs Eduard in Berlin und seine voraussichtliche Bedeutung für die englisch-deutschen Beziehungen. Parlamentarische Arbeiten. Adolf Stein über Kaiser Wilhelm den Zweiten.) Der Besuch König Eduards in Berlin steht unmittelbar bevor. Wenn diese Wir haben uns ja in diesen Betrachtungen mehrfach darüber ausgesprochen Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel (Der Besuch des Königs Eduard in Berlin und seine voraussichtliche Bedeutung für die englisch-deutschen Beziehungen. Parlamentarische Arbeiten. Adolf Stein über Kaiser Wilhelm den Zweiten.) Der Besuch König Eduards in Berlin steht unmittelbar bevor. Wenn diese Wir haben uns ja in diesen Betrachtungen mehrfach darüber ausgesprochen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0374" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312725"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Reichsspiegel</head><lb/> <note type="argument"> (Der Besuch des Königs Eduard in Berlin und seine voraussichtliche Bedeutung<lb/> für die englisch-deutschen Beziehungen. Parlamentarische Arbeiten. Adolf Stein<lb/> über Kaiser Wilhelm den Zweiten.)</note><lb/> <p xml:id="ID_1444"> Der Besuch König Eduards in Berlin steht unmittelbar bevor. Wenn diese<lb/> Zeilen in die Hand der Leser kommen, wird der König schon wieder an die<lb/> Heimkehr denken. Es sind schon viele Betrachtungen an dieses Ereignis geknüpft<lb/> worden, sodaß es kaum möglich ist, dem aufmerksamen Beobachter des täglichen<lb/> Geschehens darüber noch etwas neues zu sagen. Nur das muß, wenn einmal davon<lb/> die Rede ist, auch hier festgestellt werden, daß dieser Besuch in ganz Deutschland<lb/> mit Genugtuung aufgenommen wird. Denn es gibt bei uns wohl nur wenige,<lb/> ganz vereinzelte Kreise, die nicht den Wunsch hegen, daß sich die Beziehungen<lb/> zwischen Deutschland und Großbritannien friedlich und freundlich gestalten mögen.<lb/> Wenn es Zeiten gegeben hat, in denen die Gefühle des deutschen Volks für die<lb/> verwandte Nation jenseits des Kanals weniger freundlich zu sein schienen, so ist<lb/> das nach unsrer deutschen Auffassung immer der Ausdruck einer Enttäuschung<lb/> gewesen, daß unser Bestreben, unsre berechtigten Interessen durchaus auf friedlichem<lb/> Wege und unter loyaler Achtung fremder Rechte zu verfolgen, drüben nur Mi߬<lb/> trauen und Neid erweckt hat. Selbstverständlich widersteht es der berechtigten<lb/> Selbstachtung eines großen Volks, einem andern Freundlichkeiten zu erweisen, wenn<lb/> diese den Charakter eines unerwiderten Liebeswerbens annehmen müssen, und<lb/> ebensowenig ist es unter solchen Umständen zu verwundern, wenn leidenschaftliche<lb/> Gemüter bei dieser Zurückhaltung nicht stehn bleiben und nach dem Grundsatz, daß<lb/> die beste Parade der Hieb ist, und daß man auf einen Schelmen anderthalbe setzen<lb/> soll, auch ihrerseits den gehässigen Angriffen eines großen Teils der englischen<lb/> Presse nichts schuldig bleiben wollen. Aber der von Zeit zu Zeit auch bei uns<lb/> aufflammende Zorn über die englische Politik und der nebenhergehende, nie ganz<lb/> einschläferte Ärger über den erwähnten Teil der englischen Presse ändert doch nichts<lb/> an der grundlegenden Wahrheit, daß wir keine Feindseligkeiten gegen England hegen<lb/> und uns freuen, wenn wir irgendein Zeugnis dafür erhalten, daß auch in England<lb/> der Wert eines friedlichen und freundlichen Verhältnisses zwischen den beiden Nationen<lb/> voll erkannt wird. Der offizielle Staatsbesuch des Königs von Großbritannien in<lb/> der Hauptstadt des Deutschen Reichs ist ein besonders bedeutungsvolles Zeugnis<lb/> dieser Art und wird von uns als solches gewürdigt, wenn wir auch keineswegs<lb/> glauben, daß nun mit einem Schlage alle Kräfte, die einem guten Verhältnis zwischen<lb/> Deutschland und England entgegenarbeiten, außer Tätigkeit gesetzt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1445" next="#ID_1446"> Wir haben uns ja in diesen Betrachtungen mehrfach darüber ausgesprochen<lb/> und glauben daher als bekannt voraussetzen zu dürfen, daß wir Ursachen und Ge¬<lb/> wicht der in England gegen Deutschland gehegten Vorurteile etwas anders be¬<lb/> urteilen als die volkstümliche Meinung bei uns. Wir haben immer darauf hin¬<lb/> gewiesen, daß für die englische Weltpvlitik die Frage, wie Großbritannien zu<lb/> Deutschland steht, nicht die erste Stelle einnimmt. Selbst wenn wir für unsre<lb/> überseeischen Interessen den weitesten Umfang annehmen, werden wir niemals daraus<lb/> einen Grund konstruieren können, die englische Weltstellung zu bedrohen. Wohl<lb/> aber kann dies von andern Mächten geschehen. Früher, als sich die Interessen<lb/> der sogenannten „hohen" Politik auf Europa beschränkten, konnte England diese<lb/> Bedrohung dadurch von sich abwenden, daß es sich für seine Herrschaft auf den<lb/> Weltmeeren die Hände frei hielt und in Europa die überlieferten politischen Inter¬<lb/> essengegensätze der Mächte und ihre gegenseitige Eisersucht nicht einschlafen ließ-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0374]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel
(Der Besuch des Königs Eduard in Berlin und seine voraussichtliche Bedeutung
für die englisch-deutschen Beziehungen. Parlamentarische Arbeiten. Adolf Stein
über Kaiser Wilhelm den Zweiten.)
Der Besuch König Eduards in Berlin steht unmittelbar bevor. Wenn diese
Zeilen in die Hand der Leser kommen, wird der König schon wieder an die
Heimkehr denken. Es sind schon viele Betrachtungen an dieses Ereignis geknüpft
worden, sodaß es kaum möglich ist, dem aufmerksamen Beobachter des täglichen
Geschehens darüber noch etwas neues zu sagen. Nur das muß, wenn einmal davon
die Rede ist, auch hier festgestellt werden, daß dieser Besuch in ganz Deutschland
mit Genugtuung aufgenommen wird. Denn es gibt bei uns wohl nur wenige,
ganz vereinzelte Kreise, die nicht den Wunsch hegen, daß sich die Beziehungen
zwischen Deutschland und Großbritannien friedlich und freundlich gestalten mögen.
Wenn es Zeiten gegeben hat, in denen die Gefühle des deutschen Volks für die
verwandte Nation jenseits des Kanals weniger freundlich zu sein schienen, so ist
das nach unsrer deutschen Auffassung immer der Ausdruck einer Enttäuschung
gewesen, daß unser Bestreben, unsre berechtigten Interessen durchaus auf friedlichem
Wege und unter loyaler Achtung fremder Rechte zu verfolgen, drüben nur Mi߬
trauen und Neid erweckt hat. Selbstverständlich widersteht es der berechtigten
Selbstachtung eines großen Volks, einem andern Freundlichkeiten zu erweisen, wenn
diese den Charakter eines unerwiderten Liebeswerbens annehmen müssen, und
ebensowenig ist es unter solchen Umständen zu verwundern, wenn leidenschaftliche
Gemüter bei dieser Zurückhaltung nicht stehn bleiben und nach dem Grundsatz, daß
die beste Parade der Hieb ist, und daß man auf einen Schelmen anderthalbe setzen
soll, auch ihrerseits den gehässigen Angriffen eines großen Teils der englischen
Presse nichts schuldig bleiben wollen. Aber der von Zeit zu Zeit auch bei uns
aufflammende Zorn über die englische Politik und der nebenhergehende, nie ganz
einschläferte Ärger über den erwähnten Teil der englischen Presse ändert doch nichts
an der grundlegenden Wahrheit, daß wir keine Feindseligkeiten gegen England hegen
und uns freuen, wenn wir irgendein Zeugnis dafür erhalten, daß auch in England
der Wert eines friedlichen und freundlichen Verhältnisses zwischen den beiden Nationen
voll erkannt wird. Der offizielle Staatsbesuch des Königs von Großbritannien in
der Hauptstadt des Deutschen Reichs ist ein besonders bedeutungsvolles Zeugnis
dieser Art und wird von uns als solches gewürdigt, wenn wir auch keineswegs
glauben, daß nun mit einem Schlage alle Kräfte, die einem guten Verhältnis zwischen
Deutschland und England entgegenarbeiten, außer Tätigkeit gesetzt werden.
Wir haben uns ja in diesen Betrachtungen mehrfach darüber ausgesprochen
und glauben daher als bekannt voraussetzen zu dürfen, daß wir Ursachen und Ge¬
wicht der in England gegen Deutschland gehegten Vorurteile etwas anders be¬
urteilen als die volkstümliche Meinung bei uns. Wir haben immer darauf hin¬
gewiesen, daß für die englische Weltpvlitik die Frage, wie Großbritannien zu
Deutschland steht, nicht die erste Stelle einnimmt. Selbst wenn wir für unsre
überseeischen Interessen den weitesten Umfang annehmen, werden wir niemals daraus
einen Grund konstruieren können, die englische Weltstellung zu bedrohen. Wohl
aber kann dies von andern Mächten geschehen. Früher, als sich die Interessen
der sogenannten „hohen" Politik auf Europa beschränkten, konnte England diese
Bedrohung dadurch von sich abwenden, daß es sich für seine Herrschaft auf den
Weltmeeren die Hände frei hielt und in Europa die überlieferten politischen Inter¬
essengegensätze der Mächte und ihre gegenseitige Eisersucht nicht einschlafen ließ-
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